Am folgenden Tag habe ich nur ein paar Vorlesungen, also entscheide ich mich dazu nochmal in der Bibliothek vorbei zu schauen.
Für Historik muss ich im nächsten Monat eine Hausarbeit fertig bekommen und dafür ein bisschen recherchieren.
Ella und ich haben uns heute nur auf den Fluren gesehen, da wir nicht genau dieselben Kurse besuchen.
Ich nicke der Bibliothekarin zu und verschwinde in der Historik Abteilung des 16. Jahrhundert.
Geschichte hat mich schon immer interessiert. Egal wann, irgendwas interessantes ist immer passiert. Ich bin wirklich gespannt, was denn später über unsere Zeit in den Geschichtsbüchern erzählt wird... Vernetzung der Welt? Globalisierung? Klimawandel? Corona?
Wer weiß das schon. Aber irgendwann wird eine andere Studentin in einer Bibliothek stehen und genau über die Zeit recherchieren, in der wir gerade leben. Verrückt, oder?
Ich bin sofort in den Büchern gefangen, bis ich einige Stimmen vernehme.Sebastian, hier drüben.
Jap. Ganz sicher Olivia.
Ich laufe in Richtung ihrer Stimme, schiebe ein paar Bücher zur Seite und sehe ihre dunklen Haare in perfekten Locken über ihre Schultern fallen.
Sie müssen sich wirklich anstrengen. Sie sind im zweiten Semester und sind letztes Jahr mehr schlecht als Recht durch den Kurs gekommen.
Ich habe Ihnen ein bisschen Lektüre herausgesucht und hoffe, dass Sie damit wieder auf die Beine kommen.
Bitte sehen Sie es sich an. Ich werde noch ein wenig hier sein, falls Sie Fragen haben.Dankeschön, Professor, Sebastian setzt sich gleich an den Tisch, auf dem gefühlt 20 Bücher liegen.
Liv verschwindet aus meinem Sichtfeld, weshalb ich meinen Kopf zurück ziehe, dabei aber eines der schweren Bücher umwerfe.
Fuck, flüstere ich und versuche das Buch schnell aufzustellen und abzuhauen..
Du also, höre ich ihre Stimme hinter mir.
Ich verziehe kurz mein Gesicht, atme einmal tief durch und drehe mich mit einem aufgesetzten Lächeln um.
Ja, ich.
Sie mustert mich für einen Moment, was suchst du hier?
Auf jeden Fall nicht dich, sage ich mit einem Grinsen auf den Lippen.
Sie verdreht die Augen, das meine ich nicht.
Was suchst du in der Bibliothek?Für einen Moment überlege ich, nicht doch an ihr vorbei zu laufen und zu gehen, lasse es aber sein.
Für Historik... 16. Jahrhundert.
Oh. Interessant. Warte mal, sie läuft auf mich zu, weshalb ich ihr einen misstrauischen Blick schenke.
Entspann dich, sie packt meine Hüfte und schiebt mich zur Seite.
Ich möchte nicht darüber reden, was dieser kurze Körperkontakt schon wieder in mir ausgelöst hat.Sie streckt sich, was ihr Oberteil nach oben rutschen lässt.
Sie hat also tatsächlich noch weitere Tattoos.
Ich schüttle den Kopf und schaue zu ihr hoch. Sie sucht nach irgendetwas, bis sie es gefunden hat.
Sie holt ein Buch aus dem Regal und hält es mir hin: Schreib darüber.Die Habsburger Dynastie?
Schau's dir an. Darüber hab ich in meinem Studium geschrieben, naja und eine 1 bekommen, sie zwinkert.
Ich blicke skeptisch abwechselnd von dem Buch in ihrer Hand zu ihren Augen, bis ich meine Hand ausstrecke und es entgegen nehme, ich werde es in Erwägung ziehen.
Sie zieht eine Augenbraue hoch und mustert mich, du hast mir gestern nicht geantwortet... wieso?
Ich halte dem Augenkontakt stand, erst sagst du mir, ich soll gehen... dass es falsch und verboten wäre und im nächsten Moment begehst du eine Straftat und klaust meine Nummer aus meiner Akte? Wie passt das zusammen, hm?
Sie antwortet nicht, sondern beißt sich nur auf den Unterkiefer.
Solange ich darauf keine Antwort bekomme... verdienst du auch keine, ich laufe an ihr vorbei und verlasse die Bibliothek.
Meine Gefühle spielen absolut verrückt, aber ich bin nicht unglücklich darüber, wie ich reagiert habe. Ich konnte ihr stand halten.
Dennoch lasse ich mich mit einem tiefen Seufzer auf den Fahrersitz fallen und checke mein Handy.
Jesse hat geschrieben, ob ich vorbei kommen will, aber ehrlich gesagt möchte ich nur in mein Bett.
Erst jetzt bemerke ich das Buch, welches ich mit meiner Tasche auf den Beifahrersitz befördert habe.Na toll, ich hab das Buch mitgehen lassen..
Ich greife nach dem Lenkrad und lege meinen Kopf am oberen Rand davon ab.
Jetzt muss ich morgen nochmal in die Bibliothek und das Buch offiziell ausleihen.
Nach einem kurzen Moment der Ruhe, höre ich wie ein paar Regentropfen auf meine Windschutzscheibe fallen.
Ich hebe meinen Kopf und schaue in den Himmel. Es hatte sich tatsächlich innerhalb weniger Momente komplett zugezogen.Ich sehe im Augenwinkel mehrere Personen über den Parkplatz rennen, schutzsuchend in ihren Autos, oder dem Vordach der Bibliothek.
Der Regen wird stärker, sodass ich kaum etwas anderes höre, außer dem herunterprasselten Wasser auf meinem Auto.
Ich möchte gerade den Motor starten, als ich Olivia in meinem Blickfeld entdecke. Sie läuft Richtung Bushaltestelle mit einer Kapuze über ihren Kopf gezogen.
Aus Reflex nehme ich mein Handy in die Hand und wähle ihre Nummer.
Ich sehe wie sie danach kramt und den Anruf entgegen nimmt.Hallo?
Ich höre den Regen nun noch deutlicher.
Wie kommst du nach Hause?
Sie schaut sich um, bis sie mein Auto sieht.
Mein Motorrad ist in der Werkstatt. Ich bin auf dem Weg zur Haltestelle.
Für einen Moment herrscht Stille. Nur der Regen ist zu hören.
Möchtest du mitfahren?
—
DU LIEST GERADE
Professor Olivia Roberts (wlw)
Romance„Wie du dich eingemischt hast, war sehr... mutig. Mutig, aber dumm." „Heey, jetzt bist du die Unhöfliche", ich ziehe eine meiner Augenbrauen hoch, „ich wollte nur helfen." „Ich weiß", sie dreht sich um und zieht im Laufen ihren Helm auf, „hab ich ab...