So Wie Früher

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Während ich mich am nächsten Morgen auf den Weg zur Schule machte, hörte ich Schritte hinter mir. Ich drehte mich um und sah Ryan, der dabei war mich einzuholen.

Was will der denn?

"Hey Liara! Darf ich mit dir gehen?", fragte er hechelnd.

Ich zog fragend eine Augenbraue hoch.

Er bemerkte, dass seine Frage zweideutig klang.
"Ich meine natürlich zur Schule gehen", korrigierte er.

"Warum nicht!", antwortete ich schnell.

Während wir gingen bemühte sich Ryan eine Konversation aufzubauen.
"Und? Wie hast du es die Jahre ohne mich ausgehalten?", fragte er grinsend.

"Recht gut!" Ich blieb ernst.

"Hast du mich nicht vermisst? Nicht mal ein bisschen?" Er schien eine andere Antwort erwartet zu haben.

Ich zuckte uninteressiert mit den Schultern.

Na gut... vielleicht habe ich dich vermisst. Aber wirklich nur ein bisschen. Und über die Jahre habe ich noch nicht mal mehr mitbekommen, dass du nicht da warst. Ich hab' mich zwar ab und zu gefragt, was aus dir geworden ist, aber mehr auch nicht.

"Du bist ziemlich still. Ist dir meine Anwesenheit unangenehm? Ich kann auch die Straßenseite wechseln...", schlug er vor.

Ich war eigentlich nicht still. Ich konnte sogar reden ohne überhaupt einen Punkt zu setzen. Das ging allerdings nur mit Menschen, die ich gut kannte. Sonst war ich immer schüchtern.

Ryan wechselte konsequent die Straßenseite.

Oh man, das wollte ich nicht. Liara, du verbockst auch immer alles!

Aus irgendeinem Grund sah ich mich gezwungen ihm zu folgen. Also ging auch ich auf die andere Straßenseite.

Als Ryan bemerkte, dass ich ihm gefolgt war, setzte er wieder dieses Grinsen auf.

"Ich kann auch wieder gehen, wenn du nicht sofort aufhörst zu grinsen", drohte ich.

"Wenn Fräulein Tanner es so will..."
Er machte eine kleine Verbeugung vor mir. "Was brachte dich dazu mir hinterher zu laufen?"

Ja, genau Liara! Warum bist du diesem Dummkopf überhaupt gefolgt?

"Ich hatte nur Mitleid! Ich wollte vermeiden, dass du anfängst Selbstgespräche zu führen", weichte ich aus.

"Autsch! So gefällst du mir schon viel besser", sagte er, ohne sein blödes Grinsen abzulegen. Er war anscheinend überglücklich, dass ich ihm gefolgt war. Es verstärkte nur leider sein Ego.

Ich sah Jenner auf der anderen Straßenseite. Ich winkte sie zu uns herüber.

"Hi Liara! Und du musst Ryan sein, richtig? Ich bin Jenner", begrüßte sie uns.

"Hi! Genau der bin ich. Hat Liara dir von mir erzählt?". Er sah schmunzelnd zu mir herüber.

"Ja, hat sie", sagte Jenner.

Ich zwickte ihr in die Seite.

"Auaa! Naja... Eigentlich kennt man dich auf der ganzen Schule", sagte sie zur Wiedergutmachung.

Vor der Schule trennten wir uns. Ryan winkte zum Abschied und ging zu seinen Freunden hinüber.
Ich hatte plötzlich das komische Gefühl, ich wurde von noch mehr Gesichtern angestarrt, als sonst. Also verschwand ich schnell in meiner Klasse.

Als ich zu Hause ankam, saßen meine Eltern im Wohnzimmer und besprachen etwas.
Sie baten mich zu sich.

"Hey Liara! Wie war die Schule?", fragte mein Mutter.

"Frag lieber nicht!", antwortete ich und rollte dabei die Augen. Heute war die Schule besonders anstrengend gewesen. Zum Glück waren bald Ferien.

Mein Vater wechselte das Thema.
"Die Bennets haben uns dazu eingeladen, mit ihnen in den Urlaub zu fahren. So wie früher. Weißt du noch?", erzählte mein Vater mit Begeisterung.

"Ja, ich erinnere mich. Habt ihr etwa zugesagt?", fragte ich, in der Hoffnung sie würden "Nein" sagen.

"Natürlich haben wir zugesagt. Wir werden am Lake Clair campen. Das heißt Mum und Mace werden in einem naheliegendem Hotel schlafen. Das wird bestimmt toll werden. Du wirst schon sehen!", sagte er mit voller Überzeugung.

Ich wusste, ich konnte meine Eltern nicht umstimmen. Aber ich hatte mich schon so sehr auf die Zeit, die ich mit Jenner hätte verbringen können, gefreut. Jetzt musste ich ausgerechnet mit den Bennets und meiner Familie an was-weiß-ich-für-einem-See campen.
Damals fuhren wir oft zusammen in den Ferien weg. Ryan und ich hatten immer riesigen Spaß. Früher war es toll.
Das hieß aber noch lange nicht, dass es heute genau so schön werden könnte. Ryan hatten bestimmt genau so wenig Bock auf diesen Urlaub, wie ich.

Ich ging nach draußen und setzte mich auf die Treppe vor unserer Haustür, um mich von diesen schrecklichen Neuigkeiten zu erholen. Wütend warf ich einen Stein auf die Straße.

Auf der anderen Seite der Straße befand sich gerade Ryan auf dem Nachhauseweg.
"Mit Steinen wirft man nicht. Haben dir das deine Eltern denn nicht beigebracht?" Er kam zu mir herüber.
"Was ist los?", fragte er besorgt.

"Ach nichts!", sagte ich trotzig.

"Wenn nichts wäre, würdest du nicht so ein Gesicht machen". Er zog eine Grimasse, um mir meinen Gesichtsausdruck zu demonstrieren.

Ich lächelte. Es war so wie damals, wenn ich sauer war. Ryan würde kommen und mich aufmuntern. Darin war er gut.

"Also mal im Ernst... Was ist los?", fragte er eindringlich.

Ich schaufte kurz durch.
"Kurz gesagt... Deine Familie plant mit meiner Familie campen zu fahren."

"Und was ist dein Problem?"

Was mein Problem ist? Wirklich?

Er hockte sich zu mir herunter.
"Also ich freue mich! Ich war schon lange nicht mehr campen. Aber vor allem freue ich mich, weil du dabei sein wirst. So wie früher!"

Ich sah ihm in die Augen. Er meinte, was er sagte. Man konnte es aus seinen Augen lesen. Sie funkelten. Er schien sich wirklich auf diesen Urlaub zu freuen.

Eigentlich hatte ich kein Problem.

When We Were Friends AgainWo Geschichten leben. Entdecke jetzt