26 - Geduld

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Das Wasser umspülte ihn seicht und leicht. Er ließ sich von dem Strom treiben. Genoss das kühle Nass. Er atmete tief ein. Das Wasser strömte durch seinen Mund, er genoss den Geschmack. Leicht salzig und diese unvergleichbare Frische. Er streckte die Arme aus und schwamm. Die Welt hier, sie gehörte ihm. Er hatte das Gefühl als würden sich sämtlich Fesseln lösen die, die Welt ihm auferlegte. Das war für ihn Freiheit. Das Wasser hier, die Ruhe. Das Wissen das er hier allein war, nur sie noch da war.

Wieder da sein würde. Er sie in die Arme nehmen konnte. Er schauen konnte ob alles okay war. Es trieb ihn an. Er schwamm schneller. Sein Wille stachelte das Wasser an. Es wurde wild und die Strömung reißend.

Er tauchte genau im richtigen Moment auf und stieß sich vom Wasser ab. Seine Hände umschlossen das Holz der Brücke. Er zog sich daran hoch. Er musste sich gar nicht umsehen um zu wissen das sie nicht da war. Die Fackeln und Schalen waren aus. Das Feuer ging erst an wenn sie in der Nähe war. Aber er spürte ihre Anwesenheit. Schwach und weit entfernt.

Nur einmal sah er kurz zu dem Weg aus Wasser zurück den er gekommen war, bevor er loslief. Er würde zu ihr gehen. Er folgte den schmalen Weg aus feinen Steinen und Sand. Er verließ sich auf seinen Instinkt. Umso näher er kam um so stärker fühlte er sie. Er sah sie. Sie taumelte an einen Baum vorbei. Ihre Augen waren geschlossen. Ihre Arme streckte sie nach den Bäumen aus. Sie war das eben Bild von Eleganz und Schönheit. Wild und unbezähmbar war sie hier zuhause. Doch heute war sie schwach und das zerriss etwas in ihm von dem er gar nicht wusste das es da war. Seine wunderschöne Kriegerin war schwach und streckte nach einer Stütze suchend die Hände aus. Wie immer trug sie das schwarze Kleid, schulterfrei, aus edelsten Tüll und Leder. Es reichte nur knapp bis zur Hälfte ihrer Oberschenkel. An einem dazu passend schwarzen Gürtel trug sie die Scheide in der ihr Schwert steckte. Über ihrer Schulter trug sie einen Bogen und in einem Köcher hatte sie mehrere goldene Pfeile. An ihren Oberarm trug sie ein schwarzes Lederband mit einem Dolch und an ihren Schienbein hatte sie genauso ein Band mit einem Dolch. Eine Spezialanfertigung von ihrem Vater. Er hatte aus dem gleichen Leder aus dem ihr Kleid war eine Hose. Ebenso hatte er ein Schwert um der Hüfte. An beiden Seiten seiner Oberarme trug er schwarze Lederbänder mit Dolchen. Genauso wie über ihrer Schulter hing auch über seiner Pfeil und Bogen. Ihr Vater hatte das alles für sie anfertigen lassen. In einer seiner Versionen hatte er es gesehen und für sie machen lassen.

Ihr Vater hatte dafür gesorgt das sie von den Besten lernten mit den Waffen umzugehen und hatte für sie Sonderregelungen geschaffen.

Mit schweren, zittrigen Schritten kam sie langsam näher. An der nackten Haut ihres Fußes sah er kleine Flamen tanzen. Er lief auf sie zu und schloss sie in seine Arme, hauchte einen Kuss auf ihre Stirn. Seine Hand glitt über ihren Rücken und er fühlte ein Teil ihres Tattoos. Das gleiche wie er. Mit diesem Zeichen wurden sie geboren, es war ein Teil von ihnen.

"Wie geht es dir?"

"Wieder besser!" antwortet sie leise.

"Weißt du wo du bist?" fragte er drängend. Er wusste ganz genau, das sie wusste was er meinte. Die Stirn an seine Schulter gelehnt schüttelte sie den Kopf. Er strich ihr leicht über die Haare. "Erzähl es mir!"

Er beugte sich vor und hob sie hoch. Ihre Proteste ignorierte er und bat sie, ihm die Arme um den Nacken zu legen. Sie seufzte, gehorchte jedoch und ihr Kopf lehnte sich wieder an seine Schulter. Und mit leiser Stimme erzählte sie ihm alles was passiert war, während er sie zu ihrer Brücke trug.

Mit einem leisen Zischen gingen die Flammen an als sie am Fuße der Brücke ankamen. Viel später als sonst. Ein weiterer Beweise dafür wie schwach sie war.

Vorsichtig setzte er sie auf der Brücke ab und setzte sich neben sie. Er legte einen Arm um ihre Taille und sie lehnte sich kraftlos an ihm.

"Was soll ich nur tun?" fragte sie leise. Trotzdem hörte und spürte er ihre Verzweiflung, wie seine eigene.

"Du musst bis heute Nacht durchhalten!" befahl er ihr leise "Heute Nacht ist Vollmond!" erinnerte er sie. "Da werden wir für ein paar Stunden unsere volle Erinnerung wieder haben!"

Sie nickte. Nebel kam heran und begann sie zu umwölken.

"Du musst mich rufen!" befahl er ihr hastig bevor sie verblasste und verschwand.


SchattentanzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt