Landon: Reez, warum gehst du nicht ans Telefon?
Dawson: Wo steckst du?
Collin: Warum bist du nicht zu unserem Treffen gekommen? Ich war auch da! Dabei wollte ich euch Flachwichser nicht mehr sehen!
Ich warf mir ein Kissen über das Gesicht. Mein Handy lag neben meinem Ohr. Das andauernde schrille Piepen gab mir das Gefühl, als hätte ich Tinnitus. Über die ganze Zeit hatte ich mich bei niemandem gemeldet und habe wie ein Einsiedler gelebt.
Ich konnte es nicht über mich bringen, den anderen über die Sache mit Elin oder der scheinbaren Elin zu erzählen. Genauso wenig hatte ich jegliche Andeutungen zu den Nachrichten von ihr gemacht. Es war unwirklich und bescheuert. Ich wollte nicht mehr Drama aufwirbeln, als es schon gab.
Vielleicht rechtfertigte ich so auch nur meine miesen Entscheidungen. Denn sicherlich war es das. Eine miese Entscheidung. Nicht das ich jäh eine gute getroffen hätte. Besonders, weil ich über die ganze Zeit, in der Elin in Koma lag, ihr Nachrichten schrieb. Doch all das wirbelte meine Schuldgefühle nur auf eine verkehrte Weise auf. Verwirrung, Unsicherheit und Angst.
Ich: Bin krank. Ich liege flach.
Die Nachricht, die ich den anderen geschrieben hatte, war im Grunde genommen nicht komplett gelogen. Ich fühlte mich miserabel, wenn auch auf andere Weise.
Collin: Entspann dich und ruf an, wenn es dir wieder etwas besser geht
Landon: Ja, die Grippe hat wirklich jeden erwischt.
Dawson: Sags Bescheid, wenn du was brauchst
Ich: Danke, ich brauche nur Ruhe.
Ich bezweifelte, dass ich überhaupt Zeit zum Liegen hatte. Und dennoch versank ich in meinem Bett. Mein Körper wurde eins mit der Matratze. Alles tat mir weh. Meine Gelenke, meine Beine fühlten sich schwer an, und mein Kopf war unmöglich zu heben.
Die ganze Situation ließ mich erstarren, aber wenigstens schaffte ich es, neben meinen Nachttisch zu greifen und den Gin herauszuziehen. Ich hoffte, dass ich dadurch meine Nerven beruhigen konnte. Fehlanzeige.
Irgendetwas in meiner zerschmetterten Seele trieb mich an, aufzustehen und umherzulaufen. Ich fühlte mich wie eine leere Hülle, die umherwanderte.
Im Flur meiner Wohnung stehend, gehe ich zur Küchentheke und erinnerte mich, wie Elin dort stand und versuchte, eine Suppe zu kochen, die sie bei einer ihrer Reisen einmal probiert hatte. Eine Art Gulaschsuppe aus Ungarn. Mir fiel einfach nicht mehr der Name ein.
Das Treffen in meiner Küche war eine der Verabredungen, von denen ich meinen Freunden nichts erzählt hatte. Ich hatte noch nie jemanden in meiner Küche stehen lassen. Nicht, dass ich es nicht tat, weil ich selbst vor dem Herd stand, eher das Gegenteil, ich war schon froh, wenn ich einigermaßen nicht verhungerte.
Deshalb war es auch so seltsam, als sie vorschlug, gemeinsam etwas zuzubereiten. Elin meinte, dass dies die Bindung zueinander stärken würde. Sie hatte etwas über andere Kulturen geschwafelt, was mir entfallen war. Mein Gehirn war nicht in der Lage, auf alle Erinnerungen zuzugreifen.
Na ja, zumindest konnte ich mich daran erinnern, dass sie meine Schnippeleien bemängelt hat. Wegen mir waren riesige Paprikastücke in der Suppe. Elin hätte sie kleiner schneiden können, hat es aber nicht getan. Sie wollte meinen Teil der Arbeit nicht zunichte machen.
Ich hatte SIE zunichte gemacht.
Sie würde nie wieder in der Lage sein, von den Reisen zu schwärmen, die sie noch so gerne vorhatte. Wer hätte gedacht, dass ich dafür sorgen würde, dass sie ihre letzte Reise machte. Zumindest dachte ich das.
Das Bild von Elin, die auf dem Asphalt liegt, mit Blut aus dem Kopf und einem verbitterten Blick in ihren Augen, erschien vor mir. Es kam mir vor, als ob ich das letzte wäre, was sie gesehen hatte. Das hatte sie nicht verdient. Wenn überhaupt, hätte sie beim Bungee-Jumping über irgendeiner Klippe in Südamerika sterben sollen. So wäre sie wenigstens glücklich gestorben.
Doch ihr Zustand war so unklar. Halbtot. Halblebend. Man konnte das kaum noch ein Leben nennen.
Ich musste schwer schlucken und ließ meinen Kopf sinken. Langsam öffnete ich meine Augen und die Erinnerung verschwamm vor meinen Augen.
Mir war klar, dass ich auf die Suche nach Elin gehen musste. Vielleicht war das der Anfang des Spiels, in das ich mich manövriert hatte.
Beginnend mit dem Spiel, das ich zuletzt als Kind gespielt habe: Verstecken.
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Drugs & other Poison - Play a little Game with Me
Mistério / SuspenseWie viel von deinem eigenen Spiel kannst du dir zumuten? -•-•-•-•-•-•-•-•-•-•-•-•-•-•-•-•-•-•-•-•-•-• Was passiert, wenn ein Spiel unter Freunden dafür führt, dass das Leben einer ahnungslosen Person den Bach runtergeht? Und was passiert mit ihnen...