Ùnd'us.

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Mit einem schlechten Bauchgefühl ging ich hinunter in den Kerker. Noch bevor ich Aarans Arbeitszimmer am vergangenen Abend verlassen hatte, hatte er mir nochmals eingebläut, dass ich alles tun musste, damit Savolyn so schnell wie möglich vernünftig kämpfen lernte. Er selbst würde ihre Fortschritte prüfen und ich befürchtete. Das würde eher früher als später geschehen.

Da ich wusste, dass es auffällig wäre, würde ich sofort zu ihr eilen, hatte ich mich gezwungen für die Nacht zurück in mein Zimmer zu gehen. Vermutlich hatte es Stunden gedauert, aber irgendwann war ich dann in einen unruhigen Schlaf gefallen. Savolyns geschlagenes und weinendes Gesicht hatte mich bis in meine Träume verfolgt und je länger ich in meinem warmen Bett gelegen hatte, hatte ich daran gedacht, dass sie wahrscheinlich dort unten im Kerker erbärmlich fror.

Ich nickte den Wachen am Eingang zu den Kerkern zu, doch anstatt mich durchzulassen, trat einer von ihnen in meinen Weg.

„Du bist hier, um den Bastard zu trainieren?"

„Ja."

Er händigte mir einen Schlüssel aus. „Wir haben sie auf Anweisung des Larùn in eine Einzelzelle gebracht. Du musst zwei Treppen runter und dann ganz an das Ende des Ganges."

Zwei Treppen runter.

Aaran war ein solcher Bastard.

Ich versuchte mir nichts anmerken zu lassen, als ich an beiden Wachen vorbei ging, mir im Regal vor der besagten Treppe eine Decke schnappte, die schon bessere Tage gesehen hatte, und hinabstieg. Eine Einzelzelle.

Natürlich hatte ich damit gerechnet, denn ich vermutete, dass niemand mitbekommen sollte, wie ich Savolyn trainierte. Doch die Einzelzellen da unten waren arschkalt, und wir hatten immer noch Winter.

Meine Laune besserte sich nicht, als ich den Gang entlangschritt und nach ihrer Aura suchte. Sie war tatsächlich ganz am Ende des Ganges in der linken Zelle. Als ich den Schlüssel ins Schloss steckte, bemerkte ich den Schutzschild.

Kurz zögerte ich, verfluchte Aaran nochmals gedanklich und bereitete mich auf das Schlimmste vor. Ich kannte solche Schutzschilde, und dieses hier sorgte dafür, dass jeglicher Laut innerhalb des Schildes blieb. Mit einem leisen Knacken entriegelte sich das Schloss und ich schob die Tür einen Spalt auf, langsam, um sie nicht zu erschrecken.

„Savolyn? Ich bin es, Caaln."
Doch keine Antwort kam. Mein ungutes Gefühl verschlechterte sich, als ich schließlich in die Zelle eintrat. Zwei Fackeln tauchten den kalten, gemauerten Raum in orangenes, flackerndes Licht und im ersten Moment sah ich sie gar nicht.

Doch dann bewegte sich etwas in der Ecke und ich schaffte es gerade noch, die Tür hinter mir zu schließen bevor ich den Raum durchschritt und vor dem Haufen Stroh in der Ecke auf die Knie fiel.

Sie sah schrecklich aus.

Die Schwellung an ihrem Auge ging zwar bereits zurück, aber sie hatte eine aufgeplatzte Unterlippe, mehrere Wunden im Gesicht, und vermutlich auch sonst am Körper.

Ihre sonst so schönen grauen Augen waren wie hinter einem Vorhang, seltsam stumpf, als ob sie nicht wirklich wach war.

„Savo..." Ich erhob meine Hand nur langsam und streckte sie zu ihr aus, doch sie wich zurück, legte ihre Arme enger um ihre angewinkelten Beine und ein kleiner Laut entwich ihr.

„Ich werde dir nicht weh tun."

Doch sie schüttelte nur den Kopf und beobachtete mich. Ich traute mich nicht, näher zu kommen. Ihre Reaktion auf mich war nur zu verständlich.

Beinahe hätte ich sie getötet.

Ermordet.

Wieder tauchte diese Szene vor meinem inneren Auge auf, doch ich schüttelte sie weg. Savolyn musste jetzt kämpfen. Sie musste aus ihrer eigenen Dunkelheit rauskommen und ihren Kampfgeist wiederfinden. Ich würde nichts unversucht lassen, ihr zu helfen.

An Offering for Freedom - German EditionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt