Kapitel 7

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Es kam näher. Langsam konnte man Umrisse eines menschlichen Wesens erkennen. Da war so ein komisches Schimmern. Ich packte Danny am Arm, worauf er mich fragend von der Seite ansah. Nun konnte ich es genauer erkennen. Ein Junge... er trug etwas im Arm. Ein Mädchen. Sie kamen noch näher. Das Mädchen, es hatte die Augen geöffnet. Doch sie hing einfach in seinen Armen und rührte sich nicht. War sie etwa.. tot? Ich stieß einen Schrei aus. Der Junge sah mir erschrocken in die Augen und von einem Moment auf den anderen war es, als würde seine Gestalt und die des Mädchens einfach verwischen und ins Nichts verschwinden. Ich hatte alles ausgeblendet und merkte erst nach ein paar Sekunden, dass Danny wie wild auf mich einredete. "Hallo? Ich rede mit dir! Was ist denn eigentlich los?", fragte er fassungslos. "Was? Ehhm, ich.. hast... hast du nicht..", ich faste mir an die Stirn. Nun sah er mich noch verwirrter, aber auch besorgt an. "Any... was is mit dir? Warum fängst du einfach so an zu schreien?" Er legte seine Hand auf meine Schulter. Mir war klar, dass er die beiden nicht gesehen hatte. Mann. Warum passierte mir das alles? Hatte das irgendeinen bestimmten Grund? Niedergeschlagen legte ich meinen Kopf auf seine Schulter, woraufhin er mich in eine Umarmung zog. Sanft streichelte er meinen Rücken entlang. 'Das war nicht echt, das hast du dir nur eingebildet', redete ich mir immer wieder ein. Langsam beruhigte ich mich einigermaßen. "Du musst nichts erklären. Ist schon gut. Ich mach' mir nur Sorgen." Wie süß. Ein paar Sekunden standen wir so da. "Ich bin so müde.", nuschelte ich in seinen Pulli. Ohne noch ein Wort zu sagen, legte er seine eine Hand unter meine Arme, die andere unter meine Beine und hob mich hoch. "Na komm, ich bring dich nach Hause." Ich schaute zu ihm auf und sah ihn dankbar an. Er nickte und ich ließ erschöpft meinen Kopf auf seine Brust fallen.
Wahrscheinlich war ich in seinen Armen eingeschlafen, denn als ich aufwachte, lag ich zugedeckt in meinem Bett und es war noch dunkel. Ich nahm mein Handy und schaute auf die Uhr: 2:37. Ich ließ mich wieder in mein Kissen sinken. Ich hatte gerade die Augen zu gemacht, als ein dumpfes Geräusch von meinem Fenster kam. Ich zuckte zusammen. Was war das? Ich beschloss, es zu ignorieren und zu schlafen. Da war es schon wieder. Ich setzte mich auf. Sollte ich nachsehen? Zögernd und ängstlich, stand ich auf und ging mit langsamen Schritten auf das Fenster zu. Ich nahm den Vorhang ganz vorsichtig zur Seite. Dort draußen war nichts zu sehen und ich zog den Vorhang wieder zu. Ich drehte mich um und dort stand er. Das Licht des Mondes, das durch den kleinen Schlitz, durch den Vorhang schien, erhellte sein Gesicht. Bevor ich losschreien konnte, kam er auf mich zu gerannt und hielt mir die Hand vor den Mund. Ich keuchte so heftig wie noch nie und rang nach Luft. "Ganz ruhig.", kam es von ihm. "Ich will dir nichts Böses, ok? Also. Wenn ich jetzt meine Hand wegnehme, versprichst du mir, nicht zu schreien?" "Mhmm", presste ich ein paar Tonlagen zu hoch durch seine Hand hervor. Langsam entfernte er sie und stellte sich vor mich. "Was willst du? Was machst du hier? Kannst du nicht einfach verschwinden?", krächzte ich. Meine Worte ignorierend, fing er an:"Ich bin aus einem bestimmten Grund hier. Saico hat mich informiert. Hör zu, das was du vorhin gesehen hast, hat dich bestimmt schockiert, aber du musst es wieder vergessen. Denk am besten nicht drüber nach und erzähl es niemandem. Weder deinem kleinen Freund, der dabei war, noch sonst jemandem, kapiert?" Ich starrte ihn nur an. "Ob du das kapiert hast, hab ich gefragt.", sagte er nun etwas lauter. "Nein... Nein! Ich kapiere gar nichts, verstehst du? Weder, dass du ständig auftauchst und irgendwelche komischen Sachen passieren, noch, dass keiner sehen kann, was ich sehe und mir irgendein Junge mit einem Scheiß toten Mädchen auf dem Arm über den Weg läuft!" Während ich sprach, wurde ich immer lauter und ich war kurz davor aufzuschluchzen. Er sah mich etwas erstaunt an und ich glaubte, ein kleines Fünkchen Mitleid in seinen Augen zu erkennen. "Gut, ok ich verstehe.." Ich unterbrach ihn. "Du verstehst nicht, ok? Sag mir endlich, was hier los ist verdammt!" Er atmete aus. "Ich kann es dir nicht sagen. Und glaub mir, es ist besser so." Er drehte sich um. Ich wollte ihn aufhalten, doch er war genauso schnell wieder weg, wie er gekommen war. Verzweifelt stand ich da und sah ihm hinterher.
POV Ardy
Verdammt! Ich hätte wissen müssen, dass sie es ist. Meine Erinnerungen an sie waren zurückgekehrt. Wieso bin ich nur so blind gewesen? Egal. Ich musste sie sowieso so schnell wie möglich wieder vergessen. Ich könnte nicht zulassen, dass ihr etwas geschieht.

Invisible | ArdyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt