Bis zum Imbolcfest - ein weiteres der acht Jahreskreisfesten, die für die Lichtwächterinnen eine große Rolle spielten - blieb nur wenig Zeit übrig. An jenem letzten Abend des Jänners, nachdem die drei Frauen die nötigen Vorbereitungen für das Fest erledigt haben, verbrachten sie die restliche Zeit gemütlich, je nach eigenen Bedürfnissen: Denise beschäftigte sich gleichzeitig mit dem Basteln von eigenen Brigidakreuzen und Hören von zauberhafter, entspannender Musik, Bärbel verbrachte gemütliche Lesestunden mit ihrer neuen Lektüre, Die Stadt der träumenden Bücher von Walter Moers. Mittlerweile genoss Kerstin die Zweisamkeit mit ihrem Partner, dem Weißmagiezauberern Jürgen Waldbach, der seit einigen Monaten in Wien, in der Landlgasse 3 bei den Lichtwächterinnen wohnte.
Für Bärbel war der Roman so fesselnd, dass ihr nur kurz nach Mitternacht bewusst wurde, wie müde sie eigentlich ist und dass es besser wäre, schon zu schlafen. Gesagt getan. Sie markierte mit einem Lesezeichen die genaue Seite, bei der sie mit dem Lesen aufgehört hatte, danach legte sie vorsichtig das Buch auf ihren Schreibtisch, machte das Licht aus und schließlich legte sie sich gemütlich ins Bett hin. Ihre Augen schlossen sich von alleine...
- Kätzchen, lass es sein! Du kannst es ja nicht schließen! Du kannst das Haustor nicht schließen! Hahahahaha! - sagte irgendwo urplötzlich eine männliche Stimme. Bärbel befand sich im Garten, vor dem Haustor, das sie verzweifelt zu schließen versuchte, doch es ihr nicht gelang, weil irgendjemand ihr den Schlüssel ständig aus den Händen stieß. Sie versuchte, die Person zu identifizieren, die zu ihr sprach, aber erfolglos. Nicht einmal die Stimme klang ihr bekannt. Bärbel startete ein Versuch, sich herumzuschauen, um vielleicht herausfinden zu können, wer zu ihr sprach. Aber auch dieser Versuch ist ins Wasser gefallen: nur ein Schatten war zu sehen, der kein Gesicht besaß. So urplötzlich, wie Bärbel sich beim Haustor fand, wechselte die Umgebung, als wäre sie teleportiert. Diesmal befand sie sich in einem antiken kellerähnlichen Ort, gegenüber einer riesigen Kerze, aus der eine enorme Flamme herausstrahlte. - Lösch sie! - sagte dieselbe Stimme, die sich über ihre Torschlussversuche lustig machte. Bärbel wollte sich wehren, weglaufen, doch sie bemerkte, dass ihr Körper ihr nicht gehorchte. Sie wollte schreien, ihre Stimme fühlte sich aber an, als würde sie weggenommen. Ihre Gedanken ebenfalls. Als wären alle ihre Kräfte herausgesaugt worden... In einem Augenblick fielen Wasserwellen auf die riesigen Flammen und vernichteten sie völlig...
Abrupt wachte Bärbel auf, wie von einem Alptraum. Aber war es genau, was geschehen ist? Tatsächlich ein Alptraum? Bärbel war nicht sicher. Sie fühlte sich verwirrt und immer noch etwas schwach. Sie stand langsam auf, ging in die Küche, um sich ein Glas Wasser zu holen. Als sie ihre magische Kraft nutzen wollte, um sich Wasser in das Glas hineinzuzaubern, passierte etwas Unerwartetes: aus ihren Fingerspitzen, von denen normalerweise saubere, kristallklare Wasserwellen herausflossen, kam diesmal ekelhaftes, schwarzes Wasser, das so ähnlich wie Abwasser aussah. Bärbel schrie laut auf. Mit all ihrer restlichen Kraft. Dieser war ein Urschrei der Verzweiflung, ein Ruf nach Hilfe. Dann fiel Bärbel in Ohnmacht auf den Boden.
Jürgen, Kerstin und Denise hörten diesen auch und wachten sofort auf. Sie zögerten keine Sekunde und liefen in die Küche zu Bärbel. - Meine Güte! Bärbel! Was ist los? - schrie Kerstin und beugte sich vor ihr. Denise tat dasselbe. - Ihr Puls ist doch in Ordnung... - überlegte Denise.
- Bärbel! Wir sind deine Freundinnen, Denise und Kerstin, kannst du uns hören? Bitte, wach auf... Bärbel... bitte... -- Guckt mal, in diesem Glas... - zeigte plötzlich Jürgen.
- Was? Was ist da drin? - fragte Kerstin. Jürgen reichte ihr das Glas, damit sie es auch sehen konnte.
- Oida, ist es Abwasser, oder was? - ekelte sich Kerstin.
- Nein, es sieht nur so aus. - antwortete Jürgen. - Es sind die Wasserkräfte von unserer Bärbel, nur in einem schlechten Zustand. Etwas ist bestimmt damit passiert, ich habe schon in meiner Umlaufbahn sowas gesehen. -
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Magischer Jahreskreis - Lichtwächterinnen Sonderband
FantasySamhain, Yule, Imbolc, Ostara, Beltaine, Litha, Lughnasadh und Mabon. Die 8 Jahreskreisfeste, die eine sehr bedeutende Rolle im Leben der drei Lichtwächterinnen spielen, 8 Erzählungen, jede über ein bestimmtes Fest. Wenn ihr darauf neugierig seid, w...