Savó.

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Langsam lies ich das Tuch über die Klinge eines meiner Schwerter gleiten und rieb die Politur mit kleinen und gleichmäßigen Bewegungen auf das Metall. Es schimmerte leicht rötlich, ein typisches Merkmal des Kru'shd, eines Erzes, das unter anderem in den Bergen von Myrna gewonnen wurde. Die Schwerter waren noch relativ neu, und doch hasste ich sie und was sie bedeuteten.

Sie waren ein Geschenk für zehn Jahre Dienerschaft gewesen.

Wohl eher für zehn Jahre Leibeigenschaft als privater Killer und ausführende Hand jeglicher Befehle.

Ich warf noch einen letzten Blick auf meine Waffen, dann ließ ich sie in die Schwertscheiden auf meinem Rücken gleiten, stand auf und verließ mein Zimmer. Meine Schritte hallten von den kalten Steinwänden wider, als ich den Gang entlangschritt und versuchte, etwas Ruhe in meine Gedanken zu bringen. Hym Laarn hatte schon lange keinen Besuch mehr von anderen Herrschern gehabt, und heute würden der Larùn von Hygh Ilryn und seine Tochter ankommen und später mit Aaran zu Abend essen. Während meiner gesamten zehnjährigen Zeit hier in Naarsd hatte es noch keinen solchen Besuch aus einem anderen Land aus Sulrantis gegeben und laut Neegan und Roguun hatten sie bisher auch nur zwei solcher Besuche beigewohnt. Einer, mit dem ehemaligen Larùn von Ralanmar, Salaryn, und einer mit dem Larùn von Assdirn Flenn, Phynah Lando. Keiner der beiden ging ohne Streit aus.

An der Kreuzung zum nächsten Gang wartete bereits Roguun auf mich, seine Miene nur halb so grimmig wie sonst. „Na? Frisch gebadet, Schwerter poliert und die Eier rasiert?", witzelte er und stieß mich mit der Schulter an.
„Ach, halt deine Klappe. Ich hätte lieber einen freien Abend."

„Ich hab' gehört, dass wir heute wenigstens keinen Augenkrebs erleiden müssen." Neegan kam aus einem Seitengang und grinste wie ein junger Wolfswelpe.

„Und warum?", schob ich mürrisch ein.
„Warum wohl, Caaln? Larin Amaly Nruranyl Drhyadh, die Tochter des Larùn Zyon Nys Drhyadh von Hygh Ilryn. Ein Vögelchen hat mir gezwitschert, dass sie eine wahre Schönheit sein soll."
„Na und?" Ich sah in von der Seite an, konnte nicht umhin, den Schwung in seinem Schritt zu bemerken.
„Na und?", wiederholte er meine Worte. „NA UND?" – doch dann senkte er seine Stimme zu einem verschwörerischen Flüstern „Sei kein Spielverderber, Caaln. Das ist wenigstens mal eine Fleyr, die man anschauen kann, ohne dabei Angst vor einer Geschlechtskrankheit zu kriegen."

„Es zwingt dich keiner, die Freudenhäuser zu besuchen." Roguun klang beinahe schon genervt, und er bleib stehen. Neegan schluckte seine Erwiderung runter und straffte die Schultern.

Wir hatten den Gang vor Aarans Gemächern erreicht und ab hier war Vorsicht geboten. Während wir uns ansonsten problemlos in der Festung bewegten, war dies hier ein Bereich, der mit speziellen Schutzschildern umgeben war und nur den Larùn selbst, ein paar seiner ständig wechselnden Frauen und seine Leibwächter einließ. Und das hier war auch die unsichtbare Grenze, ab der wir unsere Moral und unser Gewissen förmlich ablegen mussten.

Wie die anderen beiden rollte ich meine Schultern noch einmal und ließ mein Genick knacksen, ehe ich eine schnurgerade Haltung annahm und mein Gesichtsausdruck leer und grimmig wurde.

Gemeinsam betraten wir Aarans Vorzimmer.

Der Larùn saß auf einem gepolsterten Sessel, sein Schwert in Reichweite, eine halbnackte, junge Frau auf seinem Schoß. Über ihre Schulter hinweg sah er zu uns auf, die dunklen Augen leicht verengt. Doch dann wandte er sich wieder der Schönheit auf seinem Schoß zu, die mit gekonnten Händen über die nackte Brust unseres Herrschers fuhr. Dann beugte sie sich nach vorne und begann, Aarans Haut zu küssen. Quälend langsam bahnte sie sich ihren Weg von seinem Kiefer hinab bis zu seinem Schlüsselbein, dann noch tiefer.

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