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Achilles, oh Achilles - du hast es geschafft!
Achilles, oh Achilles - ja, du hast es geschafft.

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Achilles wollte anfangen zu reden. Er wollte seine Seele aus seinem Mund befördern - doch wo sollte er anfangen?
Machte den Mund auf - doch runzelte unsicher wieder die Stirn und schaute in seinen halbgetrunkenen Kaffee hinab.

Patroclus schien sofort zu merken, dass Achilles reden wollte - doch damit haderte.

"Es ist okay, Achilles. Lass dir Zeit, so viel zu brauchst. Und du darfst an dieser Stelle anfangen, an welcher du möchtest. Und darfst dich auch wiederholen und unmoralische Sachen sagen. Fehler machen." Er schaute ihn nickend an und trank einen Schluck seines Kaffees.
"Lass es einfach raus."

Achilles' Herz ging auf bei den Worten seines Gegenübers. Noch nie hatte jemand ohne dass er es ihm sagen hatte müssen - gemerkt, womit er kämpfte. Weswegen es ihm schwerfiel, in einer Situation im Leben zu leben.

"Ich hatte noch nie eine wirkliche Beziehung.",rutschte ihm also voller Emotionen hinaus und schaute dann peinlich berührt wieder in seinen Kaffee hinab, welcher immer wie kälter wurde.
"Ich bin 24 Jahre alt und bin eine Jungfrau."

Achilles erwartete, dass sich ein unangenehmes Schweigen entwickeln würde - oder sogar ein belustigtes Lachen den Raum erfüllen würde.

"Na und?"
Verwirrt schaute Achilles aus seinem Kaffee auf - schaute Patroclus nach seinem Satz an. Doch er sprach sogleich weiter.

"Ja, die Gesellschaft lebt uns irgendwie vor, man müsse schon fast mit 15 seine Jungfräulichkeit verlieren - dass man bis zu seinen Zwanzigern wahllos Beziehungen führen muss und wehe, man würde keine Erfahrungen sammeln."
Patroclus schaute Achilles weiterhin sanft über den Tisch an.

"Aber wir dürfen uns deshalb nicht unter Druck setzen. Vor allem nicht uns selbst - und die Menschen, die einem dafür auslachen, sind sowieso Arschlöcher..."
Achilles konnte über dieses abrupte Schimpfwort von Patroclus ein Grinsen nicht verkneifen.

"Ich weiss, man wird belustigt angeschaut deswegen, aber manche Leute haben nunmal in ihren Jugendjahren zu viel mit sich selbst zu kämpfen gehabt - ich kenne das. Bitte, versuche dich deswegen nicht so zu stressen, Achilles."

Achilles wusste nicht weshalb - aber die Worte von ihm waren wie Balsam. Als würde Patroclus seine Wunden mit jedem Wort sanft verarzten - zwar spürte er dadurch das Brennen in seinen Augen, aber er fühlte sich geborgen. Sicher.

"Ich habe auch mit all meinen Freunden den Kontakt abgebrochen.",sagte Achilles leise und spürte, wie seine Stimme wieder heiser wurde.

"Dann suchst du dir eben Neue. Ganz ehrlich - manche Menschen brauchen es, dass sie mit ihrer Jugendzeit, oder Schulzeit, abschliessen. Weil sie so viel Schlimmes erlebt haben. Weil sie sonst stets immer daran erinnert werden. Einen Neustart - das ist vollkommen okay."

Nun trieb es Achilles wirklich Tränen in die Augen, welche sich sogleich sanft ihren Weg über seine Wangen hinab suchten.

"Achilles..." Nun wurde auch Patroclus Stimme etwas zittriger - fast so, als würde es ihn stark mitnehmen, sein Gegenüber weinen zu sehen.

Sanft und vorsichtig legte er seine Hand auf die von Achilles. Strich liebevoll mit dem Daumen über seinen Handrücken, während Achilles damit kämpfte, seine Schluchzer zu unterdrücken.

Patroclus Augen wurden glasig - doch er hatte ein sanftes Lächeln auf den Lippen. Verstehend - und doch ermutigend.
Mit heiserer und immer noch zärtlicher Stimmlage sagte er den Satz, welchem Achilles heute das erste Mal wirklichen Glauben schenken konnte;

"Es wird besser."

achillesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt