1. Zufälle passieren

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Jeder Mensch hat seine Hobbys. Manche fahren gerne Fahrrad, andere spielen Fußball, viele musizieren und ich spiele für mein Leben gerne Theater, an einer kleinen Bühne in Bayern.
Die Schauspielerei rettet mich aus meinem realen Leben in eine Wunschwelt in der alles möglich ist.
Ich befinde mich in einer Ausbildung zur Friseurin und bin von früh bis spät nur am arbeiten und lernen. Theater ist mein Aus-Knopf von Stress. Bald ist die Premiere des Stücks "Dracula" in der ich die Rolle der "Mina Harker" spiele. Die meisten von uns sind Leihendarsteller und spielen ohne Berufliche Erfahrung Ehrenamtlich. Nur einer, unser diesjähriger Dracula ist gelernter Schauspieler, was auch auffällt, trotzdem sind wir alle gleich gestellt und haben Spaß, als große Familie.

Tag der Premiere:

Soundcheck, gespannte Zuschauer vor dem Eingang, Aufregung in der Maske. Die letzten Minuten bis zur Premiere.

Jason, unser Dracula, wünscht mir Backstage noch viel Glück mit den Worten "Du rockst das, Süße. Ich hab dann später noch eine Überraschung für dich, bzw. mein Kumpel James McAvoy hat eine für dich. Er ist extra aus Glasgow angereist, nur um seinen alten Studienkameraden zu sehen. Er hat jemanden mitgebracht der für dich Interessant sein könnte, vorallem weil ich weiß das du auf Fluch der Karibik stehst.". Mit einem Augenzwinkern lässt er mich zurück.

Allein der Gedanke den Schauspieler aus "Split" und "Die Chroniken von Narnia" im Publikum sitzen zu haben, macht mir Bauchschmerzen und jetzt hat er mich noch mehr verwirrt. Was meinte er mit Überraschung? Ich hasse Überraschungen, man kann sich so schlecht darauf einstellen.
Etwas positives ist allerdings, dass ich zu wenig Zeit habe um darüber nachzudenken.
Noch einmal tief durchatmen und los.

Showtime.

Nach der Premiere:

Alles ist super verlaufen. Standing Ovations!!!
Das hat einfach so unglaublich Spaß gemacht, ich bin einfach nur glücklich.

Nachdem wir uns umgezogen und abgeschminkt haben, machen wir uns für die Afterparty fertig.

Ich trage einen engen high-waisted Rock in Midi-Länge mit einem Bandeau Oberteil in einem wünderschönem Königsblau, weil dieses Outfit meine Tattoos die ich überall am ganzen Körper trage, sehr gut zum Vorschein bringt, mit silbernen Sandalen, da ich sowieso für 19 Jahre recht groß bin, 1.76 m als Frau ist Fluch und Segen gleichzeitig.

Ich habe eine kurze Frisur mit einem anrasiertem Nacken, welchen wir hochblondiert haben, sodass meine Haare strahlend weiß sind.
Ich gele meine Haare gerne nach hinten, mit einer einzigen Strähne die vorne ins Gesicht hängt, so entsteht ein Wet-Look der meiner Meinung nach umwerfend ist.
Mein Durchsichtiges Brillengestell passt super zu meinen silbernen Piercings. Allem in allem sehe ich, ohne mich selbst loben zu wollen, einfach nur bombastisch aus.

Gut gelaunt stürmt das Ensemble in Kleidern und Anzügen in unser Foyer, welches voll steht mit unserem Team der Bühne. Schauspieler anderer Stücke, Techniker, Maskenbildner, Kostümbildner, Kulissenbauer, Regisseure.... alle sind mit ihrer Familie da.

Doch irgendwas ist anders als sonst.
Hier gibt es normalerweise keinen einzigen Security, doch diesmal stehen sie hier in Scharen.
Na klar, ein bekannter Schauspieler ist hier.
Das ich da nicht früher daran gedacht habe.
So wie auch sonst schon immer, wird sich extrem viel umarmt, auch mit Leuten die man nicht kennt, das hat den einfachen Grund, dass wir alle eine große Familie sind und uns gegenseitig bei allem unterstützen. So etwas wie Neid oder das man anderen nichts gönnt, gibt es hier nicht. Hier freut sich Jeder für Jeden.
Und ich liebe das.

Unser Geschaftsführer halt eine Rede und heißt James McAvoy herzlich willkommen und bedankt sich für seine weite Anreise und das er ihn besuchen wollte um zu sehen was er heute so macht. Er erzählt ein wenig von ihrer Studienzeit und wie gut sie sich damals schon verstanden. Nach ein bisschen Nostalgie übergibt er das Wort an James.

Er spricht nicht viel Deutsch aber er gibt sich große Mühe. Er bedankt sich, das er hier sein darf und diese außerordentlich schöne Premiere miterleben durfte und wie stolz er auf Jason ist, dass er sein eigenes Theater leiten darf.
Nach viel Gerede und Tränen kommt ein unglaublich spannender Moment.

Auch er bedankt sich, dass er hier sein darf und lobt unser Stück und unsere Arbeit und unseren Zusammenhalt. Anschließend erklärt er wie schlecht er Deutsch spricht und zieht etwas aus seiner Jackettasche.

Er spricht in seinem gebrochenen Deutsch von einem Zettel ab "Meine Damen und Herren, ich komme jetzt zu meinem Highlight des Abends und ich bin der festen Überzeugung das sie sich mindestens genauso freuen werden wie ich..."
Wieso macht er es so spannend?
"Er ist einer der erfolgreichsten Schauspieler unserer Zeit..."

Oh gott....

"Ich bin ein riesen Bewuderer seiner Arbeit und ich sage mit Stolz das er mir viel beigebracht hat und ein Vorbild war als ich anfing mit der Schauspielerei. Bitte begrüßt mit mir, einen meiner besten Freunde, the one and only....
Johnny Depp!"

Das war ein Moment der Stille.

Ich zittere, ich hab das Bedürfnis der Flucht, aber hier sind zu viele Menschen um einfach rauszugehen.

Musik spielt. Die Tür geht auf...

Und es tritt ein Mann ein der nicht schöner hätte sein können.

Eine schwarze Anzugshose mit der passenden Weste dazu, einem kurzen weißen Hemd, welches ein wenig hochgekrempelt ist, damit die Muskeln an den Armen besser zur Geltung kommen. Das Hemd ist zusätzlich ein wenig aufgeknöpft, dadurch werden viele Halsketten sichtbar. Allgemein sehr viel Schmuck, sowohl viele Armbänder mit einer Armbanduhr und vielen Ringen und Ohrringen.
Diese braunen wuschigen, kurzen Haare. Diese Brille. Dieser Bart. Dieses Lachen, diese Augen.
Er war es. Mein Herz blieb in diesem Moment stehen.

Lautes jubeln aus allen Ecken. Jeder freut sich, klatscht und schreit. Nur ich, ich war gebannt.
Ich gab keinen Ton von mir, ich musterte ihn von oben bis unten und ich war mir sicher. Ich habe noch nie einen so schönen Mann in meinem ganzen Leben gesehen.

Mein Kumpel und Schauspielkollege Jakob, stubste mich von der Seite an "Hey, ist alles okay?" Ich sah ihn nur geschockt an. "Passiert das gerade hier wirklich?", er grinste "Ich denke schon ja. Du hast jetzt die Möglichkeit, ihm deine Fluch der Karibik Tattoos zu zeigen;)."
Oh sh*t. Das hab ich ja total vergessen...
Als ich mir diese Tattoos hab stechen lassen, hatte ich natürlich nicht damit gerechnet, jemals den echten Jack Sparrow vor mir stehen zu haben. Ich breche sofort noch mehr in Stress aus. Ich versuche Augenkontakt mit ihm zu meiden, aber dies erweist sich als schwierig, wenn man den schönsten Mann der Welt vor sich stehen hat.

"Bitte nicht sabbern" ärgert mich Jakob. "Sehr witzig" antworte ich ihm mit einem genervten
Grinsen.

"Hey Guys, ich freue mich hier zu sein und bedanke mich bei James für die süße Ansage.
Ihr habt einen super Job geleistet, das Stück ist der Wahnsinn, jedes Detail hat gepasst. Ihr könnt wirklich stolz auf euch sein und ich hoffe mich noch mit dem ein oder anderen unterhalten zu dürfen und vielleicht auch mal wieder kommen zu dürfen;) And now have fun and drink."
Das sagt die schönste raue, tiefe Stimme überhaupt, nur ein paar Meter vor mir.

Ich habe das Gefühl, dass ich die Einzige bin die gerade einfach nur aufgeregt ist. Jeder geht zu ihm und spricht ihn an, fragen nach Fotos und Autogrammen. Ich jedoch versuche Abstand zu bewahren. Das kann natürlich auch was damit zu tun haben das ich nicht will das er meine 4 Tattoos sieht die auf Captain Jack Sparrow basieren. Gepackt von Angst verziehe ich mich in die Maske und weine. Meine Panik dreht mit mir durch. Das ist zu viel Druck von jetzt auf gleich. Meine Gefühle drehen durch.

Was ist nur los mit mir?

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