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Kapitel 1

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Als ich an diesem Morgen in den Spiegel sah, konnte man mir die Müdigkeit an den Augen ablesen. Noch in Jogginghose und T-Shirt stand ich hier und überlegte, was ich an diesem Tag mit mir anstellen sollte. Ich entschied mich ziemlich schnell für schlichte offene Haare, schminkte mich dazu dezent und bereitete mich innerlich auf den bevorstehenden Tag vor. Ich arbeitete jetzt schon seit vier Jahren für den Verlag Desmond und ging noch immer so gern zur Arbeit wie am ersten Tag, weil ich meinen Job und auch meine Kolleginnen und Kollegen einfach liebte. Ich hatte als einfache Angestellte in der Verwaltung angefangen, aber zu meiner großen Überraschung relativ schnell eine Beförderung bekommen, weil man mir großes Talent zuschrieb. So kam es, dass ich mit vierundzwanzig Jahren Abteilungsleiterin wurde, da mein damaliger Chef in Rente ging.

Auf dem Weg in die Küche kam ich an meiner Bücherwand vorbei. Noch ein Vorteil, wenn man in einem Verlag arbeitete. Ich vergötterte Bücher und hätte inzwischen ein noch größeres Vermögen dafür ausgegeben, wenn ich nicht die Vergünstigungen über den Verlag bekommen hätte.

Ich schnappte mir mein aktuelles Buch und ging damit in die Küche, um mir meine morgendliche Dosis Koffein einzuflößen.

Ich versank völlig in meiner Lektüre, die ich kaum aus der Hand legen konnte. Die Zeit, es fertig zu lesen, hatte ich leider nicht, wie mir ein Blick auf die Uhr verdeutlichte. Seufzend begab ich mich in mein Ankleidezimmer. So etwas hatte ich mir schon als kleines Mädchen gewünscht, und da ich allein wohnte, konnte ich ein Zimmer genau nach meinen Wünschen dafür umbauen.

Ich suchte mir von der rechten Wand ein graues Kostüm und eine weiße Bluse aus, bevor ich mich nach links drehte und sich ein seliges Lächeln auf meinem Gesicht breitmachte.

Vielleicht hatte ich einen ganz kleinen Schuhtick. Aber nur vielleicht.

Unter den vielen farblich sortierten Reihen suchte ich mir ein paar graue Pumps mit einer silbernen Schnalle aus und zog mich an.

Ich schnappte mir meine Tasche und die Autoschlüssel und verließ gut gelaunt meine Wohnung. Ich wusste, dass ich mich glücklich schätzen konnte, meinen Job so sehr zu lieben. Zwanzig Minuten später befand ich mich vor dem Haupteingang des Verlages und traf dort auf Damian, einen Azubi aus der Marketingabteilung.

»Ich wünsche Ihnen einen wunderschönen guten Morgen«, begrüßte er mich galant, öffnete mir die Tür und verbeugte sich.

»Witzbold«, meinte ich nur und ging durch die Tür. Damian war ein kleiner Charmeur, und wir verstanden uns trotz des Altersunterschiedes von fünf Jahren prächtig.

»Na, bereit für den neuen Geschäftsführer?«, fragte er, als wir gemeinsam die Treppen in den zweiten Stock hochstiegen.

»Heute muss ich erst einmal unseren jetzigen Geschäftsführer verabschieden«, erwiderte ich und dachte ein wenig wehmütig an Charles, mit dem ich ganze vier Jahre zusammengearbeitet hatte. Fast zwanzig Jahre war er der Geschäftsführer dieser Firma gewesen. Jetzt wollte er in Rente gehen und mehr Zeit mit seiner Frau und seinen Kindern und Enkelkindern verbringen. Heute war sein letzter Tag, und es würde oben im Großraumbüro der Verwaltung eine kleine Abschiedsfeier geben. Vorher standen noch zahlreiche Meetings an, damit alles für Montag bereit wäre, wenn der neue Chef seinen Job antrat.

»Wir sehen uns später«, sagte Damian und winkte mir zu, als wir im Flur getrennte Wege gingen.

»Arbeite heute mal ein wenig, ja?«, neckte ich ihn und sah noch, wie er mir als Retourkutsche den Mittelfinger zeigte, bevor ich durch die Tür zur Verwaltung ging. Ich grüßte meine Kolleginnen und Kollegen, die schon da waren, und ging zielstrebig zu meinem kleinen Büro.

»Hayley! Um sieben bei mir!«, hörte ich plötzlich Sophias Stimme hinter mir. Ich drehte mich zu meiner besten Freundin um und zeigte ihr einen Daumen hoch. Okay, den heutigen Abend würde ich also mit meinen Freunden verbringen anstatt mit meinem Buch.

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