Fünfundfünfzig

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Minhos POV

Weitere Monate vergingen und ich spürte eine Veränderung bei Jaemi. Sie lachte nicht mehr so wie früher, sondern war verschlossen. Ich war gewohnt, dass sie eher die Ruhige war, doch das war viel zu ruhig. Wenn ich sie fragte, ob was in der Schule vorgefallen war, dann blockte sie ab und sagte, dass alles okay sei. Auch Jisung versuchte mit ihr zu reden, doch das brachte sie nur dazu zu weinen und sich im Zimmer zu verschanzen.

„Hört endlich auf zu fragen!", schrie sie uns an, bevor sie sich unter ihre Decke versteckte, nur noch der Kopf von ihr und Nut war zu sehen. Yoona blockte auch ab, wenn wir sie fragen, was mit ihrer Schwester los war. Seit Jaemi sich so verhält, konnte Jisung nicht mehr so gut schlafen und lag nachts wach im Bett. Ich war selber noch wach. „Sungie?", fragte ich worauf er mir ein 'Ja?' gab. „Kannst du wieder nicht schlafen?" Ich zog ihn zu mir und legte die Arme um ihn. Jisung kuschelte sich an mich. „Nein, ich kann nicht schlafen. Denkst du Jaemis Verhalten ist normal und wir übertreiben einfach nur? Denkst du es wäre zu viel, wenn wir Herr Hong anrufen, um ihn zu fragen, ob ihm irgendwas auffällt?" Ich machte mir auch Sorgen um meinen kleinen Schatz, meine Schuldgefühle habe ich bis heute nicht hundertprozentig vergraben können. Allerdings wollte ich nicht zu jemand werden, der zu überbesorgt war. Vielleicht war sie auch nur so traurig, weil sie schwer Anschluss finden konnte. Da sie ruhiger war als ihre Schwester, wollte sie oft nicht mitspielen. „Das wird schon. Jaemi braucht nur noch Zeit sich einzugewöhnen. Die Schule ist ein neuer Lebensabschnitt. Sie ist noch so klein, das ist gewaltig für so ein kleines Mächen."

„Meinst du?", fragte Jisung mich besorgt. Zur Beruhigung küsste ich ihn auf den Mund und streichelte sein hellbraunes Haar. „Ganz sicher." 

Wie sehr ich mich täuschte.

Der Anruf von Herr Hong kam gerade, als ich die Blumen im Park wässerte. Mein Handy klingelte und ich ging ran. Ich hab die Nummer des Lehrers extra eingespeichert, damit er mich erreichen kann, falls etwas mit unseren Töchtern passierte. „Herr Lee? Können Sie bitte zum Krankenhaus kommen? Jaemi hatte einen Asthmaanfall und ihren Inhalator nicht dabei." Sofort packte ich meine Sachen und gab meinem Chef Bescheid, dass ich schnell ins Krankenhaus wegen meiner Tochter musste. Man hatte auch Jisung informiert, der schon da war und bei Jaemi saß, der den Kopf gesenkt hatte. Sie sah so schwach aus. Ich kniete mich vor ihr hin. „Kleine, alles gut bei dir?" Jaemi antwortete nicht. Ich legte meine Hand auf ihre weiche Wange. „Jaemi, ich hab dich was gefragt." Sie drehte den Kopf weg und wollte offensichtlich nicht mit mir reden. „Hast du was aus ihr rausbekommen?", fragte ich Jisung. „Nein, sie will auch nicht mit mir reden."

„Können wir nach Hause?", fragte Jaemi mit zittriger Stimme. Ich konnte Tränen in ihren hübschen Augen sehen. Jisung trug Jaemi zu unserem Auto. Jaemi wollte zuhause sofort in ihr Zimmer verkriechen. „Jaemi, bleib hier. Wir müssen jetzt wirklich mit dir reden." Jaemi schlug die Tür zu. „Nein!"

„Vielleicht sollten wir es später versuchen, wenn sie sich beruhigt hat?" Jisung fiel es schwer hart zu Jaemi und Yoona zu sein. Sie mussten nur weinen und Jisung hatte ihnen alle Gemeinheiten oder Streiche verziehen. „Jisung, du darfst ihr nicht immer alles durchgehen lassen! Sie kann doch nicht alles schlucken! Das kann so nicht weiter gehen!"

„Ich lasse ihr das nicht durchgehen! Denkst du dass man dich mit Fragen bombardieren will, wenn es dir nicht gut geht?", fragte Jisung aufgebracht. „Das geht schon seit Monaten so!", konterte ich und war dabei so laut geworden, dass Jaemi die Tür aufmachte und ihren Kopf rausstreckte. „Bitte streitet nicht. Ich werde es euch erzählen, aber bitte ihr müsst den Mund halten, okay?" Jisung öffnete die Tür und nahm sie in den Arm. „Wir streiten nicht. Wir haben nur geredet, also was ist denn los?"

„Haekwon schubst mich immer herum und hat meinen Inhalator letzte Woche kaputt gemacht." Sie lies ihre Tränen laufen. Mein kleine Jae wird gemobbt. Das was Jisung immer befürchtet hatte. Haekwon ging in ihre Klasse. „Wieso macht er das?", fragte ich. Mit gläsernen Augen schaute meine Tochter mich an, in ihren dunklen Augen war schon so ein großer Schmerz zu sehen, dass es mich umhaute.

„Weil ich einen Dad und einen Appa habe, anstatt eine Eomma und einen Appa."

Ich wurde wieder richtig wütend. Sogar kleine Kinder akzeptierten uns nicht, was eher an ihren Eltern lag, anstatt bei ihnen. Bestimmten waren seine Eltern homophobe Arschlöcher und haben seinen Sohn eingetrichtert, dass es falsch war zwei Väter zu haben. „Seit wann mobbt er dich?"

„Seit...seit wir ein Bild von unseren Familien zeichnen mussten. Meine Klasse konnte nicht glauben, dass ich zwei Väter habe anstatt eine Mutter und einen Vater. Her Hong war ganz nett zu Yoona und mir und hat gesagt, dass es okay ist, dass man zwei Vater hat. Haekwon und ein paar andere finden nicht, dass es okay ist und haben böse Sachen zu uns gesagt. Yoona kann sich wehren und sagt auch gemeine Worte, deswegen haut Haekwon mich." 


Between reality and dream (Minsung FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt