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Mitte der Strecke legten wir eine Pause ein. Wir assen belegte Brote und tranken Wasser. Die Sonne stand hoch am Himmel und schien erbarmungslos auf uns nieder. Als wir wieder los liefen, liess ich mich ein wenig zurückfallen. Violet lief zum Glück alleine und ich gesellte mich schweigend zu ihr. Ich überlegte eine Weile, dann fragte ich leise: „Hey Vio, ich habe das Gefühl, dass irgendwas nicht stimmt. Was ist los?" Sie senkte den Kopf und starrte zu Boden. Nach einer Weile sagte sie: „Es geht meiner Mutter noch immer nicht besser. Mein Vater ist zuhause, aber ich mache mir ständig Sorgen. Was wenn etwas passiert und sie ins Krankenhaus muss? Dann bin ich irgendwo in den Bergen und habe keinen Empfang. Und zudem fühlt es sich falsch an, glücklich zu sein und zu lachen, während Mum im Bett liegt und nicht mal alleine zur Toilette gehen kann." Daher wehte der Wind also. Ich liess es mir kurz durch den Kopf gehen, bis ich die richtigen Worte fand. „Also Violet hör mal zu", sagte ich und hielt kurz an und stellte mich ihr gegenüber. „Wenn du nach Hause kommt und Sabinne dich fragt 'und wie wars?' und du dann antwortest ' ich war die ganze Zeit traurig, hatte keinen Spass und hab mir Sorgen gemacht'. Denkst du, sie wäre dann glücklich. Nein oder? Wenn wir ihr jetzt anrufen würden, dann würde sie sicher sagen: Leb dein Leben, hab Spass solange du kannst. Erinnerst du dich an das Lied ‚Birthday Cake'? Dort singt die Sängerin ja über ihre beste Freundin, welche ihre Mutter verloren hat. Das hast du zum Glück ja nicht, aber dort singt sie einmal auch:

But I think she'd
Want you to live like the world's on fire
Want you to love like hearts don't break

„Meinst du nicht, deine Mum würde das ähnlich sehen?",endete ich und war stolz auf mich, wie ich das herübergebracht hatte. Violet brach in Tränen aus und ich drückte sie fest an mich. „Danke Tila, du hast so recht", schluchzte sie leisen an mein Ohr. Sie löste sich von mir, wischte sich die Tränen fort und richtete sich gerade auf. „Können wir das Lied gleich hören?" „Natürlich", sagte ich und startete das Lied. Wir sangen mit, was die andern anhalten liess. „Wir wollen auch mitsingen", beklagte sich Briant. „Na gut", sagte Violet und ich wechselte die Playlist und liess Radioactive ab. Laut grölten wir mit. Mit Musik kamen wir deutlich schneller voran und um etwa fünf Uhr erreichten wir den Zeltplatz. Wir meldeten uns am Eingang an liefen zu unserem zugewiesenen Platz. Bis wir das Zelt aufgestellt hatten, dauerte es mindestens zwei Stunden, weil wir zuerst versucht hatten, es ohne Anleitung aufzubauen und auch mit machten wir alles nur mögliche falsch. Als es endlich stand und wir unsere Sachen darin verstaut hatten, kochten wir Nudeln auf dem Campingkocher und verspeisten sie in kürzester Zeit. Ich ging ins Zelt und holte noch Kekse heraus. Ash stürzte sich wie wild darauf. „Hey, hey nicht so schnell!", sagte ich lachend. Wir sassen noch einige Zeit vor dem Zelt, dann machten wir uns fertig um ins Bett zu gehen. Das Zelt war in drei einhalb Räume eingeteilt. Es gab einen winzigen Eingangsbereich, in welchem gerade so alle Schuhe Platz fanden. Durch einen Reissverschluss gelangte man in einen Raum. Man konnte nur knapp darin stehen, doch unsere Sachen konnten wir gut verstauen. Wir sagten uns gute Nacht, Ash und Briant gingen in einen der Schlafräume und wir in den anderen. „Gute Nacht", flüsterte ich in die Dunkelheit. „Gute Nacht", kam es von beiden Seiten.

Lila WolkenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt