51. Kapitel - Tobias

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Ich versuche, die Panik zu ignorieren,
die jedes Mal in mir aufsteigt, wenn er beinahe gegen Straßenlaternen oder Hindernisse fährt, und beobachte stattdessen den Schnee.
Ich habe die Leere, die der Winter mit sich bringt, schon immer gehasst - die kahle Landschaft und den schroffen Kontrast zwischen Himmel und Erde, die Art, wie die Bäume sich in Skelette und die Stadt sich in eine Wüste verwandelt. Vielleicht kann mich dieser Winter vom Gegenteil überzeugen.
Wir fahren an den Zäunen vorüber und stoppen vor den Eingangstoren zum Gelände, die nicht länger von Wachen gesichert werden. Wir steigen aus, und Zeke ergreift die Hand seiner Mutter, um sie zu stützen, während sie durch den Schnee schlurft. Als wir das Gebäude betreten, wird das Gefühl zu Gewissheit - Caleb hat es geschafft. Die Gänge sind wie ausgestorben, was nur bedeuten kann, dass der Reset erfolgreich war, dass die Erinnerungen für immer verändert wurden.
„Wo sind denn alle?", wundert Amar sich.
Wir gehen durch den verlassenen Checkpoint, ohne dass uns jemand aufhält. Dahinter sehe ich Cara. Eine Seite ihres Gesichts ist übel aufgeschürft und sie trägt einen Verband um den Kopf - aber das ist es nicht, was mir Sorgen macht. Was mich beunruhigt, ist der Ausdruck auf ihrem Gesicht.
„Was ist los?", frage ich.
Cara schüttelt nur den Kopf.
„Wo ist Tris?"
„Es tut mir leid, Tobias."
„Was tut dir leid?", fragt Christina mit rauer Stimme. „Sag uns, was passiert ist!"
„Tris ist anstelle von Caleb ins Waffenlabor gegangen", sagt
Cara. „Sie hat das Todesserum überlebt und das Gedächtnisserum freigesetzt, aber sie ... sie wurde angeschossen. Und sie liegt im Koma - wie Uriah. Sie wird vermutlich sterben. Es tut mir so leid."
Meistens weiß ich, wann mich jemand anlügt und wann nicht - und das hier muss eine Lüge sein, denn Tris lebt noch. Ihre Augen leuchten und ihre Wangen sind gerötet, ihr zierlicher Körper sprüht vor Energie und Kraft und sie steht im Atrium und badet in einem Sonnenstrahl. Tris lebt - sie würde mich nie alleine zurücklassen, sie würde nie anstelle von Caleb ins Waffenlabor gehen.
„Nein." Christina schüttelt den Kopf. „Ausgeschlossen. Das kann nicht sein."
Cara steigen Tränen in die Augen.
Und da begreife ich: Natürlich würde Tris anstelle von Caleb ins Waffenlabor gehen.
Natürlich würde sie das.
Christina schreit irgendetwas, aber ihre Stimme dringt nur gedämpft zu mir durch, als wäre mein Kopf unter Wasser. Caras Gesicht verschwimmt, die Welt zerläuft in einem Schleier trüber Farben.
Ich darf mich nur nicht bewegen - wenn ich einfach still stehen bleibe, kann ich verhindern, dass es wahr wird, dann kann ich so tun, als sei alles in Ordnung. Christina wird von ihrem Kummer in die Knie gezwungen, Cara umarmt sie, und ich

... ich stehe einfach nur da.

Die Bestimmung - Letzte Entscheidung Alternatives EndeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt