30 - Noch ein Tyrann

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Sie presste die Lippen aufeinander und versuchte ihm ihren Kopf zu entziehen. Wasser rann über ihre geschlossen Lippen, über ihr Kinn und ihre Kehle, durchtränkte ihr zerrissenes Shirt. Sie schloss die Augen und versuchte standhaft zu bleiben. Ihre Kehle brannte vor Durst, doch durfte sie das Wasser, was er ihr geben wollte, nicht trinken. Zu Anfang war es nur ein Instinkt gewesen, aber da er so darauf beharrte das sie es trank, wusste sie nun mit absoluter Sicherheit das etwas darin war was sie K.O. setzten oder ähnliches mit ihr anrichten würde. Wahrscheinlich lag es an diesem Wasser das sie nicht mit Kyle in Kontakt treten konnte. Seit einer Ewigkeit so schien ihr, versuchte Traver ihr das Wasser einzuflößen. Er hatte ihr gedroht, sie geschlagen, ihre Klamotten zerrissen und sie an Stellen berührt an denen sie nur von Alexandr berührt werden wollten. Travers Berührungen hatten sie kalt gelassen. Sie hatte sich in eine Art Trance versetzt und das alles nur am Rande ihre Bewusstseins wahrgenommen. Irgendwann hatte er aufgehört. Sie blieb reaktionslos, hatte es einfach hingenommen. Nun drückte er mit all seiner Kraft zu beiden Seiten auf eine äußerst empfindlich Stelle ihres Kiefers. Schmerz schoss in Wellen durch sie. Fast schien es ihr als würde ihr Kiefer bersten. Hätte man ihr nicht die Arme über den Kopf angekettet, wäre sie in die Knie gegangen. Jetzt bloß nicht bewusstlos werden. Jetzt bloß nicht bewusstlos werden. Sie wiederholte diesen einen Satz immer wieder. Wie ein Mantra. Der Schmerz ließ nach und sie schien das ganze nur noch zu beobachten. Sie sah sich selbst, sah den Schmerz in ihren Gesicht eingemeißelt, aber auch Entschlossenheit. Sie sah wie Traver sie ohrfeigte, immer wieder. Bis ihre Lippe aufplatze und ihr Blut der Spur aus Wasser folgte. Sie sah Travers gierigen Blick. Vor Hohn hätte sie fast gelacht. Dieser Hohn zeichnete sich auf ihrem Gesicht ab und er schlug sie wieder, immer wieder. Ihr Kopf flog gegen die Wand, doch sie fühlte den Schmerz nicht. Die Verachtung und der Hohn schienen tief in ihre Züge eingemeißelt, gemeinsam mit den höllischen Schmerzen. Trotzdem gab sie nicht nach. Sie würde nichts von dem Wasser trinken, was er ihr nun erneut an die Lippen setzte. Sie fühlte das erste aufkommen von Schmerz und fing wieder mit ihren Mantra an.

"Wenn du weiter so stur bleibst, wirst du verdursten!" erinnerte er sie zornig.

Sie beging nicht den Fehler ihm zu antworten und ließ es unkommentiert.

Sie hörte wie eilige Schritte nahten. "Sir?!" Ein Vampyr kam in die Zelle und verneigte sich vor Traver. Fast hätte sie voller Spott über diese Geste gelacht, aber auch diesen Fehler beging sie nicht. "Ja?"

"Aus dem Stadthaus sind fünf Sportwagen gefahren, zwei sind essen gefahren, die anderen wurden das letzte Mal auf einer Landstraße gesehen und einer ist mit einem Hubschrauber auf den Weg zu uns. Es ist der russische Hurensohn. Er hatte ein ganzes Team dabei. Man konnte keine Waffen erkennen. aber es ist anzunehmen dass sie welche dabei haben."

"Welcher von ihnen?" fragte Traver. Alice Kehle verengte sich und Panik stieg in ihrer Kehle auf. Oh nein, bitte nicht Alexandr. Doch alle ihr bitten und flehen half nichts.

"Es ist Alexandr!"

Travers Lippen verzogen sich zu einem siegessicheren Lächeln. Er drehte sich zu Alice um. "Heute Abend werde ich das Blut deines ehemaligen Freundes trinken!" Er stellte das Wasser weg. "Stell sie ruhig, wenn das Mittel nicht mehr wirkt könnte sie uns gefährlich werden! Ich möchte nicht noch einen Eisberg. Du hältst hier bei ihr Wache." Er ging zur Zellentür und wandte sich noch einmal um. "Jetzt werde ich die Willkommensüberraschung für deinen Freund vorbereiten!" Er verschwand.

Alice konnte nur mit Mühe ihre Tränen unterdrücken.

Der Vampyr sah sie an. Sein Blick wanderte kurz über ihr geschwollenes, blutverschmiertes Gesicht, blieb minutenlang an ihren freiliegenden Brüsten zwischen den Shirt fetzen und dem Blut auf ihnen hängen, wanderte dann weiter.

"Du bist ja eine wahre Schönheit!" sagte er anmerkend mit gierigem Blick.

"Ich würd das Kompliment ja gern zurückgeben" erwiderte sie kalt "aber da müsst ich lügen!" Sofort wurde sein bleiches Gesicht feuerrot und er gab ihr eine schallende Ohrfeige. "Noch ein Tyrann!" seufzte sie wütend. Sie reizte ihn mit Absicht. Die Schmerzen waren ihr egal. Sie hatte einen Weg gefunden sie zu verdrängen und sie würde das Ganze nicht länger hinnehmen. Wenn sie ihn genug reizte würde er vielleicht vergessen, dass er sie irgendwie ruhig stellen sollte.


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