Am nächsten Tag liefen Arielle und ich gemütlich zur Stadt. Wir mussten zwar einige Pausen einlegen, wenn Arielle mal wieder weggeknickt oder einfach erschöpft war. Ich zeigte ihm einige Teile der Stadt, von denen ich dachte, dass er sie interessant finden würde. Besonders fasziniert schien er von der Schmiede gewesen zu sein, zumindest blieben wir eine ganze Weile dort stehen und sahen dem Schied zu, wie er ein neues Schwert herstellte.
Doch mein eigentliches Ziel war der Marktplatz. Angekommen war der Platz vollgestopft mit Leuten. Man konnte die Gespräche und die Musik schon von Weitem hören.
Die Stände waren eng an eng zusammengestellt, und von jeder Richtung wurden verschiedenste Dinge angeboten. Ich nahm mir eine frische Kokosnuss, die mir ein freundlicher Herr anbot, und folgte weiter Arielle, der wie verzaubert durch die Gänge ging und nicht gerade selten fast in andere Leute hineinlief.
Ich sah gerade, wie eine Frau Arielle eine Blume anbot und er sie lächelnd annahm, bevor er ohne Umstände die Blüte abbiss. Das Lachen musste ich mir wirklich verkneifen, während ich wieder zu Arielle aufholte. "Die Blumen isst man eigentlich nicht. Die sind zum Angucken oder Verschenken." Mit einem verlegenen Lächeln wurde er rot und schmiss den Stiel beiseite.
Der nächste Stand bot uns beiden zwei Schüsseln Früchte an, die ich dankend entgegennahm, während Arielle nach zwei Gabeln griff. Wir tauschten je eins und begannen zu essen.
Hätte ich ihm gestern nicht gezeigt, wie eine Gabel funktioniert, wäre das hier wahrscheinlich anders verlaufen. Nachdem wir aufgegessen hatten, gaben wir der Frau das Geschirr zurück und gingen weiter.
Ab und an grüßten mich die Leute, wenn sie mich als die Prinzessin erkannten, was ich nur mit einem freundlichen Lächeln erwiderte. Als ich Arielle mal kurz aus den Augen verlor, fand ich mich wenig später in einer ganzen Meute von tanzenden Leuten wieder. Arielle mitten drin. Er schwang zwar nur von einem Bein auf das andere, allerdings hatte ich da schon Sorge, dass er sich auf den Sand legte. Doch schienen ihn seine wackligen Beine nicht zu stören, weshalb ich mich ebenfalls von der guten Stimmung mitreißen ließ. Irgendwann hatte dann auch Arielle die Tanzschritte raus und wir tanzten zusammen zu der schnellen Melodie.
Nach einiger Zeit nahm er meine Hand, wie er es wahrscheinlich bei den anderen gesehen hatte, und drehte mich im Kreis, bevor er mich zu sich zog. Vom Aufprall stolperte er einen Schritt nach hinten, doch ich griff schnell nach seinen Armen und wir lachten beide darüber.
So schnell wie er begonnen hatte, war die Tanzeinlage auch wieder beendet. Die Menschen verteilten sich wieder, während es langsam anfing zu dämmern.
Nach der ganzen Bewegung setzten Arielle und ich uns erstmal auf eine Bank, um Luft zu holen. "Hat es dir gefallen?" Mit einem breiten Grinsen nickte er eifrig. Dieses Ja war eindeutig. "Was hat dir am besten gefallen?" Er deutete auf den Brunnen, wo wir gerade getanzt hatten, und dann auf mich. "Mit mir zu tanzen?" Nochmal nickte er, wobei ich rot wurde und mein Herz schneller schlug. Er musste nicht mal etwas sagen und ich reagierte schon so.
Plötzlich fiel mir noch etwas ein. "Ich muss dir noch was zeigen. Denkst du, du kannst noch ein Stück laufen?" Mit einem Nicken stand er auf, gefolgt von mir, bevor ich ihn in Richtung des Waldes lotste. Nicht viel später kamen wir an einem See an.
Ich war gerne hier, denn wenn man sich eins der Boote nahm, die hier angelegt hatten, und ein Stück auf den See fuhr, konnte man perfekt die Sterne beobachten. Außerdem gab es einen wunderschönen Wasserfall, der sehr schön anzusehen war. Die Szenerie war auch wirklich fabelhaft zum Lesen.
Ich ging zu einem der Boote und setzte mich hinein, bevor ich zu Arielle aufsah. "Hast du Lust, Boot zu fahren?" Er nickte und setzte sich neben mich auf das Sitzbrett. Mir wurde sofort warm, wenn ich nur darüber nachdachte, wie nah wir uns gerade waren.
Leicht mit dem Kopf schüttelnd, nahm ich die Ruder in die Hand und brachte uns mittig auf den See, bevor ich die Ruder weglegte und mich zurücklehnte. Arielle tat es mir gleich.
"Ich bin ganz ehrlich. Ich habe keinen Schimmer von Sternen oder Konstellationen, aber ich gucke sie mir gerne an." Als ich zu ihm herübersah, lachte er tonlos. Ich sah, wie das Boot wie von allein weiter zum Wasserfall schwamm, weil über uns langsam immer mehr Palmenblätter erschienen. Im Hintergrund hörte ich das Wasser plätschern und die Grillen zirpen, doch ich sah ihn weiter an. Er hatte meinen Blick bestimmt gespürt, denn er drehte sich sanft lächelnd zu mir.
Über uns legte sich eine angenehme Stille, während wir uns beide ansahen. Ich konnte spüren, wie ich rot wurde, doch ließ mich davon nicht abbringen.
Sanft strich ich ihm eine Locke aus dem Gesicht und fuhr gedankenverloren seinen Konturen nach. Es schien ihm nichts auszumachen, denn er lächelte nur weiter. Ohne darüber nachzudenken, lehnte ich mich nach vorne, genauso wie er auch. Meine Hand fand seine Wange und er legte seine auf meinen Arm, als wir uns immer näher kamen.
Doch als nur noch wenige Zentimeter uns trennten, kippte das Boot plötzlich und wir beide landeten im kalten Wasser. Vor Schreck war jegliches Knistern in der Luft verflogen. Als wir auftauchten, lachten wir beide nur. "Wie ist das denn passiert?", brachte ich zwischen meinen Atemzügen heraus, woraufhin Arielle nur die Schultern zuckte und ebenfalls Luft holte.
Nachdem wir das kleine Stück zum Ufer überwunden hatten, patschten wir klitschnass bis zum Schloss zurück. Das war mir bis jetzt auch noch nie passiert. Die Boote sind eigentlich ziemlich balanciert, solange man sich nicht exzessiv bewegt, und das war nun wirklich nicht der Fall.
Wir haben uns nur ... fast geküsst. Denkt darüber nicht zu lange nach, Emily. Sonst bekommst du dein Herz gar nicht mehr unter Kontrolle.
Wir kamen gerade ins Schloss herein, als ich die Stimme meiner Mutter hörte. Schnell versteckten Arielle und ich uns in einem kleinen Gang.
"Hast du Emily heute gesehen, Grimsby? Oder war sie den ganzen Tag im Zimmer, wie gestern?" "Sie ist heute in der Stadt gewesen, Eure Majestät." Grimsby und meine Mutter liefen gerade an uns vorbei, doch hatten uns zum Glück nicht gesehen. Anscheinend trat Mutter gerade in eine der Pfützen, die wir hinterlassen hatten, denn sie quiekte kurz auf. "Oh, warum ist ... war Emily etwa wieder tauchen?" "Es scheint so, Eure Majestät. Ich kümmere mich darum und Ihr solltet euch ausruhen." "Ich nehme an, das sollte ich. Danke, Grimsby. Gute Nacht."
Ein Paar Schritte entfernten sich, doch das andere Paar stand wenig später neben mir. Soviel zum unentdeckt bleiben.
"Willkommen zurück, Madame. Ich hoffe, sie beide hatten einen schönen Ausflug." Wir traten zusammen aus dem Gang heraus, während Arielle nickte. "Danke, Grimsby. Das hatten wir."
"Sie hatten einen langen Tag, Sir. Ich empfehle Ihnen daher eine Mütze voll Schlaf", meinte Grimsby lächelnd zu Arielle, der nickte. "Und womöglich wollen Sie sich noch abtrocknen. Ich lasse sofort ein paar Handtücher auf Ihr Zimmer bringen. Und auf Ihres natürlich auch, Madame."
Ich lachte verlegen. "Danke, Grimsby. Wir waren am See und unser Boot ist irgendwie umgekippt." Grimsby lachte freundlich, während Arielle schon die Stufen hochging, bevor er sich noch einmal umdrehte und winkte. "Gute Nacht, Arielle. Schlaf gut." Mit einem Nicken drehte er sich um und ging die Stufen zu seinem Zimmer hoch. Grimsby blieb weiter neben mir stehen. Er wollte anscheinend noch etwas sagen.
"Ihr scheint euch gut zu verstehen." Ich lachte leicht und kratzte mich am Hinterkopf. "Das tun wir." "Ich wollte Ihnen noch mitteilen, dass die Suche heute erfolglos war, falls das in Ihrem Interesse liegt, Miss." Das war zu erwarten. "Was haben Sie gesagt?" Oh, das habe ich laut gesagt. "Nichts, Grimsby. Ich meinte nur, dass ich das erwartet habe." Warum auch immer, schien ihn das nicht zu überraschen. "Warum, wenn ich fragen darf, Miss?" Ich seufzte, weil ich die echte Geschichte wohl kaum erzählen durfte. "Weil ich mir sicher bin, dass der Gesuchte sich bereits im Schloss befindet", meinte ich deshalb nur und sah die Treppe hinauf. "Ich verstehe."
Er räusperte sich, bevor er nochmal sprach. "Darf ein alter Mann Ihnen einen Rat geben, Miss?" "Natürlich", meinte ich und sah zu ihm. "Wenn Sie wissen, was Sie wollen, dann sollte Sie ein gescheiterter Versuch nicht aufhalten, es zu bekommen." Damit verabschiedete er sich und ging seines Weges.
Ich wusste nicht, ob er damit den gescheiterten Versuch Eric zu überzeugen oder den fast Kuss meinte. Von beidem sollte er eigentlich nichts gewusst haben.
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Abgetaucht (m. Arielle - Arielle, die Meerjungfrau)
FanficMan hätte ahnen können, dass die beiden sich früher oder später treffen mussten. Eine Prinzessin, die lieber taucht, als sich im Schloss aufzuhalten, musste irgendwann auf die Meeresbewohner treffen, die sie vorher nur für einen Mythos gehalten hatt...