Als seine stahlgrauen Augen mich erfassten, war ich wie gelähmt. Sein Blick durchbohrte mich förmlich und ich konnte fühlen, wie meine Knie weich wurden. Wie konnte es sein, dass mich ein Mann mit nur einem Blick gänzlich aus der Fassung bringen konnte?
"Einen schönen Abend die Damen, der Herr", hörte ich die tiefe Stimme des Mannes neben ihm. Erst jetzt betrachtete ich auch ihn. Er war ähnlich machtheischend, auch schön anzusehen. Aber er war nichts gegen seinen Begleiter, den mysteriösen Grauäugigen. Er war von athletischer Statur, sein Haar war dunkelbraun, beinahe schwarz. Seine schwarzes Kostüm lies auf Wohlstand schließen. Doch das wohl schmeichelndste an ihm war sein kantiges Gesicht, inklusive des markanten Kinns und der starken Augenbrauen.
Nun öffnete auch er den Mund zu einer kurzen, weniger herzlichen Begrüßung. Sofort hörte ich Vater: "Einen wunderschönen Abend auch Ihnen beiden, wir freuen uns sie in unserem Heim willkommen heißen zu dürfen." Er schritt zu dem ersten Herren hinüber, welcher sich als Harold Edward Styles Herzog von Wales vorstellte. Danach stellte sich sein Gefährte vor, bei ihm handelte es sich um Sir Anthony Warden.
"Dies sind meine bezaubernden Töchter", erklärte mein Vater: "Leanne, Eliza, Bethany und unsere jüngste, Jeanny. Und das ist mein Frau", schloss er ab und deutete auf Mutter, die es mit einem kurzen Knicks quittierte.
"Ich hörte, sie lieben die Jagd, Herzog?", fragte Mutter in ihrem üblichen, Interesse heuchelndem, Tonfall. "In der Tat, Mylady. Ich war schon in vielen Teilen des Landes und auch schon in Europa. Das ist wohl einer der Vorteile, wenn man ein solches Hobby pflegt, man kommt aus den Palästen und Regierungsgebäuden heraus und sieht etwas von der Welt." Verzückt von seiner Antwort lächelte Mutter zuckersüß. Auch meine beiden jüngeren Schwestern schienen an seinen Lippen zu kleben. Nur Leanne guckte dezent gelangweilt durch den Salon, was aber auch zu erwarten war. Ich für meinen Teil betrachtete nun wieder Sir Warden. "Was pflegen sie für Freizeitaktivitäten, Sir?", fragte ich zu meinem Erstaunen. Vater, sowie Mutter, schauten mich etwas verwundert, wenn auch wohlwollend an.
"Ich beschäftige mich mit der Literatur und der Politik. Ab und zu gehe, so wie mein werter Freund jagen", er nickte dem Herzog zu. Ich versuchte ihn daraufhin möglichst charmant anzulächeln, was mir aber nicht wirklich gelang, weil mein Gesicht viel zu angespannt vor Nervosität war.
"Nun ich denke, wir sollten uns zu Tisch begeben, um dort weiter zu plauschen," sagte Vater und deutete auf die festlich gedeckte Tafel.Der Vorspeise ging an mir, ohne groß Eindruck zu hinterlassen, vorbei. Meine Mutter versuchte ein lebendiges Gespräch zu Stande zu bringen, während Vater sich über die gefüllte Wachtel hermachte und ab und zu ein Kommentar fallen ließ. Meine Schwestern hörten größtenteils zu und aßen still vor sich hin.
Doch als die Hauptspeise serviert wurde, fiel mir der durchdringende Blick des jungen Sir Warden auf. Er musterte mich mit... vielleicht Interesse? Welcher Ausdruck auch in seinem Blick lag, es war mir gleich, denn mir war die Situation höchst unangenehm und ich fühlte mich unsicher.
"Leanne, möchtest du nicht unseren Gästen von deiner Leidenschaft für das Malen erzählen?", fragte Mutter. Leanne seufzte leise auf und wandte sich dem Herzog zu, der sie mit höflichem Interesse anschaute. "Nun, ich suche die meisten meiner Motive in der Natur. Meist jedoch nur hier im Park." Der Herzog nickte. Damit war die Unterhaltung für Leanne abgeschlossen und sie aß weiter. Mutter schaute für einen Moment erbost, doch errichte schnell wieder ihre Fassade und forderte mich auf von meinen Freizeitaktivitäten zu berichten.
"Ich begeistere mich hauptsächlich für die Literatur," begann ich:" Am liebsten mag ich wohl die Werke der Dichter. Ihre Worte lassen mich mitfühlen und in eine andere Welt abtauchen und dabei fühle ich mich so..." Meine Mutter räusperte sich und ihr mahnender Blick lag auf mir. Ich war abgeschweift. Die Röte schoss mir unter die Haut und ich beugte mich wieder zu meinem Essen um mich nicht ganz der Lächerlichkeit preiszugeben.
Der Hauptgang wurde abgetragen und die Nachspeise folgte: Ein paar exotische Früchte, kunstvoll angerichtet und mit diversen Soßen verziert. Nun war es an den beiden Herren das Tischgespräch aufrecht zu erhalten. "Ähm nun. Wie sie bereits wissen begeistere ich mich für die Jagd. Dennoch pflege ich noch die Reitkunst sowie die Fremdsprachenlehre." "Oh wie interessant, Herzog!" Zu meinem Erstaunen kam der Ausruf von Bethany die den Herzog mit glühenden Augen betrachtete. Allerdings ging der Herzog kaum auf Bethany's Äußerung ein.
"Ja, in der Tat junges Fräulein", half Sir Warden meiner Schwester. "Auch ich lerne derzeit eine neue Sprache, da ich denke, dass man in der heutigen Welt besser mehrsprachig gestellt ist."
Ich horchte auf. Erst sah Sir Warden verboten attraktiv aus, dann hätte er noch eine Vorliebe für Literatur, genau wie ich, und er bildet sich weiter. Er ist ein Traum von Mann. Dennoch fragte ich mich misstrauisch, wieso ein solch stattlicher Mann noch nicht vermählt war. "Sir? Was für eine Sprache lernen sie gerade, wenn ich fragen darf?", prüfte ich. "Französisch." Sir Warden schaute mir erneut tief in die Augen und ein Gefühl durchströmte mich, dass ich nicht recht zuordnen konnte. Dennoch war es kein schlechtes Gefühl. Ich war verwirrt. Noch nie, ich betone, nie hatte ein Mann eine solche Wirkung auf mich.Das Dinner hatte sich aufgelöst und wir saßen im blauen Salon, wo Jeanny leise auf dem Flügel spielte und sich Vater und Mutter mit dem Herzog von Wales unterhielten und Bethany Sir Warden belagerte und ihn Löcher in den Bauch fragte, welche er, zu meiner Freude, äußerst intelligent und gewitzt beantwortete. Leanne und ich saßen in den sandfarbenen Sesseln am Fenster.
"Oh wie ich solche Treffen verabscheue", flüsterte Leanne. Ich nickte. "Der Herzog ist wirklich langweilig und Sir Warden ist... Ich weiß nicht." Ich beendete den Satz für sie:" ... zu gut um wahr zu sein?" "Genau."Hey danke für die Unterstützung. Ich freue mich wirklich 😊 Habt noch einen schönen Tag
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Der Herzog
Historical FictionIch würde niemals behaupten ich hätte es geahnt. Doch ab dem Moment, wo ich ihm zum ersten Mal in die Augen blickte, war es bereits um mich geschehen. Wenn auch ohne mein Wissen. Ich, Eliza Mary Foster, lebte zur Zeit der Aufstände, des Neubeginns...