"Wir sind ausverkauft."
Nick teilte mir die gute Nachricht in der Pause mit. Er hatte mir geholfen, ein siebenköpfiges Team aus Leuten unseres Jahrgangs zusammenzustellen. Wir hatten die Aufgabe gehabt, eine Webseite für die Spendenaktion einzurichten, die Sicherheitsrisiken zu klären, die bei der großen Anzahl an Zuschauern auftreten konnten, ein Bankkonto einzurichten und die erforderlichen Genehmigungen einzuholen.
Es war ein Grund zum Feiern. Wir, das erfolgreiche Team, gingen zusammen ins Barrel Club House und tanzten bis in den Morgen hinein. Zum ersten Mal seit langem war ich so gut wie sorgenfrei.
Am Abend vor dem großen Spiel fuhr ich zu Tam. Ich hatte ein schlechtes Gewissen, weil ich so wenig Zeit für sie gehabt hatte. Wir saßen in ihrem Zimmer, aßen eine leckere Pizza mit gegrilltem Gemüse, tranken Wein und benahmen uns wie zwei Klone von uns, nur drei Jahre jünger.
Ich hatte Tam schon ewig nicht mehr auf dem Laufenden gehalten und sie flippte förmlich aus, als ich ihr von meiner Entwicklung mit Lionel erzählte.
"Eine beste Freundin sollte so was aus erster Hand wissen. Ich will nicht, dass mich jemand nach deinem Beziehungsstatus fragt, und ich nichts antworten kann", hielt sie mir vor.
Ich tippte mir an die Stirn. "Wer sollte dich das denn fragen?"
Tam fuchtelte mit ihrem Glas in der Luft herum. "Lionel ist jetzt ein Star. Fast jedes Mädchen der Schule steht auf ihn. Und du bist eine Rivalin für die ganze Meute. Aber bei den Jungs ist deine Beliebtheit gestiegen."
"Das tröstet mich sehr", sagte ich ironisch. "Woher hast du denn diese besonders heißen Informationen?"
"Es gibt ein Beliebtheitsbarometer auf Insta für alle, die auf die Rutherford gehen und über 16 sind."
"Spinnen die? Hast du vielleicht ein bisschen zu viel Wein getrunken?" Ich war fassungslos und wollte gar nicht erst wissen, wer diesen Quatsch ins Leben gerufen hatte. Im Mittelpunkt zu stehen, war eine Erfahrung, die ich nur aus der Zeit mit Lion kannte. Abgesehen davon hatte niemand je größere Notiz von mir genommen, was mir nur recht gewesen war. Ich gehörte nicht in diese hippe Welt. Ich wollte nur meine Probleme loswerden und eine ganz normale Studentin werden, die nicht in große Fußstapfen trat sondern einen Fuß vor den anderen setzte.
Sie giggelte. "Ein bisschen. Aber das gibt es wirklich. Hier, ich zeig's dir."
Tam rief die App auf und reichte mir das Handy. Ich hatte zwar keine Lust auf diesen Kinderkram, doch ein wenig spürte ich die Eifersucht. Wenn Lionel so einen großen Fanclub hatte, wie Tam sagte, wollte ich wenigstens wissen, womit ich es zu tun hatte.
"Das ist ja echt heftig", schluckte ich. Wie immer war meine Freundin bestens informiert und ich gar nicht, da ich es hasste, mich auf solchen Apps zu bewegen.
Ich scrollte durch die Verknüpfungen und meine Laune fiel weiter in den Keller. Nach ein paar Minuten verzog ich das Gesicht und gab ihr das Handy zurück. "Das ist echt widerwärtig."
"Ich weiß." Tam wackelte mit den Augenbrauen. "Ich stehe gerne zu deiner Verfügung, wenn du dich vor dem Training aufwärmen willst", zitierte Tam einen Kommentar unter einem schon fast obszönen Bild und machte ekelhafte Geräusche mit dem Mund.
"Mir ist der Appetit vergangen", sagte ich. Schade um die gute Pizza, aber jetzt war es Zeit für einen großen Schluck Wein.
"Die meisten dieser Bitches können gar nicht mit dir mithalten. Außerdem hat Lionel gar keinen Account", versuchte Tam die Wogen zu glätten.
"Anscheinend kennst du meinen Freund besser als ich", murmelte ich in mein Glas.
Wobei ich mir zu hundert Prozent sicher war, dass er ehrlich zu mir war.
Nach unserem heißen Sexabenteuer hatte er zugestimmt, das Interview zu machen. Vielleicht war es genau der richtige Zeitpunkt für einen kompletten Neuanfang. Cloe war ein Schatz gewesen und professionell geblieben. Sie hatte sich ausführlich auf Lionels Erfahrungen mit Football und seine Wünsche für das Projekt bezogen. Es war gut angekommen. Abgesehen von den üblichen Hasskommentaren, die nach der Veröffentlichung im Umlauf gewesen waren. Neider, die mit ihrem Leben unzufrieden waren und andere mit runterziehen wollten. Sogar Lion hatte nach seinem Interview etwas davon zu spüren bekommen. Doch es hatte ihn nicht weiter tangiert. Er war sozial engagiert, hilfsbereit und an solche Sachen gewöhnt.
Inzwischen hatten sich die Wogen geglättet. Lionel und Lion wurden gefeiert wie Superstars. Alle dachten nur noch an das Spiel. Bis Kittys Anruf kam und meine kleine heile Welt wieder mal aus den Angeln hob.
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Coffee, Book & Cat
Fiksi UmumDrei Dinge, die ich immer brauchen würde? Kaffee, ein Buch, eine Katze. Was ich nicht mehr brauchte, war Lion. Das dachte ich. Aber irren ist menschlich. Zwei Männer mit zu viel Selbstbewusstsein. Zwei Männer, die den gleichen Namen hatten. Fast. Ih...