Völlig fertig

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Die Situation zwischen mir und Charon war angespannt. Einerseits war da Hass und der Fakt, dass ich IHN, meinen Boss, gerade eben angeschrien hatte, doch nun waren wir hier und er hatte mir gerade einen Knutschfleck gemacht. Wieso hatte sich das so gut angefühlt und wieso hatte ich ihn das überhaupt machen lassen? Ich hätte nicht zulassen dürfen, dass er mir so nahe kommt, doch das tat er und ich wusste nicht, wie ich darauf reagieren sollte. Ihn einfach wegstoßen? Oder sollte ich es zulassen, um ihm so näher zu kommen? Schließlich war er mein Zielobjekt.  

"Nun, Miss Rivers, das reicht mir als Entschuldigung" brummte er plötzlich. "Es ist spät. Wir sehen uns morgen" fügte Charon hinzu, während er mich angrinste. Es war offensichtlich, dass er jetzt um einiges besser gelaunt war als sonst.

"Sicherlich" murmelte ich und musterte ihn noch mal, bevor ich mit einem Nicken sein Büro verließ. Mein Magen kribbelte ein wenig, durch die ganzen Gefühle, die in mir brodelten und die ich noch immer nicht ganz zuordnen konnte. Eigentlich war es auch unwichtig, was ich über ihn dachte, denn er war der Sohn von Hades. Ich zwang mich, mich daran zu erinnern, was für ein Mensch er war. Gierig. Eiskalt. Dämonisch. Ich musste ihn hassen. Ich wollte ihn hassen. Doch Hass war nicht leicht, wenn man jeden Tag dieser Person begegnete. Wenn man ihr näher kommen musste. Wie sollte man Charon also abgrundtief hassen?

Zuhause angekommen, ließ ich mir ein schönes, warmes Bad ein. Sobald mein Körper das heiße Wasser berührte, spürte ich, wie die ganze Anspannung von mir abfiel. Meine Muskeln entspannten sich und ich schloss die Augen. Einfach nur Ruhe. Das Leben einer Sekretärin war wirklich nicht leicht. Ich dachte ja, dass das bloß ein wenig Schreibtischarbeit werden würde, doch selbst die Arbeit ohne Beachtung meines Auftrags, war unglaublich ermüdend. Wer machte sowas nur freiwillig?

Ein wenig zufriedener fiel ich ins Bett und schlief auch direkt ein. Wie lange ich schlafen konnte, wusste ich nicht genau, doch am nächsten Morgen war es 7:30 als ich aufwachte. Knapp sechs Stunden Schlaf also. Immerhin.

Gerade stand ich im Bad, als ich plötzlich ein Klingeln hörte. Verwundert sah ich mich im Spiegel an. Wer war das so früh? Als ich zur Tür lief, trug ich zwar noch meine Schlafsachen, dennoch war ich bei voller Wachsamkeit. Ich hatte jahrelang trainiert, immer auf alles vorbereitet zu sein, weshalb ich manchmal auch etwas zu aufmerksam war.

"Guten Morgen Mondschein" begrüßte Kirian mich grinsend, als ich die Tür aufmachte. Was tat er denn hier? Geschweige denn so früh morgens. Dann entdeckte ich in seiner Hand etwas. Eine Tüte, mit dem Logo einer Bäckerei. Hatte er mir etwa essen mitgebracht?

"Was machst du denn hier Kiri?" fragte ich überrascht und grinste ihn ebenfalls an. Irgendwas hatte Kirian an sich, dass dafür sorgte, dass ich einfach immer lächeln musste. Tja, er kannte mich eben schon seit vielen Jahren, kein Wunder, dass er meine Schwachstellen so gut kannte.

"Ich dachte, du könntest Frühstück gebrauchen" erwiderte er und trat in meine kleine Wohnung ein. Wie immer sah Kirian sich kurz um, was wohl auch bei ihm von dem jahrelangen Training herrührte. Dann legte er die Tüte auf den Tisch und musterte mich. Plötzlich veränderte sich sein Blick, als er an meinem Hals hängen blieb. Scheiße. Der Knutschfleck. Verdammter Mist.

"War er das Neoma?" fragte Kirian und ich konnte sehen, wie seine Augen vor Wut nur so blitzten. Shit. Sein Kiefer verkrampfte sich und er verschränkte die Arme vor der Brust, als er sich gegen den Tisch. Natürlich wusste er, was los war. Wie sollte ich ihm das nur erklären?

"Es gehört zu meinem Auftrag Kiri" erwiderte ich ruhig aber ernst. Sicher, ich wollte nicht, dass er wusste, was zwischen mir und Charon passiert war und vor allem... es ging ihn doch nichts an, oder? Es war mein Auftrag. Ich musste das machen und ich brauchte keine Hilfe. Wieso also mischte er sich da ein?

𝐘𝐨𝐮𝐧𝐠 𝐠𝐨𝐝𝐬 - 𝐛𝐢𝐬 𝐳𝐮𝐫 𝐡𝐨̈𝐥𝐥𝐞 𝐮𝐧𝐝 𝐳𝐮𝐫𝐮̈ 𝐜𝐤Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt