Schon seit längerer Zeit weiß ich, dass etwas mit mir nicht stimmt. Ständig passieren mir merkwürdige Sachen. Wenn ich wütend bin, lasse ich einfach so Fensterscheiben zerbarsten. Wenn ich glücklich bin, wachsen ganz in der Nähe plötzlich Rosen.
Eigentlich komme ich mit den anderen Kindern gut klar, doch viele haben Angst vor mir. Ich verstehe nicht, warum. Ich verstehe nicht, warum mir ständig diese komischen Dinge passieren, aber ich weiß, dass ich mir das Leben anders nicht vorstellen könnte.
Auch jetzt beobachte ich gebannt, wie sich die Blüte in meiner Hand öffnet und schließt, so, wie ich es gerade will. Ich kichere, denn es ist lustig und macht Spaß.Meine Eltern haben gesagt, ich soll aufpassen, was ich tue und sie sagen, ich sollte es nicht mit Absicht machen, aber ich tue ja nichts, was irgendjemandem weh tut. Sie denken immer, dass alles was ich durch meine Gedanken und meine Stimmung beeinflusse, schlecht sei. Jetzt will ich sie vom Gegenteil überzeugen. Meiner Schwester wird das gefallen, da bin ich mir sicher.
Ich lasse die Blüte fallen und sie wird vom Wind weggeweht. Einen Moment lang schaue ich ihr nach, dann laufe ich die schmale Straße entlang.
Ich bleibe abrupt stehen, als ich aus dem Augenwinkel einen Schatten sehe. Ich drehe mich um, doch dort ist nur der leere Vorgarten zu sehen. Wahrscheinlich war es nur eine Katze, denn davon gibt es hier viele.
Ich laufe weiter, bis ich vor unserem Haus stehe. Ich klettere auf den Baum, der an der Seite des Hauses steht und ziehe mich auf einem der dicken Äste nach vorne, sodass ich jetzt direkt vor dem Fenster meiner Schwester sitze. Ich klopfe drei Mal an die Scheibe und höre, wie sie etwas umkippt und daraufhin flucht. Meine Schwester flucht gerne, obwohl Mama und Papa das verboten haben.
Sie öffnet das Fenster und sieht mich erwartungsvoll an. Ich beuge mich nach vorne und falle dabei fast vom Ast, doch Petunia nimmt meine Arme und zieht mich durchs Fenster in ihr Zimmer. Ich rolle auf den Boden und rapple mich auf. Meine Schwester verdreht die Augen.
"Komm mit Tunia, ich will dir was zeigen!"
"Wohin? Ich will jetzt nicht, draußen ist es viel zu kalt und außerdem haben Mama und Papa gesagt, dass wir nicht nach draußen dürfen, wenn sie nicht da sind!"
Jetzt verdrehe ich die Augen. Manchmal ist sie ein echter Spielverderber. Warum muss sie denn immer so ernst sein?
"Die Sonne scheint und es ist überhaupt nicht kalt! Jetzt komm schon, Mama und Papa werden das schon nicht mitbekommen, die kommen erst heute Abend."
Sie seufzt und ich weiß, dass ich gewonnen habe. Ich grinse sie an, nehme ihre Hand und ziehe sie aus dem Zimmer. Zum Verlassen des Hauses nehmen wir doch lieber die Haustür, denke ich mir.
Während ich schon einmal nach draußen laufe und aufgeregt hin und her springe, zieht sich Petunia ihre Schuhe an.
"Tunia, warum brauchst du so lange? Komm schon, wir gehen doch nur zum Spielplatz!"Sie murmelt etwas, doch sie spricht so leise, dass ich es nicht verstehen kann. Stattdessen schaue ich mich verwirrt um, denn ich habe das Gefühl, dass schon wieder der Schatten an mir vorbeigelaufen ist.
Dann schnurrt neben mir eine Katze und ich atme erleichtert aus.
"Hallo du kleine Katze. Was machst du denn hier? Du hast mich aber erschreckt, das ist gar nicht nett!"
Ich streichle sie und dann ist meine Schwester auch endlich fertig. Ich renne vor und höre sie rufen, ich solle nicht so schnell laufen, doch ich bin viel zu aufgeregt. Ich werde ihr beibringen zu fliegen und ich werde ihr zeigen, dass sie mit ihren Gedanken etwas bewirken kann! Ja, ich werde meiner Schwester zeigen, dass sie das auch kann.
Am Eingang des Spielplatzes warte ich auf sie. Als sie da ist, läuft sie stur an mir vorbei und lässt sich auf eine der beiden Schaukeln fallen. Ich lächle - Ich habe auch große Lust zu schaukeln!
Ich setze mich auf die andere und fange an nach vorne und nach hinten zu wippen. Eine Weile schaukeln wir nebeneinander her und schweigen uns an.
"So Lily. Was wolltest du mir jetzt zeigen?"
Ich grinse. "Pass mal auf, ich kann fliegen!"
Petunia hingegen lächelt nicht. Sie schaut mich mit vor Schreck aufgerissenen Augen an, als wollte sie mir sagen, ich sei verrückt geworden.
Ich drehe mich nach vorne und konzentriere mich und versuche, meine Schwester nicht zu beachten. Ich weiß gar nicht, warum sie so dagegen ist. Ich schwinge immer höher und jetzt ist es so weit.
Ich lasse die Schaukel los, als ich ganz oben bin und augenblicklich werde ich vom Glück durchströmt. Ich höre, wie meine Schwester noch "Lily, nein, mach das nicht!" kreischt, doch es ist mir egal. Es macht mich zwar traurig, dass sie sich nicht darüber freut, aber es macht einfach so viel Spaß. Das wird sie bald auch noch verstehen. Ich lande sanft auf meinen Füßen und drehe mich kichernd zu Petunia um."Mummy hat dir gesagt, dass du das nicht tun sollst", sagt sie, während sie ihre Schaukel anhält. "Mummy hat gesagt, dass du das nicht darfst, Lily!"
"Aber mir geht's gut", erwidere ich und kann einfach nicht aufhören, zu kichern. Da fällt mir ein, warum ich meine Schwester überhaupt hierher geholt habe. Ich laufe springend zu einem Strauch und hebe eine der Blüten auf, dann alufe ich zurück zu Petunia und halte die Blüte in meiner offenen Hand. "Guck mal, Tunia. Schau, was ich machen kann."
Meine Schwester kommt näher und betrachtet die Blüte. Sie rümpft die Nase. Ich konzentriere mich und strecke ihr die Hand entgegen.
Die Blüte öffnet sich und schließt sich und ich fange wieder an zu kichern."Hör auf damit!", kreischt meine Schwester.
Ich schließe meine Hand um die Blüte und lasse sie fallen. "Die tut dir doch nichts", murmle ich. Warum ist alles was ich mache falsch? Es ist nichts gefährliches dabei und trotzdem....
Petunia starrt auf die Blüte. "Das macht man nicht."
Ich beiße mir auf die Unterlippe, als Petunia barsch sagt: "Wie kriegst du das hin?"
Ich reiße die Augen auf. Also interessiert sie sich doch dafür, denke ich erleichtert. Ich öffne den Mund, um etwas zu sagen, doch in dem Moment bewegt sich ein dunkler Schatten hinter den Sträuchern und ein Junge tritt hervor. "Ist doch klar, oder?"
Meine Schwester schreit auf und läuft in Richtung der Schaukeln, doch ich bleibe ruhig stehen und schaue den Jungen an. Er hat lange schwarze Haare, seine Jeans sieht aus, als wäre sie zu kurz und er trägt einen viel zu langen Mantel. Er kommt mir bekannt vor, obwohl ich mir sicher bin, ihn noch nie zuvor gesehen zu haben.
"Was ist klar?", frage ich bestimmt.
Der Junge schaut sich unsicher und nervös um und sein Gesicht ist mittlerweile rot wie eine Tomate. Ich muss fast grinsen bei dem Gedanken, dass es ihm peinlich ist, dass er uns heimlich beobachtet hat, aber das ist total gemein, also starre ich ihn immer noch ernst an.Er flüstert: "Ich weiß, was du bist."
Heißt das, er weiß, warum mir ständig diese verrückten Dinge geschehen? Jetzt hat er mich neugierig gemacht.
"Was meinst du?"
Er zögert, dann atmet er einmal tief durch. "Du bist... du bist eine Hexe."
Ich verschränke die Arme und verziehe das Gesicht. Ist das sein ernst? Wenn er mich beleidigen will, dann kann er das auch so tun und muss mir nicht erst nachspionieren. Dann soll er sich doch den anderen Grüppchen anschließen, die mich gerne beleidigen. In den Geschichten, die erzählt werden, sind Hexen immer böse. Die Hexen wurden verbrannt und heute gibt es keine Hexen mehr. Was fällt ihm eigentlich ein, mich als Hexe zu beschimpfen?
"Es ist nicht besonders nett, wenn man jemandem das sagt!"
Ich drehe mich um und laufe zu Petunia, die an den Schaukeln steht und uns anscheinend gespannt beobachtet."Nein!", höre ich den Jungen rufen, doch ich ignoriere ihn und stelle mich jetzt neben meine Schwester. Wir blicken ihn an und beobachten, wie er immer näher kommt. Er soll bloß weg bleiben!
"Du bist eine", ruft er. "Du bist eine Hexe. Ich hab dir schon eine Weile zugeschaut. Aber das ist nichts schlimmes. Meine Mum ist auch eine und ich bin ein Zauberer."
Ich schnaube und bete, dass dieser verrückte Junge endlich verschwindet, während Petunia anfängt zu gackern."Zauberer!", kreischt sie und lacht ihn aus. "Ich weiß, was du bist. Du bist dieser Junge von den Snapes. Die wohnen am Fluss unten in Spinner's End."
Den letzten Satz richtet sie an mich. Jetzt weiß ich auch wieder, warum er mir so bekannt vorkommt.
"Warum hast du uns nachspioniert?", fragt Petunia den Jungen. Ich nicke, denn das würde ich auch gerne wissen."Ich hab nicht spioniert", sagt er, immer noch verlegen doch mittlerweile hört man die Verzweiflung in seiner Stimme. Er wendet sich Petunia zu. "Dir würd ich sowieso nicht nachspionieren. Du bist ein Muggel."Er spuckt ihr das Wort förmlich ins Gesicht und ich zucke dabei zusammen. Was ist ein Muggel und warum ist Petunia sowas?Petunia tippt mir auf die Schulter. "Lily, komm, wir gehen!" Da mir das hier alles zu viel wird und ich keine Lust habe, mich noch weiter als Hexe beleidigen zu lassen, folge ich ihr. Ich funkle den Jungen im Vorbeigehen zornig an, dann fange ich an zu grinsen, als er mich nicht mehr sehen kann. Wir verlassen den Spielplatz und nachdenklich laufe ich hinter meiner Schwester her. Sie murmelt "Spinner", dann höre ich ihr nicht mehr zu. Ich bin doch keine Hexe... oder? Er hat gesagt, er sei ein Zauberer. Warum sollte er so etwas behaupten, wenn es nicht wahr ist? Es würde zu den merkwürdigen Geschehnissen passen, doch das kann einfach nicht wahr sein. Ich kann keine Hexe sein...
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Severus und Lily - geliebt, gekämpft&verloren
FanfictionLily Evans, die Mutter des berühmten Harry Potter. Severus Snape, Harrys verhasster Zaubertränkelehrer. Sie haben geliebt und gekämpft - doch haben sie letztendlich auch verloren?