Projekt 23

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Eine gefühlte Ewigkeit verbringst du mucksmäuschenstill in diesem Kleiderschrank. Daniella hat dir so eine Angst eingejagt, dass du dich nicht heraus traust. Vielleicht aber ist es auch einfach dein Instinkt. Es ist gut, dass du im Schrank geblieben bist. Dir bleibt der Atem stehen, als sich die Tür öffnet und die Magd mit ihren eiskalten Augen hinein schreitet. In ihrer rechten Hand das Messer griffbereit beginnt sie, das Zimmer zu durchsuchen. Sie schaut unter dem Bett nach, hinter der Tür, in jeder Ecke, sie ist sehr gründlich. Dir rutscht das Herz in die Hose und du drückst dich immer tiefer gegen die Schrankwand, zusätzlich hast du die Hände gegen deinen Mund gepresst, aus Angst, dein Atem könnte dich verraten. Oh Gott im Himmel, wenn du doch nur irgendwie eins mit der Schrankwand werden könntest! Daniella kommt direkt auf den Schrank zu. Die Angst in dir macht sich breiter und breiter. Es gibt kein Entkommen. Sie wird dich hier entdecken. Du bist ihr ausgeliefert. Du hast keine Chance. Das Reh ist in der Falle. Daniella will die Tür öffnen, du kannst ihren Atem und ihr leises Flüstern genau hören, da ertönen kleine zierliche Schritte.

„Miss Daniella?"

Es ist eine liebliche Kinderstimme. Du weißt, wer das sein muss. Das Mädchen, was du damals vor Debilitas gerettet hast. Wäre die Situation nicht brenzlich, hättest du jetzt laut vor Erleichterung ausgeatmet. Durch den Türschlitz beobachtest du, wie Daniella sich dem Kind zuwendet. Ohne Scheu oder Furcht geht das kleine Mädchen wie selbstverständlich auf Daniella zu. Du kannst deinen Augen kaum trauen. 

„Was machen Sie hier in meinem Zimmer?", will das Mädchen wissen.

Da Daniella dir den Rücken zugewandt hat, kannst du ihre Mimik nicht sehen. Daniella sagt nichts. Stattdessen dreht sie ihr Gesicht zum Messer, realisiert, was sie gerade getan hat, und steckt es sofort in die Schürze. Es ist, als ob die Magd zwei Persönlichkeiten hätte. Sie ist von jetzt auf gleich wieder die Hausmagd, die so wirkt, als könne sie keiner Fliege was zur Leide tuen. Mit Verwunderung siehst du dabei zu, wie Daniella das Mädchen zu Bett bringt und es zudeckt.

„Miss Daniella? Bitte bleiben Sie noch hier! Singen Sie mir noch ein Nachtlied vor?"

Daniella sieht nicht aus, als sei sie dafür in Stimmung. Dennoch tut sie es, zu deiner Überraschung. Sie summt ein dir unbekanntes Lied. Die Melodie klingt melancholisch, mystisch, geheimnisvoll und unheimlich. Das Mädchen schließt ihre kleinen Augen. Als Daniella fertig ist, streckt sie ihre kleine Hand nach der Magd aus.

„Miss Daniella, warum hat Mamma mich nicht lieb? Und warum haben Sie eigentlich keine Kinder?"

Daniella bewegt ihren Kopf Richtung Wand. Sie scheint über etwas nachzudenken.

„Nicht...komplett", entgegnet sie abwesend.

Das kleine Mädchen seufzt und gähnt.

„Ich wünschte, Sie wären meine Mutter, Miss Daniella. Sie sind immer für mich da, ich habe Sie sehr lieb."

Sie kuschelt sich in ihre Decke.

„Miss Daniella, geben Sie mir noch einen Gute Nacht Kuss?"

Die Magd legt ihre Lippen auf die Stirn des Mädchens. Es ist rein mechanisch ohne Gefühl, dies kannst du sehr gut erkennen durch den Türschlitz. Es ist, als ob Daniella nur eine Hülle ist. Als ob sie ein Roboter ist, dem jemand Leben eingehaucht hat. Nach dem Kuss geht sie aus dem Kinderzimmer heraus und erlischt das Licht des Zimmers. Es ist dunkel und du bist mit einem kleinen Mädchen allein. Au Backe! Das hat ja gut funktioniert! Du musst dich jetzt geschickt anstellen. Das erste, was du tuen musst ist, hier rauszukommen. Möglicherweise könntest du dann aber das Mädchen erschrecken. Sie könnte Schreien und Daniella wäre schneller zurück als du „Schloss Belli" sagen könntest. Du könntest auch bis zum nächsten Morgen warten, das dauert aber zu lang. So beschließt du, nach einer Weile aus dem Schrank zu schleichen. Leider bemerkt man dich sofort.

„Wer bist du? Und was machst du in meinem Schrank?"

„Ich ähhhhh", du erstarrst in der Bewegung.

Du in "Haunting Ground" - Wirst du Überleben?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt