Heimat

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Die Katze hatte den Jungen, der die Hand nach ihm ausgestreckt hatte, verfolgt. Denn aus welchem Grund auch immer, mochte sie ihn. Und vielleicht, nur vielleicht, gab es eine Chance auf eine neue Heimat. Und einen neuen Namen.

Viel zu lange hatte sie draußen in der Kälte auf dem rutschigen Fensterbrett sitzen müssen, bis die Menschen etwas gehört hatten. Nun, endlich, kam der Junge erneut auf sie zu. Langsam, viel zu langsam. Sie miaute freundlich, hoffte, seine Schritte dadurch beschleunigen zu können.

Der Junge hatte Angst. Was wäre, wenn die Katze wieder wegrennen würde, wenn er sich zu schnell bewegte? Das würde er sich nie verzeihen, denn er spürte dieses Band zwischen ihnen. Und die kleine Schwarze offensichtlich auch, denn sie war ihm gefolgt.

Nun miaute sie. Er stand kurz vor dem Fenster, streckte seine Hand aus, hielt inne. Wandte sich zu seinen Eltern um. Er wusste nicht, was sie davon halten würden, würde er einfach so eine Katze ins Haus lassen.

Er spürte, wie das Tier seinen Kopf an seiner Hand rieb. Im gleichen Moment hörte er die Zustimmung seiner Eltern zu seinem unausgesprochenen Wunsch. Wie auf ein unsichtbares Zeichen streckte die Katze vorsichtig ihren Kopf durch das Fenster. Gefolgt von einer Pfote, die langsam auf die Fensterbank gesetzt wurde.

Die Katze kam und ging in den nächsten Tagen immer wieder. Doch eines Abends, als der Schnee draußen besonders heftig fiel und die Welt weiß färbte, blieb sie mit ihnen vor dem Kamin sitzen.

Das Feuer knisterte, und Friede legte sich über das Haus, so wie der Schnee, der es von außen bedeckte.

Alle, die Katze, der Junge und die Eltern, fühlten die Geborgenheit in diesem Moment. Die Hand des Jungen war im Fell der Katze vergraben und sein Blick nach draußen auf die fallenden Flocken gerichtet.

Sein Verstand jedoch war ganz in diesem Augenblick. Friede. Zu Hause. Heimat.

Vielleicht, dachte die Mutter, ist es genau dieses Empfinden, das ein bloßes Zuhause von einer wahren Heimat unterscheidet.

Draußen vor der Tür war die Nacht still. Der Rauch aus dem Kamin zog fast unsichtbar in die Dunkelheit und in den Himmel hinauf.

Eingebettet in eine weiße Decke war die Welt zur Ruhe gekommen und friedlich.

***


In diesem Sinne wünsche ich euch eine schöne und entspannte Weihnachts- bzw. Winterzeit ❤️

WinterwunderWo Geschichten leben. Entdecke jetzt