Kapitel 11 - Instinkt?

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Adam war nicht unbedingt glücklich mit ihm. Das merkte Dexter selbst. Der Ältere grummelte oft und war es eindeutig gewohnt, allein zu sein. Das fiel an vielen kleinen Dingen auf. Oft sprach er, aber meinte Dexter gar nicht. War dann sauer, wenn der nachfragte, weil er ihn nicht richtig verstanden hatte. Er war genervt, wenn Dexter traurig war und wusste nicht so Recht, was er überhaupt mit dem Jüngeren anfangen sollte.

Dexter merkte all das und war dennoch unendlich froh, dass Adam da war. Dass er nicht mehr allein sein musste.
Mit Adam gingen alle ganz anders um, als mit ihm, fiel Dexter auf. Als sie seine Sachen aus den grässlichen Zimmer holten, traute sich der blöde Mann kaum hinter seinem doofen Tresen vor.

"Wie machst du das?", fragte Dexter beeindruckt, als er seine Sachen zusammen suchte und Adam mitten im Raum stand, weil er sich wohl nicht traute, sich hinzusetzen.

"Was? Nervensäge, sprich so, dass ich dich verstehen kann."
"Alle haben Angst vor dir."
"Das ist keine Angst, sondern Respekt und die meisten Menschen empfinden das unterschwellig. Sie würden sich lieber selbst die Hand abhacken, als das zuzugehen."
"Und wie machst du das?"
"Sie nehmen den Wolf unbewusst war. Fürchten das Raubtier, respektieren den Menschen, der ihn beherrscht."
"Äh... Aber ich bin doch auch so eins."
"Du bist ein Welpe, der keine Ahnung von irgendwas hat und genau das strahlst du auch aus."
"Oh...", fiepte Dexter.
"Das macht es nicht besser, wenn du dabei herum heulst."
"Ich weiß nicht, wie man das abstellt.", fiepte Dexter weiter.

Grummelnd trat Adam zu Dexter und legte ihm die Hand in den Nacken. Sofort wurde der von Ruhe geflutet. Ruhe, und dem Gefühl nicht allein zu sein. Beschützt zu werden.

"Wie machst du das? Kann ich das auch?", fragte Dexter und versuchte, sich selbst die Hand in den Nacken zu legen.
"Natürlich nicht.", schnaubte Adam.
"Warum?"
"Weil du dir nicht selbst Schutz und Gesellschaft geben kannst."
"Oh... Kann ich das bei dir?", fragte Dexter und streckte die Hand aus.

Sofort knurrte Adam ihn sehr bedrohlich an.
"Nein!"

"Entschuldigung.", wimmerte Dexter und wusste nicht, was er machen sollte, aber irgendwas in ihm zwang ihn, seinen Blick zu senken.

"Man macht das nie bei ranghöheren Wölfen. Das ist eine Beleidigung."
Dexter guckte wie ein Fragezeichen. Was sollte das denn heißen? Wieso waren Schutz und das Gefühl nicht allein zu sein, eine Beleidigung? Wieso empfand er das nicht so, wenn es das war?

"Verflucht. Ich bin doch kein Babysitter.", brummte Adam unwillig.

Also fragte Dexter lieber nicht nochmal. Er wollte nicht nerven. Und er wollte keinesfalls, so sehr nerven, dass Adam ihn zurück lassen könnte. Da dessen Nervenkostüm offenbar nicht sehr wintertauglich war, sollte er Rücksicht nehmen und besser einfach still sein und nichts tun. Vielleicht würde in der Schule alles besser werden?
Aber er hatte doch so unglaublich viele Fragen...

Schließlich kamen sie wieder im Hortons an und Adam ging mit Dexter gleich nach hinten, damit der seine Sachen abstellen konnte.

Der wurde nun wieder etwas unsicherer als sowieso schon. Ein schmales Bett und zwei Leute.. aber der Teddy. Den nahm er sich unauffällig, als Adam gerade nicht guckte. Es fühlte sich zwar ein wenig kindisch an, aber er roch so gut unglaublich gut.

"Baldrian und Lavendel ist das. Hilft Welpen beim Einschlafen.", brummte Adam und Dexter hätte den Bären vor Schreck fast fallen lassen.

"Ich kriege alles mit und ich hab nicht das nötige Feingefühl ums zu Schweigen. Leb damit.", brummte Adam.
Dexter nickte. Der Bär roch so gut, dass er ihn eh nicht mehr hergeben würde. Tief inhalierte er den Duft ein.

"Okay.", murmelte er nur desinteressiert.
"Genug. Gib das Ding her.", brummte Adam und streckte die Hand aus.
"Meins?", fragte Dexter und schnupperte nochmal.
"Gib. Es. Her.", knurrte Adam und irgendwas in Dexters vernebeltem Hirn schrie ihn an, sofort zu hören. Also hörte er und gab schweren Herzens den Teddy in die wartende Hand.

"Horton. Das Ding ist zu stark. Der soll gegebenenfalls besser einschlafen und nicht völlig vernebelt werden.", sprach Adam, sobald er die Tür zum Gastraum geöffnet hatte.
"Oh, sooo viel hab ich da eigentlich gar nicht drauf gesprüht.", murmelte Horton und kam zu ihnen durch.

"Zu viel für einen Welpen.", brummte Adam und nickte mit dem Kopf zum Bett.

Dexter hatte sich darauf gelegt und sah verträumt an die Decke.

"Huch, Verzeihung. Das war keine Absicht. Ich hole einen anderen. Die letzten haben sich beschwert, dass man gar nichts riecht."
"Waren eben keine Welpen mehr.", brummte Adam, schnappte sich einen Waschlappen aus der Dusche, befeuchtete ihn mit kalten Wasser und klatschte ihn Dexter ins Gesicht.

"Höi!"
"Wenn was sehr gut riecht: in Maßen genießen.", gab Adam unbeeindruckt zurück und scheuchte Dexter in den Gastraum.

"Essen. Du musst mehr Essen. Wandlungen sind anstrengend. Der Winter kommt. Du brauchst genug Abwehrstoffe."
"Okay.", murmelte Dexter, als Horton ihm auch schon einen Teller hinstellte.

Aber wieder konnte er nicht essen. Irgendwas zwang ihn, zu Adam zu sehen.

"Iss.", brummte der wieder.
"Er macht das so süß.", schwärmte Horton und bediente nebenbei einen anderen Gast.

"Wieso, ist das so?", fragte Dexter und begann zu essen.
"Dein Instinkt steuert dich teils. Schlauer Instinkt. Ohne den würdeste untergehen. Wenn der sich die Mühe macht und sich einschaltet, dann sollteste auch drauf hören, klar?"
"Ich kann mich dagegen gar nicht wehren. Der zwingt mich."
"Gut."
"Höi"
"Nein, Süßer. Das ist wirklich was Gutes. Es gibt welche, die hier rein kommen und direkt einen Streit los treten, weil sie nicht wissen, was sie machen sollen.", erklärte Horton.
"Oh, das will ich auf keinen Fall."
"Ja, siehste? Dein Instinkt sorgt dafür, dass du das auf keinen Fall tust."
"Oh. Gut. Guter Instinkt.", entschied Dexter.

"Siehst du, dein Instinkt merkt, dass Adam ranghöher ist. Er geht zum Beispiel sicher, dass Adam wirklich keinen Anspruch auf das Essen erheben will, indem er dich erst essen lässt, wenn Adam es sagt.", erklärte Horton lächelnd.
"Oh..."
"Das ist etwas sehr Gutes. Als so ein kleiner Wicht hast du eh keine Chance. Selbst wenn du dich behaupten wollen würdest."
"Oh..."
"Dein Instinkt weiß, dass du jemanden brauchst, der sich um dich kümmert. Also suggeriert er auch genau das durch sein Verhalten allen anderen gegenüber. Gut, oder?"
"Na, ich weiß nicht...", nuschelte Dexter.

Werwolf wider Willen - wird fortgeführt auf StorybanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt