Auf unsicheren Pfaden ...
Auszüge aus Rowena's Leben ...
An jenen einen Abend nahm Rowena ihren einzigen Rotwein zu sich, den lieblichen. Kurz musste sie dabei lächeln, daran denken, wie sie mit Herrn Flammenstern über Wein geredet hatten, wie wichtig die Lagerung sei und man einen guten Tropfen am Abend nicht verwehren könne.
Sie setzte sich nach oben, dort wo auch ihr Schlafzimmer war. Vor einiger Zeit teilte sie sogar dessen mit jemanden, doch nun war er noch immer fort. Wehmütig seufzte sie auf.
So saß sie also vor dem großen Kamin in ihrem Stuhl, schwenkte das Glas und dachte darüber nach, was alles bisher in ihrem Leben passiert war.
"... Die eine Hälfte deines Lebens hast du nicht gelebt und die andere Hälfte, damit, dass du schweren Herzens bist ..."
Auch bei diesem Gedanken musste sie schmunzeln. Hatte er recht? Hatte sie bisher gar nicht richtig gelebt? Sie kannte es nicht anders. Sie wuchs behütet und geschützt bei ihren Eltern auf, nahm Fabienne auf als das Unglück passierte, lernte alles über Fische, die Preise, wie man die Netze flickt, familiär zu leben, auf sich aufzupassen, aber auch wie man umsorgt und sich um die Menschen kümmerte.
Fabienne ... ihre beste Freundin wollte fort, damals ... es tat ihr im Herzen weh als diese hierher wollte, fort von ihr, ein neues Leben beginnen, um die Leute mit leckeren Süßigkeiten zu versorgen und noch viel mehr.
Sie wusste noch das sie Angst um sie hatte, was ist, wenn sie nicht heil ankommt? Oder ihr etwas widerfährt und sie würde niemals davon erfahren? Doch Fabienne war mutig genug, wagte diesen Schritt ... und scheinbar erfolgreich. Fast schon bewunderte sie sie dafür.
Sie, Rowena war zu dem Zeitpunkt nie mutig genug, um so einen Schritt zu wagen. Sie fühlte sich sicher im Heim bei ihrer Familie und ihrer Schwester. Sie wusste genau, würde sie dort bleiben, würde sie den Familienbetrieb irgendwann übernehmen und führen, das war sicher.
Eine Zeitlang schwelgte sie in Erinnerung und nahm einen guten Schluck vom Wein.
Das Feuer prasselte gemütlich vor sich her, als hätte es alle Zeit der Welt, die Wärme strömte ihr entgegen und auch auf ihren Wangen, die sich abermals rötlich färbten.
Und dann, auch daran erinnerte sie sich, als wäre es erst gestern gewesen, kam ein Brief von ihr, ihrer besten Freundin. Kaum zu glauben, als dieser ankam, drückte sie ihn herzlich an sich, als wäre es das kostbarste, was sie jemals besaß.
Voller Freude tanzte sie mitten in der Wohnstube herum und wedelte mehrere Male mit dem Stück Pergament, jeder sollte es erfahren und wissen, dass es Fabienne wohl gut ginge, doch es ging auch um etwas anderes, einer Bitte.
So also saß sie dann mit ihrer ganzen Familie auf einem einfachen Fellteppich, um vorzulesen, was darin stand.
Liebe Rowena,
lange ist es her seitdem ich hier auf Gerimor endlich angekommen bin und mir hier etwas Neues aufgebaut habe.
Ich habe nun einen Bauernhof, ich koche und backe stundenlang alles Mögliche. Es ist köstlich. Den Leuten schmeckt es unfassbar gut. Ich bin überaus glücklich. Das musst du unbedingt erleben.
Ich muss gestehen, jedoch wächst die Arbeit ungemein und es ist für mich ziemlich schwer jemand fremdes auf meinem Hof zu lassen, den ich nicht kenne und daher trete ich an dich heran, mit der Bitte das du hierherkommst und mir Hilfst? Bitte, es wird dir hier auch gefallen, das kannst du mir glauben. Es ist so anders als das, was du kennst und du musst dich nicht mehr um die Fische kümmern! Bitte komm mich doch besuchen, glaub mir, wenn du erstmal hier bist, wirst du gar nicht mehr wegwollen. Schreib mir einfach, wenn du auf dem Weg bist, anbei habe ich eine Karte dargelegt, damit du weißt wie du zu mir findest, erfahrene Seefahrer werden dich schon an dieses Ziel bringen.
Auf bald, ich freue mich jetzt schon, dich wiederzusehen!
Grüße
Fabienne
Genauso wusste sie auch immer noch, wie ihre Mutter sowie ihre Schwester darauf reagiert haben.
"Rowena, du darfst nicht gehen, ich werde dich so schrecklich vermissen!", kam sie angerannt und umarmte sie so fest, als würde sie, sie niemals gehen lassen wollen.
Ihre Mutter seufzte nur auf, lächelte sie herzerwärmend, sagte jedoch nichts. Denn es war klar. Sie müsste ihren Vater darum bitten und eben jener wusste, dass er Nein sagen würde.
Dieser würde wieder in ein paar Tagen ankommen und mit neuen Erkenntnissen oder neuen Verträgen vom Schiffe.
Ihm war es wichtig Handelsbeziehungen zu pflegen, zu stärken, den teuersten Fisch zu kaufen oder gar dessen Fische in die entfernten Ländereien zu etablieren als etwas Leckeres und Köstliches worauf man nicht verzichten müsste, um diese dann natürlich auch an die zu liefern und zu verkaufen.
Gedankenverloren schwelgte sie noch einen Moment an die Vergangenheit, wobei sie dann hinüberglitten zu ihrem geliebten Krotar, der noch immer verschwunden war.
Zwar sagte man ihr, dass er vielleicht bald wieder kommen würde, doch war dies die Wahrheit? Was ist, wenn er schon tot war und man es ihr verheimlichen würde, weil er im Kampfe gefallen war? Brachten sie es nicht übers Herz?
Und auch wenn sie hier eine Freundin hatte oder gelegentlich jemanden der sie besuchte oder sie mal in eine Taverne ging oder mit Leuten sprach, so fühlte sie sich einsam und allein. Auch wenn sie ihren eigenen Hof nun pflegte und hütete, sich um all die Tiere kümmerte, um die Pflanzen, Bier braute, war sie zwar beschäftigt und oft auch müde von all der Arbeit, und doch... fehlte etwas oder jemand, wenn ihre Familie nur davon erführe, insbesondere ihr Vater. Dessen Wunsch es war, dass auch sie eine Familie gründete, die Familie in Ehren hielt, fortführte, mit all dem Wissen, was sie angesammelt hatten.
"... komm doch in die Akademie zu Kompass und Schwert ... das wird dir gefallen, da bin ich mir sicher ...",
"... Schau dir diesen Hof an und Junkersteyn es ist so wunderschön idyllisch hier, das wird schön, wenn du ihn erstmal hast ...",
"... Probier doch mal aus ...",
All das sagten die Leute zu ihr und sie tat meist oder oft genau das, was sie wollten, da sie es nicht anders kannte und nun?
Jetzt wo sie vermutlich alles oder fast alles hatte, fühlte sie sich allein, traurig und ihr Herz war so schwer, dass sie glaubte nicht mehr aufstehen zu können.
War es das, was sie auch wollte? Nie hatte sie die Dinge wirklich hinterfragt, sie dachte, die anderen wüssten, was gut für sie war, doch war es richtig?
"... Rowena, ehrlich, du solltest wirklich mal das machen, worauf Du Lust hast ...", dabei lehnte er sich auf dem Sofa zurück, beide Arme auf der Rückenlehne des Sofas, wobei er jedoch mit einer Hand die Flasche Rum hielt, sie ernst ansah und seine Lippen spitze.
Dann bot er ihr ebenso einen Schluck an, den sie zuerst ablehnte, doch auf nachdrücklichen Hinweis, nahm sie dann doch einen Schluck, wobei sie unsicher und verlegen dreinblickte.
"Na? War doch gar nicht so schwer, oder?", dann nahm er selbst wieder die Flasche an sich und trank ohne vorher abzuwischen selbst noch einmal daraus.
Eins stand nunmehr fest. Sie wusste nicht mehr, seitdem sie hier lebte und er fort war, wohin die Reise genau gehen sollte.
Was würde sie wollen? Wollte sie wirklich in die Fußstapfen ihrer Eltern treten? Nein, zumindest nicht mehr so wie einst angestrebt war ... aber was dann?
Eine weitere Zeit lang nippte sie an ihrem lieblichen Rotwein. Denn, eins wurde ihr bewusst, den sicheren Halt, den sie immer irgendwie hatte, war fort, was geblieben war, war eine unsichere Rowena, die sich nun an das wahre Leben selbst herantasten musste ...
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Rowenas Abenteuer - Auf unsicheren Pfaden
Short StoryEs geht um eine Frau, die sich Rowena Apfelblatt nennt. Sie ist um die 30 Jahre und lebt weit entfernt vom Kontinent Alathair. Die Halbinsel, von der sie stammt, nennt sich Silbermeer. Diese Geschichte basiert auf einem Rollenspiel und das meiste w...