III. Treffen am Strand

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Über die nächsten Wochen trafen wir einige Male zufällig aufeinander. Meistens hatte Arielle mal wieder irgendetwas gefunden und wollte wissen, was es ist. Manchmal fragte er über meine Familie und mein Leben an Land. Im Gegenzug erfuhr ich, dass Arielle einer der Kinder Tritons ist und damit ein Prinz der sieben Weltmeere. Seine sechs anderen Schwestern waren die Prinzessinnen je eines Weltmeeres. Bis jetzt hatte ich allerdings noch nicht erfahren, von welchem Meer genau er der Prinz war.

Ebenfalls erzählte er mir, dass er einen Freund namens Fabius hatte, mit dem er alle seine Unternehmungen und Suchen machte. Fabius war ein Doktorfisch, zumindest würde ich das behaupten nach der Beschreibung von Arielle. Scuttle war eine Möwe und sie gab sich gern für einen totalen Menschenkenner aus. Aus Erfahrung weiß ich, dass das nicht hundertprozentig stimmte. Zumindest fragte Arielle immer sie, wenn er eine Frage zu einem Gegenstand hatte und ich nicht da war, bevor er mich bei manchen Sachen dann fragt, bei denen er sich unsicher ist. Im Regelfall, also eigentlich immer, hatte Scuttle sich irgendwas zusammen gesponnen und es ihm dann erzählt. Ich kann mich gar nicht mehr an alles erinnern, was sie ihm da eingeredet hatte. Aber es machte mir Spaß, ihm die Dinge zu erklären, von daher beschwerte ich mich gar nicht so sehr.

Das nächste Treffen war allerdings nicht wie sonst irgendwo im Meer, sondern am Strand. Ich saß gemütlich im warmen Sand und genoss die Sonne, als ich seine Flosse im Wasser schimmern sah.

Außer mir war keiner am Strand, also musste ich mir keine Gedanken darüber machen, dass jemand beim Anblick eines Meermannes einen Kollaps bekam. Arielle zog sich auf einen Stein, der aus dem Wasser ragte, nachdem er ebenfalls sichergestellt hatte, dass keiner am Strand war. Er wollte zwar zu gern an Land, aber ihm wurde immer noch von seinem Vater eingetrichtert, dass Menschen böse waren. Zum Glück hatte er nie Angst vor mir gehabt.

Er winkte mir fröhlich zu, während ich die paar Schritte ins Wasser nahm, um zu ihm zu gehen. Mit einem strahlendem Lächeln setzte ich mich neben ihn. "Du bist endlich am Stand", stellte ich fröhlich fest, auch wenn ich nur ein lächelndes Augenrollen von dem Meermann neben mir bekam. "Ich bin immer noch nicht am Stand. Nur in der Nähe." "Ein Fortschritt so oder so. Also, was bringt dich hierher?"

Er drehte den Kopf leicht weg und kratzte sich am Hinterkopf, während er lächelte. Ich glaube, er wurde rot. "Ich hatte gehofft, dass du da bist", murmelte er leise, allerdings verstand ich ihn ausgezeichnet. "Dann hast du wohl Glück gehabt. Hier bin ich", meinte ich und breitete theatralisch die Arme aus, woraufhin Arielle leicht lachte. "Das stimmt wohl."

"Also, womit darf ich Ihnen behilflich sein?" Seine Augen leuchteten auf, bevor er mir einen Korkenzieher unter die Nase hielt. "Scuttle sagt, das stecken sich die Menschen in die Nase, aber das sieht ziemlich gefährlich aus." Das beweist meine These von vorhin nur nochmal.

Leicht drückte ich seine Hand nach unten. Meine Finger kribbelten bei der Berührung. "Man nimmt es auch nicht dafür. Das ist ein Korkenzieher." Er probierte das Wort wieder aus, was mich sanft lächeln ließ. "Wir neben es, um Flaschen, die mit Korken verschlossen sind, aufzumachen." "Und in Flaschen war Trinken drin, richtig?" Ich nickte stolz, bevor ich ihm erklärte, wie man einen Korkenzieher benutzte. Mit einem Nicken hatte er diese neue Info abgespeichert, bevor er mir den nächsten Gegenstand entgegenhält. Einen Eierbecher. Wie findet er nur immer solche Sachen?

"Ist das eine kleine Tasse? Da fehlt aber dieses Ding an der Seite." "Dieses Ding an der Seite ist ein Henkel. Es gibt aber auch Tasse ohne Henkel. Das allerdings ...", während ich sprach, nahm ich ihm den Becher aus der Hand, "... ist ein Eierbecher. Wir legen gekochte Eier da rein, bevor wir sie essen." "Kochen war über dem Feuer, ja?" "Genau. Du wirst wirklich besser darin." "Nur dank dir." "Ach, das mache ich doch gern."

Mit einem Lächeln packte er den Eierbecher wieder in seine Tasche. "Ich wollte dir noch sagen, dass ich die nächste Woche nicht da sein werde." Sein Lächeln verschwand schneller, als ich blinzeln konnte, und er sah mich traurig an. "Warum? Eine Woche ist so lang." Ich lächelte sanft, bevor ich meine Hand auf seine legte. Das Kribbeln ging wieder los. "Ich gehe mit meinem Bruder Eric – ich habe dir schon mal von ihm erzählt – auf eine Schiffsreise. Es ist sein Geburtstag in ein paar Tagen, und er wollte das auf See feiern. Eine Woche schaffst du auch ohne mich."

Seine Schultern sackten ab und ich hatte das plötzliche Verlangen, ihn zu umarmen. "Dann bist du ja gar nicht da, wenn Korallenmond ist." "Nein, tut mir leid. Eric hat genau am Tag des Korallenmondes Geburtstag." Arielle seufzte nur. "Aber danach sehen wir uns doch wieder. Nur ein paar Tage. Ich bin ja nicht aus der Welt. Dann musst du wohl Scuttle vorübergehend fragen, wenn du irgendwas findest." "Aber bei Scuttle stimmt das nicht immer." Ich musste mir verkneifen, das 'nicht immer' in 'nie' zu korrigieren. "Dann fragst du mich eben danach nochmal, wenn du dir nicht sicher bist. So wie immer." Er lächelte traurig. "Okay."

Mit Nachdruck zeigte er dann einen Finger auf mich. "Aber du kommst sofort vorbei, wenn du wieder da bist." Sanft drückte ich seine Hand nach unten. "Mach' ich, Arielle. Mach' ich." Ein leichtes Lächeln kehrte auf seine Lippen zurück. "Dann ist gut."


Abgetaucht (m. Arielle - Arielle, die Meerjungfrau)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt