In der Nacht bekomme ich plötzlich einen Anruf.
Tim!Warum ruft Tim mitten in der Nacht an?Er würde mich nicht wecken wollen,AUSSER...!Oh Nein,bitte nicht!Ich bete schnell und gehe dann an mein Handy.
"Hallo?",frage ich zaghaft.
"Emily,mein...mein Bruder...
Er...Er ist tot."
Ich höre nur noch tiefes Schluchzen.
"Ich komme sofort.Seid ihr im Krankenhaus?"
"Ja",antwortet er.
Er legt auf.
Ich springe aus meinem Bett und laufe in das Schlafzimmer meiner Eltern und wecke meinen Vater.
Ich rüttle ihn solange,bis er mich verschlafen ansieht.
"Was ist passiert?",fragt er mich erschrocken.
Du musst mich ins Krankenhaus fahren.
Ein Freund von mir ist da."
Er nickt und steht auf.
Ich wundere mich,dass er nichts weiter fragt.
Ich ziehe mich an und renne die Treppen runter zum Auto.
Am Krankenhaus angekommen sage ich zu meinem Vater:"Danke Dad,nach Hause schaffe ich es alleine."
Er nickt.Verständlich wie immer,was ich schon immer an ihm geschätzt habe.
Ich laufe so schnell wie ich kann ins Krankenhaus,frage mich durch und finde schließlich Tim und seine Eltern auf dem Flur vor dem Zimmer seines Bruders.
Alle sind aufgebracht,auch ich.Ich grüße seine Eltern mit einem Nicken und setze mich dann neben Tim.
"Hallo",sage ich,um ihm zu zeigen,dass ich da bin.
Er schaut mich durch seine Rehaugen an.
"Es tut mir so unglaublich Leid."
"Du kannst ja nichts dafür!",entgegnet er.
"Ich möcht hier raus!Ich halt's in diesem Scheiß-Laden nicht mehr aus.Mama?Papa?Es tut mir Leid,ich muss mal raus",sagt er mit einer verzweifelten Stimme,die ich so noch nicht kannte.
Er gibt mir ein Zeichen.Er nickt in Richtung Tür und steht von seinem Stuhl auf.
Bevor wir im Krankenhauspark sind,sagt keiner von uns ein Wort.
Wir setzen uns wieder auf die Bank,auf der wir uns kennengelernt haben.
"Tim...,ich...,es tut mir so Leid."
"Hör auf!Ich kann das nicht mehr hören!"
Er schreit die Worte schon fast.
Er ist durcheinander,denke ich.
Er tut mir so schrecklich Leid,wie er auf "unserer"Bank sitzt.
Wenn ich mir so überlege,was ich machen würde,wenn meine Schwester sterben würde,ich glaube ich würde mich umbringen.Was soll ich ohne meine Schwester,ohne ein mein zweites Ich auf dieser schrecklichen Welt.
Plötzliche Panik erfasst mich.
Mir wird schrecklich kalt,was schon lächerlich ist,denn draußen sind es 27°C.
Ich werde aus meinen Gedanken gerissen.
Warum falle ich jetzt in Gedanken,wenn Tim mich so dringend braucht.Ich sollte für ihn da sein,statt mir jetzt meinen Kopf über andere Probleme zu zerbrechen.
Tim weint schon wieder.
Ohh jeh...
Er hat seinen Bruder doch so geliebt.
Warum Gott?Warum musstest du einem so tollen Menschen eine wichtige Person wegnehmen?
Ich nehme Tim in den Arm.
"Heh.",ich versuche ihn langsam zu beruhigen,"ich hole jetzt ein paar Sachen von zu Hause und dann fahren wir zu dir,dann bist du nicht alleine.Okay?"
Es ist ein Risiko,ihm vorzischlagen mit zu ihm zu kommen,da vor ein paar Stunden erst sein Bruder gestorben ist.
Ich möchte ihn aber nicht alleine lassen.
"Das wär nett,wenn du mitkommen würdest.Ich glaube,dass würde meinen Eltern auch etwas Trost spenden."
Ich nicke.
"Na,los!",sage ich und stehe auf.
Wir gehen Richtung Krankenhaus,um seinen Eltern Bescheid zu sagen.
"Mama,Papa,Emily wird heute Nacht bei mir bleiben."
"Das ist gut,dann sind wir alle nicht so allein.Etwas Leben in unserem Haus,kann uns allen nicht schaden",sagt sein Vater und lächelt matt.
Ich lächele zurück,nur ganz leicht,denn es ist kein Lächeln der Freude,nein,dieses Lächeln soll Trost spenden.
Tim und ich gehen zu seinem Auto.
Vor dem Haus meiner Eltern,bleibt er stehen.
"Möchtest du mitkommen?",frage ich.
"Ich weiß nicht,ob das der richtige Zeitpunkt ist."
Er wirkt unsicher und traurig.
"Nur kurz,du musst dich nicht mit meinen Eltern unterhalten.Ich würde dich gerne meiner Schwester vorstellen,bevor..."
Ich schaue auf die Fußmatte,die im Fußraum liegt.
Tim versteht,was ich meine.
Er steigt aus seinem Auto aus.
Ich lächele,auf diesen Moment habe ich gewartet,vielleicht nicht in dem Zusammenhang mit dem Tod seines Bruders.
Ich schließe unsere Haustür auf.
Es ist 11.15.
Mum und Dad sind an der Arbeit.
Das hatte ich ganz vergessen.
Egal,ihnen werde ich Tim einandermal vorstellen.
"Komm",sage ich und nicke in Richtung Treppe.
Ich klopfe an der Tür meiner Schwester.
"Hallo Schwesterherz."Ich gebe ihr einen Kuss auf den Kopf.Sie sitzt an ihrem Schreibtisch,vor ihr ein Notizblock.
"Ich möchte dir jemanden vorstellen",sage ich zu ihr.
Sie dreht sich um.
"Hallo",sagt sie,"ich bin Alice."
"Hallo,Alice.Ich heiße Tim.
Deine Schwester hat mir viel über dich erzählt,natürlich nur Gutes",er zwinkert ihr zu.Wie toll sie sich verstehen.
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