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Kapitel 3

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Nur noch zehn Minuten. Dann war das Abteilungsleitermeeting und Mr Hunter würde bekannt geben, dass ich bald eine neue Stellung hätte.

Über allen anderen.

Ein wenig nervös war ich schon. Einige der Kollegen waren schon länger beim Verlag als ich und auch schon älter. Wie würden sie auf meine Beförderung reagieren? Ich kam mit allen bestens klar, und ich wollte nicht, dass sich an unserem guten Verhältnis etwas änderte, nur weil ich bald eine kleine Stufe über ihnen stand.

Die letzte halbe Stunde hatte ich damit verbracht, meine persönlichen Gegenstände aus meinem alten Büro zusammenzupacken, damit ich nach dem Meeting gleich mein neues Büro beziehen konnte. Ich wollte die Sachen nicht jetzt schon hochbringen, um unnötigem Getratsche aus dem Weg zu gehen. Der Karton mit all meinen Sachen stand vor mir auf meinem Schreibtisch.

Einmal sah ich mich noch in meinem Büro um, bevor ich mich mit einem Lächeln auf den Weg zum Meetingraum machte. Als ich dort ankam, stand Mr Hunter bereits mit einem Kollegen aus dem Lektorat zusammen, der mir freundlich zunickte, während mir Mr Hunter lediglich einen neutralen Blick zuwarf und sich wieder abwandte.

Wieso konnte er nicht ein wenig freundlicher sein? Ein zugänglicher Chef wurde doch viel eher akzeptiert, und man arbeitete lieber für ihn als für einen Chef, der unnahbar war und bei dem man jeden Schritt, den man tat, abwägen musste. Kleine Bedenken schlichen sich in meinen Kopf, wie wohl die Zusammenarbeit zwischen Mr Hunter und mir in Zukunft aussehen würde. Hätte ich meine Entscheidung überdenken sollen?

Kopfschüttelnd suchte ich mir einen Platz und warf einen Blick auf meine Uhr. Zwei Minuten noch bis zum angesetzten Termin. Mr Hunter legte wahrscheinlich auch einen enormen Wert auf Pünktlichkeit. Ihm würde ich es sogar zutrauen, die Tür zu verschließen und niemanden mehr hineinzulassen, wenn er zu spät kam.

Schätzte ich Mr Hunter als so kindisch ein? Er sah aus wie ein gestandener Mann, keine Frage. Doch von seinem Charakter wusste ich noch nicht allzu viel. Wenn ich ab sofort jedoch enger mit ihm zusammenarbeitete, würde ich schon noch herausfinden, wie er so tickte.

Die nächsten Kollegen kamen in den Raum, und wir waren pünktlich vollzählig. Auch Ralph war mit eingeladen worden und hatte schon irritierte Blicke von einigen erhalten. Bevor noch irgendjemand fragen konnte, was er hier zu suchen hatte, stellte sich Mr Hunter in die Mitte und begrüßte uns alle.

»Wir haben uns alle ja bereits kurz kennengelernt. Ich freue mich schon auf eine erfolgreiche Zusammenarbeit mit Ihnen.« Für den Bruchteil einer Sekunde schlich sich so etwas wie ein Lächeln auf seine Lippen.

»Zuerst möchte ich mit Ihnen ein paar allgemeine Abläufe durchgehen. Sie haben in dem letzten Meeting Ihre Abteilungen bereits vorgestellt, haben berichtet, wie Sie bisher gearbeitet haben, und ich möchte Ihnen nun zeigen, wo wir noch ein paar Optimierungen vornehmen können.« Und da hatten wir den Salat auch schon. Kam neu in die Firma und wollte gleich alles umschmeißen. Ich warf meinen Kollegen einen flüchtigen Blick zu und konnte erkennen, dass auch sie alles andere als begeistert über diese Ankündigung waren.

»Ich möchte Ihnen erst noch sagen, dass es eine strukturelle Änderung geben wird. Ms Morrison«, begann er und sah kurz zu mir, »wird ab sofort nicht mehr die Abteilungsleiterin der Verwaltung sein.« Leise, erschrockene Laute waren zu hören. »Stattdessen wird Mr Simmons diesen Posten übernehmen.« Eine Grabesstille legte sich über den Raum, und alle sahen erst zu Ralph und daraufhin total entsetzt zu mir. Ihnen ging es wie mir noch vor ein paar Stunden. Ich hatte wahrscheinlich exakt den gleichen Gesichtsausdruck, als mir Mr Hunter die Neuigkeit eröffnet hatte. Der Mann hatte aber auch ein Talent dafür, die Dinge so dramatisch zu präsentieren, dass erst einmal alle geschockt waren, anstatt den positiven Aspekt hervorzuheben.

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