Chapter 9

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„Zoro."

Zoro wandte sich um, um nach der Stimme zu suchen. Er konnte niemanden sehen. Nur schwarzen Sand, der sich in alle Richtungen erstreckte. Es gab keinen schwarzen Sand in Anreem. Wo war er?

Links von ihm war die See, ein wilder, aufgepeitschter Spiegel, der den Himmel über ihm nur in zerfetzten Fragmenten wiedergeben konnte. Hier ein Bruchstück Sturmgrau, hier ein Fetzen Weiß, doch sie gingen so schnell im tosenden Schwarz unter, wie sie aufgetaucht waren.

„Zoro."

Wieder die Stimme. Doch er war noch immer alleine an diesem gespenstischen Strand. Bildete er sich die Stimme nur ein? Da war niemand, der ihn rufen könnte.

Doch dann erhaschte er aus den Augenwinkeln einen Fleck Farbe in der farblosen Landschaft. Sanji. Er stand am Wasser, die Füße in den Wellen. Er war barfuß, und das Wasser reichte ihm bis an die Knöchel. Seine Hose war bereits durchtränkt, wo die Wellen den Stoff erreicht hatten. Zoro war sich sicher, dass er dort zuvor noch nicht gestanden hatte.

Erst da fiel Zoro auf, dass Sanji rot trug. Seine Hose war in einem satten, dunklen Rot gehalten, genau wie das Hemd, das er trug. Dort, wo der Stoff nass geworden war, hatte er die Farbe von frischem Blut.

Es war Sanji, der ihn gerufen hatte. Nun, da Zoro ihn gesehen hatte, sagte er nichts mehr. Stattdessen stand er dort am Meer, ein Fleck Ruhe in der tosenden See, und sah ihn erwartungsvoll an.

Zoro ging auf ihn zu. Der schwarze Sand fühlte sich ungewohnt an unter seinen Füßen. Schwerer als der weiße Sand, der die Küsten von Anreem säumte. Es war mühsam, hier voranzukommen.

Sanji wartete auf ihn. Noch während Zoro auf ihn zulief, schien das Wasser um Sanjis Beine herum zu steigen, bis es ihm erst an die Knie reichte und dann, langsam, bis an seine Hüften hochkroch. Zoro erinnerte sich wage, dass es gefährlich war für einen Menschen, so weit im Meer zu stehen. Doch Sanji schien das nicht weiter zu kümmern. Sein Gesicht zeigte keine Angst.

Als Zoro bei Sanji angekommen war, hob der Prinz die Hand und legte sie Zoro an die Wange. Er ließ seine Finger sanft an Zoros Kiefer hinuntergleiten, und seine Berührung hinterließ eine seltsame Wärme auf Zoros Haut.

„Sieh mir zu", sagte Sanji. Und dann ließ er sich rückwärts in die Wellen fallen.

Zoro zögerte eine wertvolle Sekunde lang, als die Überraschung ihn kurzzeitig lähmte. Dann sprang er hinterher.

Für einen Moment konnte Zoro nichts sehen, bis sich seine Augen an das tosende Meerwasser um ihn herum gewöhnt hatten. Sanji war direkt unter ihm. Er sank immer weiter, ohne sich gegen die Fluten um ihn herum zu wehren. Man hätte meinen können, er habe das Bewusstsein verloren, doch seine Augen waren offen, sein Blick auf Zoro fixiert.

Zoro versuchte, ihm hinterher zu schwimmen, doch die Wellen warfen ihn von einer Seite auf die andere. In dieser Gestalt hatte er keine Chance gegen sie. Schon jetzt konnte er spüren, wie ihm die Luft ausging.

Zoro legte seine menschliche Gestalt ab und tauschte sie gegen die, in der er geboren wurde. Er musste sich beeilen, um Sanji dort rauszuholen. Je tiefer er sank, desto höher wurde der Wasserdruck, und den würde Sanji als Mensch nicht lange aushalten. Ganz abgesehen davon, dass Sanji dringend atmen musste.

Zoro schlug mit seiner Schwanzflosse. Doch noch immer kam er nicht vom Fleck, und als er hinter sich sah, war dort nichts als seine nutzlosen, menschlichen Beine. Er konnte nicht atmen. Sanji sank immer weiter von ihm weg, und Zoro konnte ihm nicht folgen.

Er konnte sich nicht verwandeln. Zoro hatte seine Gestalt schon so oft in seinem Leben gewechselt, öfter als jeder andere Caelrim, den er kannte. Wieso konnte er es nun nicht? Es war, als wäre er in seiner menschlichen Gestalt gefangen. Er konnte keine Verbindung zum Wasser spüren, nichts von der Energie, die ihn normalerweise durchflutete, wenn er zurück in seinen ursprünglichen Körper wechselte.

Er bekam keine Luft. Er musste atmen, doch für einen Menschen gab es hier unten keinen Sauerstoff. Ohne Kiemen würde er ertrinken.

Zoro.

Sanji verschwand immer weiter in den schwarzen Tiefen. Das Wasser tobte so sehr um sie herum, dass Zoro nur noch hier und da einen Blick auf das von den Wellen gedämpfte Gold seines Haars erhaschen konnte. Die Schatten, die sich ihm näherten, konnte er allerdings mit schmerzhafter Klarheit sehen. Lange Schwanzflossen, die das Wasser durchschnitten. Eine davon war dunkelgrün mit bronzefarbenem Schimmer, so wie seine eigene.

Er bekam keine Luft.

Zoro.

Zoro schreckte hoch und befreite sich mit hektischen Schlägen von dem, was ihm die Luft nahm. Erst auf den zweiten Blick erkannte er, dass er sich im Schlaf so ungünstig in seine dünne Decke gewickelt hatte, und dass diese ihm die Luft zum Atmen genommen hatte.

Sanji.

Er fuhr sich mit der Hand übers Gesicht.

Scheiße

Oceans - One Piece ZoSan Meermenschen AUWo Geschichten leben. Entdecke jetzt