Nur eine Welle von deinem Herzen entfernt

| TWO |

𝒩𝒾𝒸𝓀

Im Sommer Surfkurse zu geben, machte mir besonders viel Spaß. Es war ein guter Ausgleich zum Studium und brachte zudem ein wenig Extrageld ein, das ich hervorragend für die Beachparty Ende des Monats beiseite legen konnte.

»Und, Nick? Bist du bereit für die Fortgeschrittenen?«, hakte Adele nach. Dabei knuffte sie mich spielerisch in die Seite und lächelte.

»Ja, ist erfrischend mal keine Anfänger auf den Ernst des Lebens vorbereiten zu müssen.«

»Oder vor dem absaufen zu retten«, scherzte sie. »Kommst du heute Abend auch zum Openair-Konzert von Waves?«

»Klar. Jeder geht da hin, das lasse ich mir natürlich nicht entgehen.«

»Cool! Dann sehen wir uns dort?«

Ich nickte zustimmend und Adele zwinkerte mir zu, ehe sie sich ihr Surfbrett unter den Arm klemmte und losging. Für einen kurzen Moment lang sah ich ihr nach. Dann verschwand sie hinter der Strandbar und ich versuchte mich wieder auf das Wesentliche zu fokussieren.

Nach einer Weile trudelten die Kursteilnehmer ein und überreichten mir ihren unterschriebenen Haftungsausschluss. Ich hakte einen nach dem anderen ab und befestigte die losen Blätter an meinem Klemmbrett.

»Wartet auf mich!«, ertönte plötzlich eine abgehetzte Stimme.

Ich sah auf und erblickte eine junge blonde Frau, in einem roten Badeanzug. Was zunächst an eine Szene aus Baywatch erinnerte, endete in einer Komödie von Adam Sandler. Es dauerte keine fünf Sekunden, da stolperte sie über ihre eigenen Beine und fiel mit dem Gesicht in den Sand.

Daraufhin legte ich das Klemmbrett beiseite und lief auf sie zu, um ihr zu helfen. »Alles in Ordnung?«

Sie richtete sich auf und spuckte dabei ein paar Sandkörner aus. »Jepp! Alles gut!«, beteuerte sie. »Ich falle öfter mal hin. Ich bin wahnsinnig tollpatschig und ...«

Bevor sie ausreden konnte, unterbrach sie einer der Kursteilnehmer: »Können wir dann unsere Surfbretter ausleihen, oder müssen wir noch warten, bis Blondie sich den Sand aus den Haaren gekämmt hat?« Anschließend brach großes Gelächter um uns herum aus.

Ich half ihr auf und warf dem Typen, der meinte, er müsste blöde Sprüche klopfen, einen vielsagenden Blick zu. Anschließend verstummte er.

»Wie heißt du?«, wollte ich von ihr wissen.

»Alabama Loomer, aber meine Freunde nennen mich Ally.«

»Okay, Ally. Ich bin Nick. Hast du deinen unterzeichneten Haftungsausschuss dabei, damit der Charmbolzen dort drüben endlich zu seinem Brett kommt?« Sie nickte und reichte mir anschließend das zerknitterte Stück Papier. »Gut, das dürfte so passen.«

»Prima! Ich freue mich, heute hier sein zu dürfen.«

***

Wir waren keine fünf Minuten im Surf-Store, um die Neoprenanzüge und Surfbretter auszuleihen, da hatte Ally sich bereits zweimal den Kopf gestoßen und versehentlich jemanden mit ihrem Board umgenietet.

Aber mein absolutes Highlight war, als sich ihre Haare im Reißverschluss des Neoprenanzugs verfangen hatten und sie verzweifelt versuchte, diese irgendwie zu retten.

»Und du bist dir absolut sicher, dass du fortgeschritten bist?«, hakte einer der Teilnehmer genervt nach.

»Ich bin zu einhundert Prozent fortgeschritten!«, rechtfertigte sie sich. »Sogar fortgeschrittener als fortgeschritten!«

»Ach, wirklich?« Er schien ihr nicht zu glauben. »Auf mich wirkst du nämlich wie eine blutige Anfängerin.«

»Also, ich habe schon einen Drop Turn geschafft. Du auch?«

Moment, sagte sie gerade Drop Turn? Verdammt, der Kerl hatte recht! Sie war eindeutig eine Anfängerin!

Würde ich sie gemeinsam mit den Fortgeschrittenen Teilnehmern rauspaddeln lassen, käme ich vermutlich in Teufelsküche. Aber leider waren wir bereits zu einem anderen Strandabschnitt aufgebrochen. Abgesehen davon würde man mit Sicherheit meine Autorität anzweifeln, wenn rauskäme, dass eine Anfängerin es geschafft hatte, sich bei den fortgeschrittenen Teilnehmer einzuschleichen.

»Das heißt Top Turn.«

Einfach großartig.

Nun hatte der Kerl sie auch noch korrigiert. Immerhin schwieg sie daraufhin, bis wir schließlich beim besagten Strandabschnitt angekommen waren.