Irma öffnet ihre Zimmertür, steigt über ein Klamottenhaufen und ein Stapel Hefter und schmeißt sich schließlich auf ihr Bett.
Das Holz knarrt, beschwert sich über die unsanfte Behandlung.Das Mädchen greift in ihre Tasche und zieht "Die Seelen Allwendigs" von Alma Krautwurm heraus. Wieder kribbeln ihre Finger. Sie streicht über das alte Einband und öffnet die erste Seite.
"Gewidmet an Irma. Mein Wissen ist dein Wissen. Meine Geheimnisse an dein Ohr, an dein Herzen."
Irmas Mundwinkel hebt sich. "Lustiger Zufall." Sie blättert eine Seite weiter, dann noch eine und noch eine. Sie muss feststellen, dass das gesamte Werk handschriftlich verfasst wurde. Dass sie solch ein Buch hat ausleihen dürfen grenzt an ein Wunder.
Obwohl, eigentlich auch nicht wirklich. Das größte Ansehen genießt sie in dieser Stadt wirklich nicht. Wenn Touristen mal nach ihr fragen, kann man das innerliche Aufstöhnen der Stadtbewohner förmlich auf ihren Gesichtern ablesen.
Das Mädchen blättert weiter. Diverse Zeichnungen befinden sich auf den Seiten verteilt. Irma gähnt einmal auf. Sie sollte wirklich schlafen.
Auf einer Doppelseite ganz in Rot hört sie auf zu blättern. Staub oder so etwas in der Art befindet sich auf diesen. Irma pustet einmal kräftig und hustet, als sich der Staub in ihrer Lunge verirrt. "Verdammt", wettert sie. Sie gähnt erneut.Müdigkeit umwickelt Irmas Verstand. Sie ist ruhig, innerlich. Wie nach einem langen Tag am Strand, wenn die Sonne einem die Energie von den Lippen küsst und dich in einen leichten Schlaf versetzt.
Irma legt das Buch auf die Fensterbank über ihrem Bett und löscht das Licht. Im Halbdunkeln zieht sie sich ihre Kleidung aus und zieht sich eine Jogginghose und Hemd drüber. Mit dem Fuß schiebt sie ihre getragene Kleidung zu dem Kleiderhaufen.
Sie zieht die Gardine zu und sperrt somit das Licht der Laterne aus.
Lange muss sie nicht warten, bis der Schlaf sie holt. Schwärze und Ruhe umgeben sie. Traumfrequenzen flattern durch ihren Schlaf, schnell und nicht greifbar.
Sie meint wach zu sein, als es vor ihren geschlossenen Augenlidern zu flackern beginnt, sie spürt did Decke auf ihrem Körper ruhen und einen kalten Windzug, der ihre Wange streift.
Sie beginnt heftigst zu atmen, als das Flackern immer heller wird. Sie versucht ihre Augen zu öffnen, doch aus unerfindlichen Gründen ist ihr dies nicht möglich. Auch ihren Körper kann sie nicht hochreißen. Ihre Brust fühlt sie schwer an und sie ringt um Luft.
Der Windzug vergeht und auch ihre Decke kann Irma nicht mehr spüren, dafür kann sie ihre Augen öffnen und sich endlich regen. Etwas rieselt in ihre Augen, aus einem Reflex heraus möchte sie es aus ihren Augen reiben. Ihre Bewegungen ist jedoch eingeschränkt und sie wird von etwas kalten berührt, überall. Tränen beginnen dem Mädchen über die Wangen zu fließen, sie drückt ihre Hand nach oben, gräbt sich durch das Etwas.
Da, ein Lufthauch! Sie gräbt sich weiter und drückt ihren Kopf durch das Loch.
Erde. Sie erkennt die Textur, den Geruch. Es handelt sich um Erde. Lockere, wie sie festgestellt. Sie schiebt ihren Körper weiter hoch und endlich ragt ihr Kopf aus der Erde.Sie weint nun noch heftiger und kämpft sich ganz aus den kalten und feuchten Zeug. Das Mädchen legt sich auf den Rücken und blickt den Sternenhimmel entgegen. Sie zittert, der sommerähnlichen Hitze zum Trotz.
Überall klebt die Erde noch an ihrem Körper. Sie schluzt laut auf und wischt sich die Tränen weg. Ihr Atem beruhigt sich und Irma setzt sich auf, versucht zu verstehen, was geschehen ist. Sie blickt sich um. Der große Baum, links von ihr, zu ihrer Rechten die Stadt, sie selbst auf dem Feld. Oder eher der Wiese. Kein Feld. Woher kommt das Gras, die Blumen und Kräuter? Das Mädchen schmiert ihre verrotzte Nase an ihrem Ärmel ab und den Ärmel am Gras. Ein grüner Fleck bleibt auf dem Kartoffelsackartigen Hemd zurück. Irma fragt sich, woher sie dieses Teil hat und warum sie es trägt. Was ist mir ihrer Jogginghose und ihrem Hemd passiert?
Irma steht auf, sie nimmt das Gras unter ihren nackten Füßen war. Sie geht auf die Stadt zu. Verwundert betrachtet sie die Stadtmauer, die völlig in Takt ist. Sie geht durch das Tor und ein Mann, den sie im Dunkeln der Nacht nicht ganz aus machen kann, spricht von der Mauer aus zu dem Mädchen.
"Um Gottes Willen, was ist dir denn widerfahren?" Irma zuckt die Schultern.
"Eines Tages wird das mal Böse enden. Geh jetzt, ich sage kein Wort, beeile dich nur, dass dich niemand sieht. "Irma nickt heftig, bringt kein Wort hervor und eilt davon.
Sie kann den Mann noch "dieses Weib" murmeln hören. Voller Empörung möchte sie sich umdrehen und den Fremden ihre Meinung zu galgen, als sie feststellt, dass die Straßen verändert aussehen. Hin und her gerissen zwischen sich beschweren und verwundert sein springt eine Katze aus einer Gasse. "Milky Way?" Sie geht auf das weiße Geschöpf zu. Dann mauzt es. Das Mautzen ist hoch und fremd. "Nein, du bist nicht Milky Way." Die Katze schleicht um ihre Beine und läuft dann davon. Irma läuft hinterher. Sie rennt über die Pflastersteine, ihrer nackten Füße und den kleinen Steinchen zum Trotz. Sie saust an den Häusern vorbei. Die Katze ist verschwunden, doch Irma läuft weiter. Bis sie schließlich einem ihr bekannten Gebäude entgegen blickt. Sie bleibt abrupt stehen. Aus dem Fenster schaut ihr eine junge Frau entgegen. Sie geht auf das Fenster zu. Sie fast sich an ihre Wange, die Frau tut es ihr gleich.Ihr Spiegelbild. Irma versteht nicht was los ist. Die Frau, der sie entgegen blickt, ist blas, als sei sie bereits tot und ihr Haar ist lang, glatt und so weiß wie der erste Schnee eines neuen Jahres. Sie hebt ihre Hand, die Frau tut es ihr gleich. Sie schaut sich das Gesicht an, die Person kann nicht älter als mitte zwanzig sein, doch ihre Augen sehen so müde aus, als hätte sie schon hundert Jahre gelebt. Plötzlich grinst ihr falsches Spiegelbild und Irma schreckt zurück und fällt auf ihren Hinterkopf.
Und wie sie sich hoch reißt sitzt sie wieder in ihrem Bett.
"Verdammte Scheiße", mehr hat sie dazu nicht zu sagen. Einfach nur verdammte Scheiße.
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Bad Apples (girlxgirl)
FantasíaZwei Freundinnen entdecken die alte Magie ihrer Heimatstadt wieder und wie die Magie zum Leben erwacht und weiter wächst, so verstärken sich auch die Gefühle zwischen den Mädchen, bis das Wort Freundschaft zu klein für die beiden wird. Ausschnitt: "...