Kapitel 8

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Der Morgen war deutlich von dem abendlichen Ball gezeichnet: Mägde wuselten durch die unteren Flure und Räume, fleißig am putzen und aufräumen. Essen taten wir auch in einem der oberen Speiseräume, welcher von dem Pulk verschont geblieben war. Währenddessen waren alle recht wortkarg, denn die nächtlichen Anstrengungen hatten Spuren hinterlassen. Mutter saß mit einer Hand am Kopfe am Tisch, Vater hatte tiefe Augenringe, sowie meine Schwestern. Jeanny vielen sogar bei jedem Bissen beinahe die Äuglein zu.

Schließlich fragte Mutter in einem brüchigem Ton, ob ich mich amüsiert hätte und der Herzog ja nicht zu kurz kam. Ich bejahte und versicherte ihr, dass ich mehrmals mit ihm getanzt und mich vorbildlich benommen hatte. Dies schien sie zu beruhigen, denn sie begann erneut ermüdet in ihrem Getränk herumzurühren.

Der Tag schlich dahin, keiner war in der rechten Verfassung etwas mit sich anzustellen. Doch gen Abend kippte die Stimmung. Aufruhr kehrte ein. Einmal weil der Herzog ein Schreiben sandte, in welchem er sich für das bezaubernde Fest bedankte und erklärte, dass er wohl in den nächsten Tagen vorbeischauen wollte, um das Dorf besser kennenzulernen.

Dies wurde allgemein als ein sehr gutes Zeichen gedeutet, nicht aber Leanne's Anwandlung ein französisches Kunsthaus zu besuchen, um sich dort weiterzubilden. Mutter empfand dies als eine wunderliche Idee, da es ihrer Meinung nach nicht von Wichtigkeit sei sich mit den weltlichen Künsten vertraut zu machen. Schließlich befänden wir uns in England und nicht im Reste Europa's. Auch Vater war unbeeindruckt von ihrem Vorhaben, wodurch Leanne wutentbrannt und mit wüsten Beschimpfungen auf den Lippen den Salon verließ. Schnell eilte ich ihr nach, denn ich wusste nur zu gut, wie sie sich in eine solche Emotion hineinschaukelte. Ihre energischen Schritte auf dem blanken Marmorboden wurden immer leiser, weshalb ich Probleme mit dem Hinterherkommen bekam. Dennoch war ich mir gewiss sie nicht zu verlieren, denn meine Schwester hatte einen Lieblingsplatz, bei welchem sie immer Unterschlupf suchte, wenn sie aufgebracht war.

Wie erwartet fand ich sie in der Mitte des kleinen Buchslabyrinthes in der kleinen zierlichen Laube sitzen. Blätter rankten über das filigrane Holzgeflecht.
„Annie, willst du vielleicht mit mir drüber reden?" Sie schauten auf, zum Glück fand ich keine Spur einer Träne auf ihren geröteten Wangen. Sie zuckte gleichgültig mit den Schultern. Ich nahm es als ein gutes Zeichen und ließ mich neben ihr nieder. „Ist dir das wirklich so wichtig? Ich meine das mit dem Kunsthaus?" Sie nickte und begann zu erzählen: „Ich habe es satt jeden Tag die gleichen fad grünen Hügel zu sehen, die gleichen Flüsse und das gleiche Wetter. Meine Inspiration hier lässt sich lange suchen. Ich kann nicht umhin mich zu fragen, ob wo anders die Kunst nicht anders, nicht vielfältiger ist. Deswegen denke ich, dass Frankreich ein guter Start sei. Vielleicht kommen dann ja auch die Ideen wieder und ich komme über meinen Horizont hinaus." Ich konnte nicht anders als beeindruckt zu sein. Annie hatte den Mut, den ich nie aufzubringen vermochte. Ich nickte und damit war die Sache für sie abgeschlossen, sie erhob sich und ging zu den Stallanlagen.
Den restlichen Abend bis spät in die Dämmerung ließ sich Leanne nicht mehr blicken. Als sie gegen 10 immer noch nicht aufgetaucht war, wurde es am Hofe zunehmend unruhig. Vater entsandte Bedienstete, um das gesamte Gelände nach ihr abzusuchen. Doch der einzige Erfolg, der sich einstellte war, dass das Fehlen von Leanne's Pferd , samt Sattel und Zaumzeug, bemerkt wurde. Die Unruhe am Hofe wurde durch diesen Fakt nur weiter geschürt, weswegen nun Reiter ausgeschickt wurden.
Rastlos lief ich im blauen Salon auf und ab. Wo konnte sie nur verblieben sein? Normalerweise verhielt sie sich immer ruhig und reflektiert. Ich schätzte sie deswegen, aber auch wegen ihrer Art immer die Wahrheit auszusprechen und eine Gratwanderung zwischen gesellschaftlichem Wohlwollen und Verpöntheit zu absolvieren. Sie, als meine ältere Schwester, half mir immer in Konfliktsituationen und ermutigte mich nicht allzu leicht nachzugeben, wenn das Bestrittene meinen Idealen entsprach. Oft unternahm sie mit mir heimlich an warmen Sommertagen Ausflüge in die unser Anwesen umgebenden Wäldchen. Ich habe es geliebt, doch wo wir nun erwachsen waren, hatten wir die märchenhaft scheinende Wälderlandschaft unbewusst aus unseren Köpfen verdrängt und sie mit andern "nützlichen" gefüllt.
Plötzlich fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Leanne hatte mir damals eine alte, durch Moos zerfressene Steinhütte nicht unweit von unserem Heim gezeigt. Sie meinte, es wäre ein prima Platz zum Nachdenken.
Schnell trugen mich meine Beine zu den Stallungen, wo ich mir mein Pferd, Suzie, schnappte und es aufzäumte. Etwas ungelenk kletterte ich auf ihren Rücken und wir galoppierten in die samtene Nacht.
Als wir ein Stückchen in das Waldstück, nun im Trapp, vorgedrungen waren verließ mich mein anfänglicher Mut und die Angst kroch mir den Nacken hoch. Hinter jedem dicken Baum, den wir passierten, erwartete ich etwas schauderhaftes. Was wusste ich allerdings nicht. Mein Pferd schien meine Unsicherheit zu spüren und verzögerte. Nun wurde ich im Schritt immer tiefer in den dustren Wald getragen. Ich hoffte das Häuschen schnell wiederzufinden.

Nach einer weiteren gefühlten Ewigkeit wurde des Gehölz so dicht, dass ich absteigen musste. Gewissenhaft band ich Suzie an den nächsten, mir kräftig erscheinenden Baum, und folgte dem schmalen, von Wurzeln überwuchertem Pfad ins Nichts. Ein kurzer Blick über die Schulter. Suzie stand noch da und rührte sich nicht. Sie schien auf etwas, was vor mir im Dunkeln lag, zu starren. Meine unterschwellige Angst kochte nun hoch. Langsam drehte ich mich um und folgte ihrem Blick. Nichts. Doch dann hörte ich etwas knacken. „Hallo? Ist da wer?", fragte ich unsicher in die Schwärze hinein. Das Geräusch kam näher. „Wer ist da?!" Diesmal fragte ich energischer. „Liz?", fragte eine andere Stimme zurück. Der Stimme folgte schließlich der Körper. „Leanne!" Ich rannte auf sie zu:„Was ist denn nur mit dir geschehen? Geht es dir gut?" Wir schlossen uns in eine enge Umarmung. „Mein Pferd hat mich abgeworfen und hat Reiß aus genommen. Seither versuche ich den Weg nach Hause zu finden." Sie lächelte erleichtert. Ich begutachtete die genauer: ihre Kleidungen war von Dreck geziert, ihr Haar mit zahlreichen Blättern geschmückt. Auf ihren Armen zeichneten sich zartrote Kratzer ab. „Komm, wir reiten nach Hause", sagte ich und zog sie an ihrer klammen Hand hinter mir her.
Als wir aus dem Wald herausbrachen waren wir beide erleichtert. Sterne erhellten uns den sandigen Weg vor uns. Das Tor unseres Anwesend blitzte hinter ein paar Büschen auf. Ich drehte mich um und sah wie ein Lächeln Leanne's Lippen umspielte. Trotz alledem, was vorgefallen war, war sie froh wieder hier zu sein.

Endlich mal wieder, hm? Ich würde sagen, dass das jetzt mein Rekord ist :D
Ich könnte mich jetzt anfangen zu entschuldigen, aber ich denke es reicht wenn ich sage, dass ich nur weiterschreiben, wenn ich mich danach fühle. Ganz oder gar nicht ;)
Ich würde mich über Feedback zur bisherigen Storyline freuen :)

Kaya

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⏰ Letzte Aktualisierung: Jun 04, 2016 ⏰

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