Der nächste Morgen kam und mit ihm der Sonnstag unseres nächsten offiziellen Zusammentreffens. Es war zwar erst kurz nach sechs Uhr morgens, aber ich lag wach in den Laken. Ich hatte sehr unruhig geschlafen. Immer wieder wachte ich diese Nacht auf, leicht verschwitzt mit den Träumen vor Augen. Sie drehten sich ausschließlich um das heutige Zusammentreffen mit Sir Warden. Und zu meinem Beunruhigen waren es hauptsächlich Horrorszenarien.
Ich schlug mir den Gedanken aus dem Kopf und sagte mir, dass alles gut laufen würde. Seufzend setzte ich mich auf, da ich mir gewiss war diese Nacht keinen Schlaf mehr zu finden.
Vor dem Fenster erblickte ich unseren Garten, bedeckt mit Morgentau. Dieser funkelte förmlich in den ersten Sonnenstrahlen des Tages.
Schnell nahm ich mir ein großes mit geklöppelter Spitze verziertes Tuch und warf es mir um die Schultern über mein Nachtgewand. Leise öffnete ich die große Flügeltür meines Schlafgemachs und tapste in den Garten.
Dort angekommen nahm ich sofort einen tiefen Zug der kühlen Luft. So stand ich nun dort: Den Garten betrachtend und in Gedanken bei dem Dinner. Doch plötzlich würde ich aus meinen Gedanken gerissen, als die schrille Stimme unserer alten Haushälterin, Mrs Norbury, ertönte: "Miss, was machen sie denn schon draußen? Sie werden sich eine Erkältung holen! Nun kommen Sie rein oder lassen Sie mich Ihnen einen Mantel bringen." Ich verdrehte die Augen und schritt auf sie zu und ging wieder ins Haus.
Nach zwei Stunden des Wartens, standen auch meine Familienmitglieder mehr oder weniger freiwillig auf. Wir saßen alle an der gedeckten Tafel und aßen. Meine Mutter ergriff das Wort: "Das ihr mir heute alle artig seid und das beste Benehmen an den Tag legen möget. Noch einen Fehlschlag ertragen meine Nerven nicht," bei diesem Satz musterte sie Leanne besonders scharf. Diese zuckte allerdings nur mit ihren Schultern und beachtete Mutter nicht weiter. "Und Eliza, Schatz. Dies könnte auch ein sehr bedeutender Tag für dich werden, ich erwarte, dass du dich auch zu bestem Betragen zusammenraffen kannst." "Natürlich." Ich hatte nicht sonderlich große Lust mich mit ihr zu unterhalten. Meine Mutter seufzte nur theatralisch und aß nun auch ihr Rührei weiter.
Der Abend kam und ich war mir nicht mal im Klaren, wie ich Sir Warden gegenüber treten sollte. Auch weil es ja eigentlich der Herzog und nicht Sir Warden war der Interesse an mir bekundet hatte. Ich entschied mich für Neutralität.
Allerdings war ich, als meine Schwestern und ich in einer Kutsche Platz genommen hatten, viel zu aufgeregt, um überhaupt ein aufwendigeres Schauspiel ausführen zu können. Der Wagen setzte sich ruckelnd in Bewegung.
Nach geraumer Zeit erhaschte ich die ersten Blicke auf das pompösen Anwesen des Herzogs. Der Wald lichtete sich allmählich und im Lichte der untergehenden Sonne blitzten mir die hohen Fenster entgegen.
Schließlich hörte ich die hölzernen Räder unserer Kutsche auf den harten Stein der gepflasterten Auffahrt schlagen. Meine Nervosität erreichte ein mir bis jetzt unbekanntes Level. Meine Hände bebten und mein Kopf war voll mit Ängsten und Befürchtungen, aber auch Freude. Freude den Mann wiederzusehen, der mir seit unserem 1. Zusammentreffen einfach nicht mehr aus dem Kopf ging. Sir Warden. Ich sah ihn bereits vor mir mit seinem langen dunklen Mantel, den goldenen Knöpfen und dem mysteriösen Gebaren.
Die Wagen blieben vor der großen hölzernen Doppeltür stehen und sofort wurden die Türen der Kutschen geöffnet. Pagen klappten die Treppchen aus und hielten uns die Hand, auf das wir sicher hinunter kamen. Dankend nickte ich meinem zu, der unsicher wegblickte.
Wir schritten durch das geöffnete Tor und wurden direkt in einen großen royalblauen Salon geleitet. Er wurde durch große kristallene Kronleuchter in flackerndes Licht getaucht. Man konnte eindeutig erkennen, dass der Herzog ein reicher Mann war. Meine Schwestern und ich unterhielten uns tuschelnd über die Herrlichkeit dieses Raumes, bis mein Vater sich nervös räusperte. Ich schaute zu ihm, und erblickte den Herzog und Sir Warden, wie sie durch die Tür schritten. Sofort fixierte ich Sir Warden, der mich aber keines Blickes würdigte und eher verdrießlich dreinschaute. Dafür bemerkte ich, dass der Herzog mich wohlwollend musterte. Mit zitternden Händen strich ich mir über mein Kleid.
"Seid willkommen! Ich freue mich, dass ihr meiner Einladung Folge geleistet habt und alle in meinem bescheidenen Palast erschienen seid," tönte der Herzog und lächelte milde in die Runde. "Wir haben zu danken", sagte Mutter in einem recht unterwürfigem Ton. Ich konnte nicht anders, ich musste mit den Augen rollen. Plötzlich sah ich aus dem Augenwinkel wie Sir Warden mich tadelnd betrachtete. Augenblicklich wurde mein Gesicht heiß.
Das Essen schmeckte vorzüglich, aber leider konnte ich mich keinem großen Appetit erfreuen, da ich mich wie unter ständiger Beobachtung von Sir Warden fühlte. Auch beteiligte ich mich nur halbherzig an den Tischgesprächen, ganz zum Unmut meiner Eltern.
"Mir ist nicht sonderlich wohl," sagte ich leise: " Entschuldigt mich." Knarrend rückte ich meinen Stuhl nach hinten und schritt aus dem Salon hinein in das große Haus. Alsbald konnte ich Schritte hinter mir vernehmen. Ich drehte mich auf dem Fuße um und blickte in das Antlitz von dem Herzog von Wales. "Madame, gestatten Sie, dass ich Ihnen das Bad zeige?" Ich nickte schüchtern.
Wir liefen stillschweigend nebeneinander her, bis wir eine mit goldenen Schnitzereien verzierte Tür erreichten. Plötzlich sprach der Herzog: "Es ist ein wunderschöner Abend, finden sie nicht?" "Ja... Ich denke ja." Das Licht der untergehenden Sonne brach sich durch die hohen Fenster und warf goldenes Licht auf den langen Flur, in dem wir standen. "Ich finde, sie sind eine interessante Dame, Eliza. Sie sind nicht leicht zu durchschauen und immer leicht träumerisch." "Das liegt wohl in meiner Natur, Herzog. Ich war nie eine Dame vieler Worte. Und ich bevorzuge es, mein Inneres nicht nach außen zu tragen", entgegnete ich ihm. Er warf mir einen durchdringenden Blick zu und verschwand. Ich stieß die Tür zum Badezimmer auf und stützte meine Hände auf die Ablage vor dem großen Spiegel.
'Ich hätte schwören können, es wäre Sir Warden der mir gefolgt war', dachte ich gedankenverloren. 'Mensch, Eliza, beherrsch dich!' Ich seufzte laut, verwirrt über mein Bedürfnis nach Sir Wardens Nähe zu sein und richtete mein Haar.Danke für's Lesen meiner Geschichte 😊 Ich weiß, ich update nicht sonderlich schnell, Entschuldigung dafür.
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Der Herzog
Historical FictionIch würde niemals behaupten ich hätte es geahnt. Doch ab dem Moment, wo ich ihm zum ersten Mal in die Augen blickte, war es bereits um mich geschehen. Wenn auch ohne mein Wissen. Ich, Eliza Mary Foster, lebte zur Zeit der Aufstände, des Neubeginns...