Kapitel zwei

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Vorsichtig lege ich meine Finger an die alten, schon etwas rostigen Tasten meiner Schreibmaschine. Ehrfürchtig drücke ich mit dem rechten Ringfinger das L nach unten und schließe schnell die Augen, bevor das vertraute Geräusch der einrastenden Taste erklingt. Ich atme tief durch und lasse mich weiter in den Drehstuhl sinken. Wie ich diesen Ton Liebe.

Mit vor Aufregung kribbelnden Händen spanne ich ein Blatt ein und drehe es fest. Bevor ich anfange, meine Gedanken zu Papier zu bringen, werfe ich einen Blick aus dem Fenster. Der Kirschbaum im Garten fängt so langsam an seine Blätter bunt zu färben und es baumeln nur noch vereinzelt ein paar Kirschen von den Ästen. Viele davon haben Autumn und ich in den Sommerferien vernichtet, als wir die meiste Zeit des Tages auf den knorrigen Ästen gesessen und uns über Gott und die Welt unterhalten haben. Wenn sie nicht gerade mit Carter oder ihrer Familie unterwegs gewesen ist. Sie war öfter weg, als mir lieb war, denn - wenn ich ehrlich bin - habe ich außer Autumn und Carter keine anderen Freunde. Das liegt vermutlich daran, dass ich für die meisten Menschen an meiner Schule einfach nur Luft bin, weil ich mich nicht so kleide, wie die beliebten Leuten und auch noch andere Hobbys habe, außer das Cheerleader-Team.

Ich kann von unserem Garten aus auf den der Andersons schauen. Sie sind unsere Gartennachbarn und wir veranstalten oft Barbecues zusammen. Das finde ich vor allem so großartig, weil sie einen kleinen Golden Retriever haben, mit dem ich gerne spiele oder kuschele. Mum und Dad wollen keine Haustiere und, um ehrlich zu sein, wäre mir das ebenfalls zu viel Verantwortung. Deshalb reicht es mir schon, dass mich die Andersons manchmal mit dem kleinen Welpen spazieren gehen lassen.

Noch kann ich mich dabei an der warmen Sonne erfreuen. Allerdings wird das nicht mehr lange der Fall sein. Der Herbst steht so langsam vor der Tür und das macht sich bemerkbar. Die Tage beginnen, kürzer zu werden und der Wind wird frischer. Bald werden wir wieder Mütze und Anorak brauchen. Bis es jedoch so weit sein wird, genieße ich die warmen Tage, an denen ich mich auf eine Picknickdecke legen und die vorbei driftenden Wolken beobachten kann.

Lächelnd richte ich meinen Blick wieder auf die alte Schreibmaschine, die meine Eltern mir letztes Jahr zum sechzehnten Geburtstag geschenkt haben, nachdem ich sie wochenlang angebettelt habe, mir eine zu kaufen. Wenn ich jetzt ein Gedicht schreibe, fühle ich mich immer wie Sherlock Holmes, der einen neuen Fall dokumentiert. Und das klickende Geräusch ist zu meinem Lieblingston geworden.

Meine Finger drücken mühelos die Tasten nach unten, während die Prosa aus meinem Kopf auf das Papier gelangt und es dauert weniger als fünf Minuten, dann drehe ich das Papier heraus und besehe mir den Text, den ich geschrieben habe. Ein leichtes Gedicht über ein Lachen, das die Sonne an einem wolkenverhangenen Tag scheinen lässt.

Mit beinahe sehnsüchtigem Blick inhaliere ich meine eigenen Worte und wünsche mir, dass mein Lächeln für jemanden wie der lang ersehnte Sonnenaufgang nach einer besonders dunklen Nacht ist, dass jemand mein Grinsen sieht und ebenfalls die Mundwinkel verziehen muss, weil der eine nicht ohne den anderen lachen kann. Aber so eine Person gibt es noch nicht in meinem Leben. Obwohl ich viel dafür geben würde.

Seufzend lehne ich mich in meinem Stuhl zurück und betrachte meine grün lackierten Fingernägel, die in Kontrast zu dem weißen Papier stehen. Solange mich überhaupt jemals jemand so innig lieben wird, kann ich auch noch ein bisschen warten. Denke ich zumindest.

Mein Handy klingelt und ich stehe auf, um zu sehen, wer etwas von mir will. Autumns Name leuchtet mir von dem Display aus entgegen und ich nehme den Anruf an. Außer der einen Physikhausaufgabe, die ich zu Freitag machen muss, steht heute nichts mehr für mich an, also kann ich mir ein ausgedehntes Gespräch mit meiner besten Freundin leisten. Vor allem, weil sie die einzige ist, bei der ich mich über Cole beschweren kann. Leider tue ich das öfter, als mir gut tut. Dieser Typ sollte nicht ständig Tagesthema Nummer eins sein.

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