Ùnsavó.

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„Ist das eigentlich verdammt nochmal dein Ernst, Nyshard?"

Mit einer wütenden Handbewegung band sie ihre blonden, langen Haare in einen Pferdeschwanz und sah mit verengten Augen zu dem Mann hinab, der vor ihr auf einem Schemel saß.

Nyshard erwiderte ihren Blick unverwandt, hob die Augenbraue in einer Art und Weise, die Kisandi veranlasste, mit ihrem Finger direkt in die Wunde auf seinem Rücken zu drücken. Sein Kiefer spannte sich an, doch er ließ sich sonst nichts anmerken. „Die Wunde ist wieder komplett aufgerissen, was hast du dir nur dabei gedacht!"
Dann traf ihr wutentbrannter Blick auf mich.

„Bring mir ein paar Verbände. Mach dich wenigstens nützlich", dann wandte sie sich wieder ihrem Patienten zu, „Hättest du nicht wenigstens noch einen Tag warten können, bevor du dich mit Aaran duellierst?

„Nein." Das war das erste Wort überhaupt, das er gesprochen hatte, seitdem ich ihn von Aaran weggeführt und in sein Zelt gebracht hatte. Sein Jochbein war geschwollen und auch die Schnittwunde, die Aaran ihm an seinem linken Oberarm zugeführt hatte, blutete noch stark, aber keineswegs lebensbedrohlich. Die Wunde an seinem Rücken allerdings... sie war wie Kisandi sagte wieder komplett aufgerissen, und die Rhaayl runzelte die Stirn, als sie mit einem feuchten Tuch die Ränder abtupfte.
„Ich werde das nicht komplett heilen können, Nyshard. Ich habe heute schon zu viel..." – „Ich weiß", sagte er leise, stützte seine Ellenbogen auf die Oberschenkel und nickte.
„Es kann sein, dass eine Narbe bleibt."

„Ich weiß."

„Das war nicht vernünftig."
Nun zuckte er mit den Schultern, sah kurz zu mir auf. „Ich würde es trotzdem immer wieder tun."
Es war nur meinem jahrelangen Training als Calanaar zu verdanken, dass ich mich bei seinen Worten kaum rührte.

Nyshard würde es immer wieder tun.

Für einen Fremden.

Er würde immer wieder sein Leben für meines riskieren? – denn nichts Anderes war es, das er getan hatte.

Und erst jetzt sickerte es so langsam in meinen Verstand. Ich war frei.

Freiheit.

Unverwandt erwiderte ich seinen Blick und murmelte eben dieses Wort.

„Freiheit."

Nyshards blaue Augen blitzten, doch sogleich presste er seine Lippen zu einer dünnen Linie – ein Zeichen seiner Schmerzen. Helles, heilendes Licht, hüllte seinen Rücken kurz ein – doch viel zu kurz, um ihn vollständig zu heilen. Kisandis war erschöpft.
„Nyshard. Ich kann andere Rhaayl holen", sagte sie leise, doch er schüttelte den Kopf. „Schon gut. Verbinde es, es wird schon von alleine heilen."

„Aber..."
„Kisandi", er wandte seinen Kopf halb nach hinten, „Mach dir keinen Stress."
Sie legte ihre Hände auf seine Schultern und sah für einen kurzen Moment fürchterlich erschöpft aus, dann straffte sie sich jedoch. „Morgen. Such mich morgen früh auf und ich werde sehen, dass ich auch den Rest heilen kann."
„Du solltest dir auch etwas Ruhe gönnen."

Ein kleines Lächeln zierte ihre Lippen und sie verdrehte die Augen, nahm mir die Verbände ab und begann langsam mit geübten Händen seinen Oberkörper zu verbinden. „Das sagt der richtige. Ich meine es ernst, Nyshard. Pass bitte auf dich auf."

Er erwiderte nichts, stützte stattdessen seine Ellenbogen auf seine Oberschenkel und wartete bis sie fertig war, seinen Oberkörper zu verbinden. Erst dann neigte er leicht den Kopf zur Seite. „Danke, Kisandi."

Langsam legte sie ihre Hand auf seine Schulter und drückte sie leicht, sah ihn mit einer seltsamen Mischung aus Fürsorge und Traurigkeit an. „Ich wünschte, ich könnte mehr tun."
„Du tust genug."

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