𝟓𝟒| Gefangen

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Oh, you wired me awake
And hit me with a hand of broken nails
Yeah, you tied my lead and pulled my chain
To watch my blood begin to boil
But I'm gonna break

~★~

𝐋𝐨𝐬 𝐀𝐧𝐠𝐞𝐥𝐞𝐬, 𝟏𝟕. 𝐀𝐮𝐠𝐮𝐬𝐭 𝟏𝟗𝟖𝟒

𝐀𝐥𝐞𝐣𝐚𝐧𝐝𝐫𝐨:

Ich saß in dem kargen Raum. Nur ein Tisch und zwei Stühle, ansonst nur eintönig, graue Wände. Wortlos sah ich auf das blutige Messer vor mir. Ich spürte die brennenden Blicke der Polizistin auf mir, die sich wie Pfeile in mich bohrten und jede meiner Regungen beobachteten.

"Woher haben Sie das?", wollte ich schließlich mit rauer Stimme wissen. Noch hielt ich den Blick gesenkt.

"Ich glaube nicht, dass Sie in der Position sind, die Fragen zu stellen", erwiderte die Polizistin ungerührt. Wut schoss, wie Feuer, durch meine Adern und ich sprang so plötzlich auf, dass mein Stuhl polternd umkippte.

"Woher haben Sie das?", wiederholte ich aufgebracht. Misstrauen drohte mich innerlich zu zerreißen. Woher wussten sie von dem Messer in meinem Zimmer? Irgendjemand musste es ihnen verraten haben.

"Wir bekamen einen Hinweis, dass sich die Tatwaffe in Ihrem Zimmer befand. Mehr können wir leider nicht sagen", entgegnete die Polizistin nur ruhig. Sie schien völlig unbeeindruckt von meinem Angriff zu bleiben. Kurz starrte ich sie nur an, bevor ich schwer atmend nach dem Stuhl griff und ihn wieder aufstellte. Jegliche Wut verließ meinen Körper, als ich auf den Stuhl sank. Stattdessen breitete sich eine tiefe Resignation in mir aus. Leere, wie ich sie nach meiner meiner Auseinandersetzung mit Angie verspürt hatte, drohte mich zu verschlucken.

"Was ist in jener Nacht vorgefallen, als Virginia Anderson ermordet wurde, Mr. Wilson?", fragte die Polizistin. Ich fixierte das Messer. Noch immer drehten sich meine Gedanken darum, wer den Bullen den Hinweis gegeben hatte. Es musste jemand aus meinem Freundeskreis gewesen sein oder eine der zahlreichen Frauen, die Gino nach Hause gebracht hatte. Die zweite Option war nicht mal so abwegig. Ich konnte mich wage erinnern, vor einigen Tagen eine Frau abgewiesen zu haben. Sie war wütend aus den Zimmer gestürmt, während sie mir Rache schwor.

"Ich weiß es nicht. Ich war betrunken und kann mich nur noch erinnern, dass ich mit Virginia geschlafen habe. Am nächsten Morgen bin ich aufgewacht und sie war weg", gestand ich schließlich leise. Ich wusste nicht, warum ich mich der Polizistin anvertraute, aber etwas an ihr beruhigte mich. Vielleicht war es die Ruhe und Konsequenz, die sie ausstrahlte. Im Gegensatz zu vielen ihrer Kollegen war sie mir gegenüber immer respektvoll geblieben.

"Wir werden das Messer auf Fingerabdrücke untersuchen lassen. Dann haben Sie auch Gewissheit. Bringt es Sie nicht innerlich um, nicht zu wissen, was vorgefallen ist?", fuhr die Polizistin fort. Es überraschte mich, dass sie mir so bedingungslos glaubte. Ich schluckte schwer. Stunden voller Alkohol, Kopfschmerzen und Alpträume flimmerten vor meinem inneren Auge vorbei. Ich hatte alles riskiert, hatte Angie und meine Freunde, wie Dreck behandelt, nur um zu vergessen.

"Ja, jeden Tag", wisperte ich. Vielleicht war es an der Zeit damit aufzuhören, davonzulaufen. Ich brauchte Antworten und die Polizei schien tatsächlich der einzige Weg zu sein, mich für unschuldig zu erklären oder meine schlimmsten Ängste zu bestätigen. Aber unabhängig von dem Ergebnis würde ich endlich Gewissheit haben.

"Wir müssen Sie natürlich hierbehalten, bis die Spurensicherung Ergebnisse hat", erklärte die Polizistin. Alles in mir sträubte sich meine Freiheit in die Hände der Menschen zu legen, die mir auf der Straße immer als Feinde begegnet waren. Trotzdem nickte ich wortlos. Ich hatte keine Wahl. Sie würden mich ohnehin einsperren, so hatte ich wenigstens die Chance, die Wahrheit zu erfahren.

"Ich bringe Sie in ihre Zelle", klirrend holte die Polizistin erneut die Handschellen hervor. Ich hatte beinahe vergessen, dass ich jetzt zu den Schwerverbrechern gehörte. Sonst hatten mich die Männer nur höhnisch grinsend in die Zellen geschleift und notfalls mit Schlägen unter Kontrolle gehalten. Aber jetzt war ich kein einfacher, junger Mann mehr, der wegen Schlägereien mit der Polizei in Konflikt geriet. Jetzt war ich ihr Hauptverdächtiger. Welche Ironie war es, dass sie harmlose Jugendliche so gefühlslos mit sich rissen, während sie einen möglichen Mörder mit dem größten Respekt in seine Zelle führten.

Kurze Zeit später lag ich auf dem schmalen Bett in meiner Zelle und starrte auf die Decke. Die Unterlage war kaum mit einem richtigen Bett vergleichbar und es hing ein muffiger Geruch in der Luft. Aber ich hatte bereits an ungemütlicheren Orten genächtigt, darum beschwerte ich mich nicht. Bevor ich mich erneut in meinen Gedanken verlieren konnte, wurde die Tür geöffnet.

"Die Kantine hat bereits geschlossen, aber es ist noch etwas Brot übrig geblieben", ein mir unbekannter Polizist betrat meine Zelle, während die blonde Frau mit dem Schlüsselbund in der Hand prüfend hinter ihm durch den Türspalt lugte. Wortlos stand ich auf und nahm das Brot und die Wasserflasche entgegen.

"Danke", ich setzte mich erneut auf mein Bett. Nur am Rande nahm ich wahr, wie der Schlüssel im Schloss sich drehte und ich erneut eingeschlossen war. Ich hasste es eingesperrt zu sein. Die Luft schien mir in engen Räumen immer zu knapp zu sein. Die Zelle war nur klein und für einen Moment musste ich die Augen schließen.

Erst jetzt drang die Erschöpfung der letzten Tage zu mir durch und bevor ich realisieren konnte, was mit mir geschah, war ich bereits in einen unruhigen Schlaf gesunken.

𝐺𝑜𝑜𝑑 𝑏𝑜𝑦'𝑠 𝑑𝑜𝑛'𝑡 𝑝𝑙𝑎𝑦 𝑅𝑜𝑐𝑘 '𝑛' 𝑅𝑜𝑙𝑙Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt