Die warmen Hände sind so kalt

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Sicht: Till

Die nächsten Tage haben wir zum Glück frei, auch wenn ich nicht genau weiss wie lange. Grummelnd richtet Scholle sich auf und blickt zu mir. Sein Gesichtsausdruck ist komisch und er sieht mich flehend an. Direkt weiss ich was passieren wird und drücke ihm einen Eimer in die Hand. Keine Sekunde später muss er sich übergeben und hustet dabei. "Lass alles raus, Ja?" er nickt resigniert und umklammert den Eimer zitternd. "Olli? Ist Paul hier?" "Nein, meinst du er kommt nicht mehr?" Ich schaue auf die Uhr: 12:23. Er ist wirklich lange weg und wir haben kein Zeichen oder so von ihm. "Soll ich ihn suche?" Oliver klingt verzweifelt. "Chrisi! Könntest du unseren Drogen Dealer pflegen, während wir Paul suchen?" "Jap!" erklingt es aus der Küche. Den Rucksack, den ich gestern für Richard gepackt habe, brauche ich jetzt für Paul. Hoffentlich ist er nicht erfroren, das war doch so dumm von mir! Oli und ich sputen uns.

Sicht: Paul

Kälte. Hunger. Durst. Einsamkeit. Angst. All diese Dinge wecken mich aus meinem unruhigen schlaf auf. Der Regen scheint nachgelassen zu haben, doch ich friere schlimmer als im Winter. Nur mit einem Shirt und einer Hose lässt es sich schwer in der Kälte überleben. Meine Hände fühlen sich taub an und meine Füße kann ich kaum noch bewegen. Alle Gliedmaßen schmerzen, wenn ich sie nur ein wenig bewege. Mein Körper zittert kaum noch, denn die Organe sind jetzt wohl wichtiger zum Versorgen. Schwermütig rapple ich mich auf und kralle mich an der Hölzernen Wand fest. Als ich die ersten Schritte gehen will, falle ich wieder um. Nochmal. Dieses Mal komme ich weiter voran und schaue zur Hütte raus. Wenn ich nicht sterben will, muss ich zurück, doch der Weg ist zu lange und ich weiss nicht, wo ich bin. Ich zücke mein Handy, dessen Empfang auf dem Nullpunkt steht. Hinsetzen, das wird mir helfen. Schnell durchsuche ich meine Galerie und öffne den Ordner mit Bildern von mir und Richard. Wenn ich erfrieren sollte, dann will ich ihn wenigstens dabei noch einmal gesehen haben. Ein letztes Mal. Ich bin nicht auf Till böse, für das was er mir antut. Ich habe es verdient, denn ich liebe Richard eigentlich. doch war zu Blind, um das zu sehen. Ich klicke auf eines meiner Lieblingsbilder und starre nur auf Richard. Sein samtiges, schwarzes Haar und diese grünen Augen, welche mich in einen Bann ziehen. Seine weichen Lippen und sein unglaublicher Körper erwärmen mein verkühltes Herz, welches auf Hochtouren arbeiten muss, damit ich am Leben bleibe. Das schönsten ist Richard sein Charakter. Ein Lächeln stielt sich über mein blasses Gesicht. Ich liebe ihn so sehr und werde nie vergessen, wie gut er zu mir war. Wenigstens verlasse ich diese Welt mit guten Erinnerungen, sogar von der kälte kann ich mich ablenken!

Sicht: Till

Nach Stunden finden wir eine Hütte und betreten diese. In einer Ecke kauert jemand, mit dem Kopf auf ein Handy gerichtet. PAUL! Wir kommen ihm näher und er schaut zu uns auf. Sein Gesicht ist blass und seine Finger werden schon blau. "Olli, die Decke" befehle ich ihm und packe den zitternden Leib in den warmen Stoff. "Wir bringen ihn direkt zurück, geben ihm aber zuerst noch Wasser!" schnell greife ich nach der Flasche und setzte sie an Pauls verfärbten Lippen an. Träge trinkt er das Wasser, macht aber keine Anstalten sie selber zu halten. "Olli, kannst du ihn tragen?" er gibt mir ein nicken und nimmt Paul in seine Arme. Das Handy lässt er fallen. Als ich es in meinen Händen habe, erblicke ich das Bild der beiden. Ist das, dass, was er als Letztes sehen wollte? Ich habe einen Fehler gemacht.

Sicht: Paul

Die Decke und das Wasser geben mir neue Hoffnungen, das Ganze zu überleben. Ich werde von Oliver getragen und schliesse meine Augen. Wäre ich gestorben, hätten sie mich nicht gefunden? Ich schmiege mich an den Körper von dem Bassist und nehme die Wärme auf. Die nassen Kleider möchte ich so schnell, wie nur möglich von meinem Leib entfernen, damit ich die Wärme empfangen kann. Meine Gedanken schweifen ab und ich schlafe wieder ein. Wache ich wieder auf?

Sicht: Richard

Erschöpft sitze ich in meinem Bett und halte, den mittlerweile sauberen Eimer immer noch fest. Schlecht ist mir zwar immer noch, aber Chrisi hat mir schon einen Tee gemacht und hat mich beruhigt. Auch hat sie mir erzählt, was mit Paul vorgefallen ist. Ich bringe Till dafür um! Niemand lässt meinen Paul in der Kälte draussen. Ich vernehme Schritte und die Tür wird aufgerissen. Till und Oliver betreten den Bus und Olli hält den zitternden Paul in den Armen. Dieser öffnet seine Augen und sieht zu mir. Müde zeigt er zu mir. "Zu ihm" seine Worte sind leise. Olli setzt Paul bei mir ab, welcher sich direkt an mich kuschelt. "Ich habe dich doch lieb" warte mal...WAS!? "Meinst du das ernst oder bist du nur unterkühlt?" hake ich nach. "Hab dich lieb" meint er nur und unglaubwürdig schliesse ich ihn in meine Arme, während der Eimer zu Boden scheppert. "Er liebt dich wirklich. Hat sich Bilder von dir angesehen, während er fast erfroren ist." Von seinen Worten bin ich ein wenig überrascht. "Nasse Kleider" meint Paul. Ich entferne seine Deck und ziehe ihn aus. "Den...ehmm...Rest musst du selber wechseln, also deine Unterhose." Mühsam wechselt er sie und zieht sich eine Jogginghose an. Aus meinem Koffer nehme ich mir meinen Lieblings Hoodie und streife ihn Paul über. Dankend beginnt er wieder mit mir zu kuscheln und schmust mit der Decke. "Ich mache euch beiden eine Suppe. Könntet das gut verkraften" meint Chrisi und beginnt zu kochen. Till kritzelt etwas in seinem Notizbuch, während Flake bei ihm hockt und mitließt. Oliver liest still sein Buch weiter, welches ich auch schon einmal gelesen habe.

Die Suppe ist fertig und ich muss Paul beim Essen assistieren, denn er fühlt sich zu kraftlos dafür. Zuerst füttere ich ihn mit einem Löffel und dann esse ich selber einen. Das Ganze geht so lange bis wir beide Satt sind. Zusammen liegen wir wieder im Bett und Pauls Körper fühlt sich wärmer an als vor ein paar Stunden. Glücklich drücke ich seinen Körper an meinen und fühle mich so unglaublich gut. Vielleicht war das alles Schicksal, wer weiss. Langsam, aber sicher schlafe ich mit Paul in meinen Armen ein.

Sicht: Chrisi

Die beiden sind weggenickt und schlafen friedlich. Flake und Till machen gerade rum und ich verziehe kurz mein Gesicht. Warum müssen sie sich auch jetzt auffressen! Das will ich doch nicht sehen! "Oliver, wollen wir draussen was machen?" "Klar, gerne" zusammen laufen wir nach draussen und schauen uns kurz an. "Ich wäre fürs Spazieren" meine ich und er nickt. Zusammen laufen wir irgendwo lang und sprechen über Gott und die Welt. Er stellt mir auch ein paar Fragen über das Trans sein, die ich ihm fröhlich beantworte. Oliver ist echt ein guter Kollege. Er hört zu und kann alles für sich behalten, ohne dass es ihn belastet. Es ist schön, so jemand ruhiges und unscheinbares zu haben.

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Paul hat überlebt, Jaaaa :D

1168 Wörtchen

Erholsamen Tag/Abend an alle! Tschüssi :D

Will dich lieben und verdammenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt