𝟒𝟗| Ohne dich

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Without you, there's no chance
My nights and days are grey
If I reached out and touched the rain
It just wouldn't feel the same

~★~

𝐋𝐨𝐬 𝐀𝐧𝐠𝐞𝐥𝐞𝐬 𝟖. 𝐀𝐮𝐠𝐮𝐬𝐭 𝟏𝟗𝟖𝟒

𝐀𝐥𝐞𝐣𝐚𝐧𝐝𝐫𝐨:

Das stätige Ticken der Küchernuhr drang durch die Dunkelheit an mein Ohr. Nur langsam durchdrang es den Nebel. Aber als das Geräusch sich endlich in mein Bewusstsein durchgekämpft hatte, blieb es dort hartnäckig, wie ein Parasit. Ich öffnete langsam die Augen. Noch immer saß ich auf der Küchenbank, den Kopf auf die Tischplatte gebettet. Mein Kopf schmerzte höllisch, als ich mich vorsichtig aufrichtete. Glasscherben waren auf dem Boden zerstreut, dazwischen lag ein umgekippter Stuhl. Die Szene ließ die Erinnerungen erneut vor meinem inneren Auge ablaufen. Wie ein Film flackerten sie über mein inneres Bewusstsein. Angies entsetzten Gesichtsausdruck, als ich die Flasche nach ihr geschmissen hatte, würde ich nie vergessen. Ich hatte es also tatsächlich geschafft, die Frau zu vertreiben, die mir so sehr ans Herz gewachsen war. Eigentlich sollte mich diese Tatsache nicht überraschen, doch der Schmerz raubte mir den Atem. Es war meine Schuld und vielleicht war es besser, dass sie gegangen war. Ich traute meinem eigenen Handeln nicht mehr, hatte Angst, dass ich sie tatsächlich verletzen würde. Ich sah auf die zweite Alkoholflasche, die noch bis zum Rand gefüllt war. Etwas in mir schlug um. Ich stand auf. Etwas zu schnell, denn der Raum begann sich zu drehen. Kurz schloss ich die Augen, bis sich das Schwindelgefühl wieder legte. Dann griff ich nach der Alkoholflasche und öffnete den Deckel. Ich schüttete die durchsichtige Flüssigkeit in den Abfluss.

"Al, was machst du? Weißt du, wie teuer diese Flasche war?", Gino betrat aufgebracht den Raum und musste mitbekommen haben, dass ich seinen teuren Alkohol weggeschüttet habe. Langsam sah er sich um und seine Augen weiteten sich. Die Szene musste schrecklichen aussehen. Glasscherben und umgeworfene Möbel lagen am Boden verstreut. Dieser Raum ähnelte einem Schlachtfeld.

Ich hob die Flasche direkt vor Ginos Gesicht.
"Dieses verfluchtes Getränk ist daran Schuld, dass zwischen Angie und mir Schluss ist", zischte ich, bevor ich die Flasche in den Abfall warf. Im nächsten Moment wurde ich grob am Arm gepackt. Blitzschnell wandte ich mich dem Schlagzeuger zu, der mich aus dunklen Augen anfunkelte.

"Was hast du gemacht, Al? Warum sieht es hier so aus?", drängend umfasste er meinen Arm fester. In seinen Augen standen Sorgen geschrieben. Er sorgte sich um Angie. Der Gedanke an Angie versetzte mir einen schmerzhaften Stich, während mich gleichzeitig erneut eine Welle von Schuldgefühlen zu überwältigen drohte.

"Ich - Ich habe eine Flasche nach ihr geworfen. Ich konnte mich nicht kontrollieren, wollte irgendetwas zerstören. Für einen Moment... wollte ich ihr wehtun", murmelte ich leise. Dieses Gefühl von unkontrollierbarer Wut, das mich in diesem Moment erfüllt hatte, machte mir mehr Angst, als alles andere. Ginos Augen weiteten sich. Dann versetzte er mir einen so heftigen Stoß gegen die Brust, dass ich nach hinten stolperte und schmerzhaft gegen den Küchentisch stieß. Ich wehrte mich nicht. Selbst wenn er auf mich losgehen würde, hätte ich jeden einzelnen Schlag verdient.

"Adam hatte Recht, ich hätte nicht darauf vertrauen sollen, dass du Angie zusammenbleibt. Du hast es nicht mal geschafft, sie so zu behandeln, wie eine Frau es verdient." Jedes Wort schnitt sich in mein Herz, wie ein Messer. Und zwar nicht, weil ich Ginos Unterstützung wollte, sondern weil ich wusste, dass er Recht hatte. Ich hatte es nicht geschafft mich von Angie zu trennen, obwohl ich wusste, dass ich sie auf irgendeine Weise verletzen würde. Ich verletzte jede Person, der ich etwas bedeutete. Auch Adam und Gino würde es so gehen, wenn sie erstmal auf das Messer stießen.

"Ich räum später auf", ich wollte nur noch in mein Zimmer, um den Anblick der entstellten Küche und Ginos vorwurfsvollen Blick nicht mehr ertragen zu müssen. Ich hastete den Gang entlang, als würde mich der Teufel verfolgen. Aber an Angies Tür hielt ich unwillkürlich inne. Eine leise Melodie drang gedämpft an mein Ohr. Sie klang so niedergeschlagen, wie ich mich fühlte. Ich konnte förmlich vor mir sehen, wie Angie auf dem Stuhl saß und ihre Finger mühelos über die Saiten der Gitarre huschten, ein leises Lächeln auf den Lippen, als sie das Instrument zum Klingen brachte. Nein, ein Lächeln passte nicht in dieses Bild. Die Melodie war viel zu traurig dafür. Der Gedanke, dass ich der Grund für ihre Traurigkeit war, rammte erneut ein Messer in mich.

Ich löste mich aus meiner Erstarrung und ging stattdessen in mein Zimmer. Mit einem Seufzen ließ ich mich auf mein Bett fallen und vergrub das Gesicht in meinem Kissen. Ich wollte nur noch schlafen, die Welt ausblenden und erst wieder aufwachen, wenn dieser brennende Schmerz nachgelassen hatte. Aber kaum schloss ich die Augen tauchte Angies Gesicht in meinen Gedanken auf und raubte mir jede Ruhe. Ich wünschte, ich könnte das Geschehen einfach aus meiner Vergangenheit löschen, zu Angie gehen und sie erneut in meine Arme schließen. Wie sollte ich jetzt weitermachen? Ich hatte von dieser süßen Beziehung zwar nur ein kleinen Teil gekostet, doch konnte bereits nicht mehr in mein bisheriges Leben zurückkehren, als wäre nichts geschehen. Wie konnte ich Angie nur jemals loslassen?

Immerhin muss ich ihr jetzt nicht mehr von dem Messer erzählen, schoss es mir durch den Kopf, aber fand in diesem Gedanken nicht den geringsten Trost. Tränen traten in meine Augen und ich schaffte es nicht sie zurückzuhalten. Ich wusste nicht, wann ich das letzte Mal stumm in mein Kissen geweint hatte, aber es war vermutlich in meiner Kindheit gewesen. Es fühlte sich seltsam befreiend an, den Tränen nachzugeben. Stimmengewirr erklang gedämpft durch meine Tür, aber ich blendete die Störung einfach aus.

Die pochenden Kopfschmerzen meines Rausches wurden langsam besser, während meine Augenlieder immer schwerer wurden. Langsam driftete ich in einen unruhigen Schlaf.

𝐺𝑜𝑜𝑑 𝑏𝑜𝑦'𝑠 𝑑𝑜𝑛'𝑡 𝑝𝑙𝑎𝑦 𝑅𝑜𝑐𝑘 '𝑛' 𝑅𝑜𝑙𝑙Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt