Teil 5 - Lily

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Als Severus mich entdeckt, reißt er überrascht und freudig zugleich die Augen auf. Langsam kommt er auf uns zugeschlendert.
"Ich habe ihn nicht eingeladen", flüstere ich. "Aber er hat doch genauso wie wir das Recht, das schöne Wetter zu nutzen, um schwimmen zu gehen."
Ich wende mich von meiner Schwester ab und begrüße meinen Freund.
"Hey Lily. Wie gehts? Freust du dich schon auf Ho..." Ich werfe ihm einen warnenden Blick zu und deute auf Petunia, die das Gesicht angeekelt verzieht. Bevor ich antworten kann, bricht es aus ihr heraus: "Verzieh dich dahin, wo du hingehörst, du Spinner! Lass meine Schwester in Ruhe. Du bist durchgeknallt!"
Severus senkt den Blick. Als ich keine Anstalten mache, ihn zu verteidigen, zuckt er mit den Schultern, dreht sich um und geht langsam davon. Ich schaue ihm nach. Als er beinahe außer Sichtweite ist, dreht er sich noch einmal zu mir um und ich sehe die Enttäuschung in seinen Augen. Auch ich lasse jetzt die Schultern hängen. Ich wollte ihn nicht verletzen, aber ich wollte auch keinen Streit mit meiner Schwester anfangen. Heute sollte doch der Tag sein, an dem ich mich mit ihr versöhnte. Ich hoffe inständig, dass Sev mir nicht allzu böse ist und er es verstehen wird.
"He Lilly, nun steck doch nicht gleich den Kopf in den Sand. Der Spinner wird sich schon wieder einkriegen. Er mag dich viel zu sehr, als dass er lange sauer auf dich sein könnte." Petunia grinst mich an und ich merke, wie mir das Blut in den Kopf schießt. "Wehe du redest dich da jetzt irgendwie raus. Jeder Blinde sieht doch, dass er dich sehr mag. Komm lass uns schwimmen gehen"

Einen halben verschluckten See später, liegen wir lachend auf unserer Decke am Ufer und betrachten den beinahe wolkenlosen Himmel. Die Abkühlung tat uns beiden wirklich gut und auch Petunia konnte nicht länger leugnen, dass es ihr sehr viel Spaß machte.
"Schau mal Lily, die sieht aus wie eine Mistgabel." Sie deutete kichernd auf die einzige Wolke, die am Himmel über uns zu sehen war.
"Findest du? Für mich sieht sie eher aus wie ein Hexenbesen", erkläre ich ihr. Sofort erstirbt ihr Lachen und ich beiße mir auf die Unterlippe, als mir klar wird, was ich gerade gesagt habe. Einen Moment lang sagt niemand etwas. Schweigend liegen wir nebeneinander. Als Petunia die Stille unterbricht, schaue ich sie verblüfft an. "Ich möchte nicht, dass du gehst." Ihre Wangen nehmen einen leichten Rosaton an und ich bin so erstaunt, dass ich nicht weiß, was ich sagen soll.
"Weißt du, Lil. Wir waren immer ein super Team. Und dann kommt dieser Sevellus oder wie auch immer und bringt alles durcheinander! Du musst da nicht hingehen. Es gibt bestimmt andere Möglichkeiten, wie du lernen kannst, mit diesen Kräften umzugehen. Dann kannst du hier bleiben und ein normales Leben führen. Alles könnte wie früher werden..." Sie ist den Tränen nahe und auch ich merke, wie sich meine Augen langsam mit Wasser füllen. Das klang alles so aufrichtig. So hatte sie noch nie mit mir gesprochen.
Ich nehme sie in den Arm und streichle ihr sanft über den Kopf. Flüsternd erkläre ich ihr, warum ich unbedingt nach Hogwarts möchte. Es geht mir nicht darum, etwas Besonderes zu sein und möglichst viel Aufmerksamkeit von Mama zu bekommen. Viel wichtiger ist mir die Tatsache, dass ich dort, in Hogwarts, Leute treffen werde, die genauso sind wie ich. Das bedeutet aber nicht automatisch, dass mir meine Familie nicht mehr wichtig ist.
"Heißt das, dass du bald nicht mehr so viel mit dem Spinnerus rumhängen wirst?", fragt sie schniefend. Ich lache. "Naja, er ist mein Freund und daran wird sich nichts ändern. Aber ich hoffe, dass ich dort auch andere Freunde finden werde. Ich wollte nie, dass du dich vernachlässigst fühlst, Tunia." Ich drücke ihre Hand.
Sie schaut mich mit verquollenen Augen an. "Das habe ich aber. Ich hatte immer das Gefühl, dass dir das alles wichtiger ist als ich. Dass du nur noch mit ihm abhängen wolltest, weil es aufregender ist." Ich schüttle den Kopf. "Ich weiß, dass ich viel Zeit mit Severus verbracht habe. Ich wollte eben möglichst viel über Leute wie mich herausfinden und er konnte es mir erzählen. Aber ich hatte nie das Gefühl, dass du dich dafür interessiertest, sondern dass du nichts mehr mit mir zu tun haben wolltest. Warum hast du denn nicht eher etwas gesagt?"
Unschuldig zieht sie die Schultern hoch.
"Versprichst du mir, dass du ab und zu von dir hören lässt? Also dass du mir Briefe schreibst und mir von Hogschwarz erzählen wirst?"
Ich grinse sie freudig an und verzichte darauf, ihren Fehler zu korrigieren. "Jeden Tag", beteuere ich ihr.
Hand in Hand laufen wir hinunter und lassen uns in das eisige Wasser des Sees fallen.

Severus und Lily - geliebt, gekämpft&verlorenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt