1. Türchen

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LOUIS

Freitag, 1. Dezember 2023

Ich war gehyped, mein Herz raste, meine Stimme war gut aufgewärmt und ich hatte gefühlt seit Stunden eine Gänsehaut am ganzen Körper.

Und warum?

Weil ich ab heute bis zum dreiundzwanzigsten Dezember der Eishallensprecher der Chicago Devils sein würde! Eigentlich machte den Job ein Freund von mir, aber der würde irgendwann in diesem Zeitraum Vater werden und hatte sich deshalb einen Monat Auszeit genommen.

Ich liebte Sport, war aber eigentlich eher für Fußball, daher würde ich mir den Eishallenjargon noch aneignen müssen. Aber das war kein Problem für mich, denn ich war sowieso nicht auf den Mund gefallen, und alles andere würde sich schon finden. Und sollte mir der Job nicht liegen, dann war es wenigstens nach vier Spielen schon wieder vorbei. Ich hatte also quasi nichts zu verlieren.

Vor dem Spiel stand ich noch draußen und rauchte eine Zigarette zur Beruhigung. Da kam ein Mann zu mir und drückte mir die Kaderlisten der beiden Mannschaften in die Hand. „Lern das auswendig, du wirst Namen und Nummern heute oft genug brauchen.", knurrte er mir zu und ließ mich wieder alleine stehen.

Also musste ich noch eine rauchen, und dabei prägte ich mir die Namen und Rückennummern der Spieler ein.

„Styles... 69... Horan... 99... Payne... 00... Malik... 12...", las ich und speicherte es ab. Hoffte ich zumindest...

Ich warf meine aufgerauchte Zigarette weg und ging dann in die Sprecherkabine unter dem Hallendach. Vor lauter Aufregung hatte ich vergessen, mir etwas zu trinken zu checken, und ich war definitiv nicht richtig hierfür gekleidet – ich würde mir hier die Eier abfrieren...

Unten auf dem Eis wärmten sich die Mannschaften noch auf, trugen aber bereits alle Protektoren und ihre Helme, ich hatte also nicht mal die Gelegenheit, mir einen Liebling auszusuchen, den ich dann anbeten konnte.

Ich formte mit meinen Händen eine Kugel und hauchte meinen warmen Atem hinein, damit mir nicht so kalt war. Dann setzte ich den Kopfhörer auf und bog mir das Mikrofon vor den Mund.

Von unten bekam ich das Zeichen, dass ich die Mannschaftsaufstellungen verlesen sollte, und das tat ich dann auch. Da war ich echt noch nervös, als aber das Spiel begann, war die ganze Nervosität wie weggeblasen. Und das Spiel packte mich so sehr, dass ich alle guten Manieren vergaß und mich richtig reinsteigerte. Ich fluchte und schimpfte, was das Zeug hielt, und mehr als einmal drehte sich ein Spielerkopf zu mir nach oben.

„Oi! Oi!", rief ich und fügte dann noch hinzu: „Foooking Looosaaah!", da erst fiel mir auf, dass ich eben einen unserer eigenen Spieler beschimpft hatte. Die Nummer 69... Styles...

Oops!

HARRY

WHAT THE FUCK!

Dieser neue Hallensprecher, dessen Stimme ich heute zum ersten Mal hörte, hatte sie ja wohl nicht alle! Bei Auswärtsspielen Gegenwind zu bekommen, war ich ja gewohnt, aber ich war noch nie von einem Hallensprecher beschimpft worden - und schon gar nicht bei Heimspielen!

Meine Wut darüber war allerdings gut für den Rest des Spiels, denn ich war so fuchsteufelswild, dass mich niemand mehr aufhalten konnte und ich den Puck noch zweimal ins gegnerische Tor schoss. Mein Team gewann schließlich, und ich freute mich darüber, aber das änderte nichts daran, dass ich mir diesen Typen unbedingt vornehmen wollte.

Als mein Team also nach der obligatorischen kleinen Siegesfeier auf dem Eis mit den Fans in der Halle in die Umkleidekabine verschwand, stapfte ich in meinen Eislaufschuhen hinauf zur Sprecherkabine und riss die Tür auf.

"What the fuck!", rief ich, und der Typ - zugegeben, er war heiß - sprang wie von der Tarantel gestochen auf. "Was? Wer bist du?". "Ich bin der fucking Loser!". "Oh, scheiße". "Ja, das IST ziemlich scheiße! Was sollte das?! Du hast mich total lächerlich gemacht!". "Ich ... Aber ihr habt doch gewonnen. Du warst gut", sagte er und wurde plötzlich ein bisschen rot im Gesicht. Vielleicht war ihm die Sache jetzt doch peinlich. Gut so.

"Darum geht es nicht!". "Es tut mir leid. Das mit dem 'fooking Loohsa' ist mir rausgerutscht. Das Spiel war echt aufregend und ich hab mich da wohl ein bisschen zu sehr reingesteigert", sagte er und sah dabei echt schuldbewusst aus, was mich sofort besänftigte, aber so leicht kam er mir jetzt trotzdem nicht davon.

"Wie heißt du?". "Louis". "Okay, Louis. Ich bin Harry. Weißt du, wie wir das jetzt regeln?". "Nein? Ummm, wie denn?". "Du bist mir was schuldig, ganz einfach". "Oh, ummm ... Klar. Alles, was du willst".

So kleinlaut wie Louis plötzlich war, musste ich mir fast schon das Lachen verhalten. Ich fand es aber auch irgendwie süß.

"Hast du morgen Zeit?". "Ummm, joah?". "Sehr gut, dann komm um vierzehn Uhr hier her, zum Training". "Wofür?". "Um mein Mädchen für alles zu sein". Und wieder verfärbte sich seine Gesichtsfarbe rötlich.

"Du hast doch gesagt, du machst alles, was ich will. Mädchen für alles also", fügte ich noch hinzu und grinste ihn jetzt schief an, um ihm zu signalisieren, dass es nicht so schlimm war, wie es vielleicht klang, denn eigentlich meinte ich es gar nicht wirklich ernst. Ich wollte ihn nur ein bisschen auflaufen lassen. Wortlos starrte er mich an, und ich beschloss, dass ich es jetzt gut sein ließ, drehte mich um und ging. Als ich die Kabinentür hinter mir schloss, hörte ich noch, wie Louis sagte : "Fook, ist der heiß".

Tja, ich fand ihn auch heiß.

In der Umkleidekabine wurde ich von meinen sehr verehrten Teamkollegen natürlich ziemlich verarscht. Vor allem von Niall, dem es ganz besonderen Spaß machte, mich 'FL' für 'Fucking Loser' zu nennen. Aber er meinte es nicht böse, das wusste ich, also was sollte es.

Und dann feierten wir unseren Sieg noch in der Sportsbar gegenüber der Eishalle. Mit dabei waren wie immer die Groupies, die wir Bunnys nannten. Sexistisch? Jep! Aber diese Mädels hatten sich diesen Spitznamen selbst gegeben. Ich flirtete immer ein bisschen mit ihnen, aber das war auch schon alles. Für One-Night-Stands mussten sie sich an andere Spieler halten, wie zum Beispiel Zayn, der es ordentlich krachen ließ, seit er wieder Single war und auch heute wieder ein Bunny mit nachhause nahm. Ich hatte daran kein Interesse.

In Eishockeykreisen wurde bereits gemunkelt, dass ich schwul war, und ich wusste, dass meine Teamkameraden es auch schon vermuteten. Ich war aber noch nie direkt danach gefragt worden, also wusste es niemand mit Sicherheit, und mir war es sowieso egal. Ich hatte kein Problem damit, es zuzugeben, denn dass man als Profisportler nicht schwul sein durfte, hielt ich persönlich für Bullshit. Meine Sexualität beeinträchtigte meine Leistung auf dem Eis nicht im Geringsten.

Wenn man mich also direkt danach fragen würde, dann würde ich es zugeben, aber bis dahin würde ich es auch nicht jedem auf die Nase binden, denn es ging ja auch niemanden was an.

Aber ja, für einen One-Night-Stand (oder auch mehr) bevorzugte ich die männlichen Hasen, wie zum Beispiel Louis, denn der war echt yummy. Aber ich rechnete nicht ernsthaft damit, dass er morgen wirklich zum Training kommen würde ..

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