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Es regnet. Es regnet entsetzlich viel. Das Himmelswasser sperrt die beiden Freundinnen in die Bibliothek. Die Schatten des zur Erde rasenden Wassers tanzen auf der hölzernen Tischplatte, auf welcher die Mädchen sitzen.

Die Bibliothekarin quittiert dies mit einem abschätzigen Blick, während sie extra langsam den Waagen mit den einzusortierenden Büchern an ihnen vorbei schiebt. Er quietscht und jauelt jämmerlich, als wäre man einen Hund auf den Schweif getreten.

Ronja seufzt und knallt Papier und Stifte auf den Tisch, wobei, unbemerkt von den Anwesenden, die Miene eines Bleistiftes abbricht und ihr jähes Ende unter einem Bücherregal findet und dort wohl von nun an auch immer bleiben wird. Schließlich putzt niemand in diesem Gebäude jemals unter den Regalen, höchstens die obere Flächen, falls das Regal klein genug, dass jemand den Staub sehen könnte. Auf den größeren Regalen lassen sich währenddessen noch Staubschichten aus den Achtzigern finden.

"Echt nervig, dieser Regen. Er kesselt uns hier ein, dabei wollten wir doch zur Küste."
Irma nickt. Sie wäre jetzt auch lieber an der Küste. Salzige Luft einatmen und den Wellen beim Trommeln auf den Felsen lauschen. Irma nimmt sich einen Kugelschreiber und Papier und fängt an diverse Orte auf dieses zu notieren: Elsa-Brunnen, Küste, Bibliothek, Konditorei mit Ei, Schule, Irmas Adresse, Ronjas Adresse und noch mehr.

Es ist eigentlich absurd, dass sich die Freundinnen in der Stadt-Bibliothek treffen. Beide lesen nicht viel und sind noch dazu keine sehr leisen Persönlichkeiten.

Ronja spielt lieber Videospiele, als zu lesen. Solche, die man im besten Fall alleine spielen kann. Am liebsten sind ihr retro Games, auf dem Gameboy oder DS. Und wenn sich das Mädchen gerade mal nicht in der virtuellen Welt befindet, versucht es ihre Hühner zu dressieren. Bis jetzt erfolglos. Die Tiere merken sich einfach nichts. Selbst wenn sie ein Trick mal gemeistert haben, haben sie den am nächsten Tag schon wieder nicht mehr drauf.
Vergessen. Verschwunden. Unwiderruflich aus ihren kleinen Hirnen gelöscht.

Und Irma? Sie weiß eigentlich garnicht, was so ihr Ding ist. Sie näht. Sie hat ganze drei Monate lang quasi durchgängig genäht. Dann plötzlich hat sie die Leidenschaft verloren und tut es nun nur noch sporadisch. Es bereitet ihr immer noch Freude, so ist es nicht. Doch in den drei Monaten voller Nähleidenschaft konnte sie sich sogar vorstellen, das Nähen zu ihrem Beruf zu machen. Nun nicht mehr. So ist es immer.

Der Neues-Hobby-Virus erwischt sie, fiebrige Leidenschaft übemannt das Mädchen und bestimmt ihr Tun und Handeln für eine Zeit, dann sinkt das Fieber, die Krankheit ist überstanden und zurück bleibt Irma mit einer weiteren Beschäftigung der sie zwar ab und an nachgeht, aber sie letztendlich nicht ausmacht. Sie ist zu unbeständig. Hält an nichts wirklich fest, alle Schnüre liegen locker in ihrer Hand, können ihr leicht entzogen werden. Und Irma würde nicht an ihnen halten, würde man sie ihr entreißen.

Das einzige, dem sie regelmäßig mit größter Inbrunst nachgeht, ist das Hinausfahren aufs Meer, zusammen mit ihrem Vater. Der Fischer nimmt seine Tochter schon seit sie gerade mal vier ist mindestens einmal die Woche mit seinem kleinen Kutter mit.

Irma deutet auf das Blatt vor ihr. "An diesen Orten habe ich es überall gesehen."
Ronja nickt und ergänzt das Notierte um zwei weitere Orte. "Auf einem Pflasterstein in der Seestraße ist es auch und beim Spielzeugladen."

Seit gut einem Jahr machen es sich die Mädchen zur Aufgabe alle Orte zu finden und zu notieren, bei welchen sich dieses sonderbare Zeichen finden lässt. Ein Schlüssel und hinter dem Schlüssel eine offene Hand. Die Mädchen wissen nicht, was es damit auf sich hat. Es ist zu einer Art Spiel geworden. Ein solcherart Spiel, wo man Gegenstände in einem Bild finden muss. Nur das Ronja und Irma keine Gegenstände in einem Bild, sondern dieses Zeichen in ganz Allwendigs zu finden.

Bad Apples (girlxgirl)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt