Kapitel 3

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Meine Stimme brach, als ich feststellte, dass sein Blick plötzlich gen Boden fiel. Michael hielt die Luft an. Allein der Gedanke an diese Träume warf mich in reinste Verzweiflung. Wie hilflos ich mich gefühlt hatte und wie sehr die Panik in mir geschlummert hatte. Etwas abwesend nickte ich ihm auffordernd zu, wollte wissen, was Michael mir zu erzählen hatte. Vielleicht kann er meine derzeitige Stimmung doch etwas aufhellen.

"Hör zu, du lässt mich ausreden und dann......"

"Ja doch. Nun erzähl schon."

"Also damals in dem Kieswerk, ich war in so einer Art Grube, Limovs Leute hatten den Betonmischer so gedreht, dass die Grube, in der ich saß voll lief, dann kam Thomas und hat mich da raus geholt. Wir wollten wieder nach draußen, aber die Tür war zu gesperrt, also sind wir zurück, da standen diese Fässer, wer weis was da drin war, ich vermute Benzin oder sowas in der Art. Wir sind also diese Fässer nach oben geklettert, als ich fast oben war, verlor ich den halt die Fässer kippen mit Thomas zusammen um. Ich konnte mich gerade so noch nach oben ziehen. Thomas allerdings lag da unten und ich wusste in dem Moment, dass er es nicht schaffen würde, noch mal nach oben zu klettern."

Diese ganze Situation jetzt aus Michaels Mund zu hören, tat mir noch mehr weh, als ohnehin schon. Ich wusste, Thomas war tot, doch jetzt auch noch zu erfahren, wie er eigentlich gestorben war, war noch einmal eine ganz andere Sache. Wieder wurde ich unendlich traurig und wieder flossen unzählige Tränen, die nicht versiegen wollten.

"Im nächsten Moment sah ich wie Limovs Leute zurückkamen und auf uns schossen. Thomas sah mich an und meinte nur noch, ich soll mich retten. Ich bin also aus dem Ausgang raus und da wart ihr mit dem Heli schon da und habt mich eingesammelt, kurz bevor das ganze Ding in die Luft flog."

Daran konnte selbst ich mich noch erinnern. Wir hatten Michael gerade so noch an die Winde bekommen und nur Sekunden später flog auch schon alles in die Luft. Ich konnte gerade so den Heli noch nach oben ziehen, bevor die Flammen aus dem Ausgang schossen.

"Ich weiß. Das ist einfach alles so schrecklich. Michael sag mir hat er Schmerzen gehabt, also in dem Moment, als er gestorben ist, als das alles in die Luft flog?"

"Du wolltest mich ausreden lassen. Ich war noch nicht fertig, da gibt es noch etwas, was du wissen solltest und denk dran, heute ist Weihnachten, da geschehen auch mal Wunder."

Wie meint er das er ist noch nicht fertig mit erzählen, wir haben doch alle gesehen, wie die Höhle explodiert war. Was soll denn jetzt noch kommen. Eigentlich wollte ich das gar nicht mehr so genau wissen, mir war jetzt klar geworden, dass es kein Wunder geben wird. Meine Tränen wurden nicht weniger mit jedem Wort, was mir in die Ohren kam, ich weinte nur noch mehr.

"Okay gut, dann erzähl halt weiter........"

"Also zuerst mal, er hatte Schmerzen, aber dazu erzähl ich dir gleich mehr. Du erinnerst dich, dass mich das FBI dann eingesammelt hat."

Auch daran konnte ich mich noch genau erinnern und nickte. Nur wusste ich nicht, was mir Michael noch erzählen wollte, er wurde doch weggebracht und dann haben wir versucht, irgendwie Thomas doch noch zu finden und da raus zu holen.

"Ich bin mit den zwei Beamten in dessen Heli eingestiegen, wir wollten so schnell wie möglich weg, als ich mich dann allerdings noch einmal umdrehte zu euch und der Höhle konnte ich noch einen roten Overall entdecken der auf dem Felsvorsprung lag, ich sagte den Beamten bescheid und sie haben das auch so gesehen wie ich. Naja, du weißt ja, ich bin nun mal mit Leib und Seele Notarzt. Ihr wart mit der Suche nach Thomas so beschäftigt, dass ihr das gar nicht mitbekommen habt. Thomas hatte es doch noch nach oben geschafft, bevor alles in die Luft flog."

"Moment. Was sagst du......"

"Biggi. Verdammt du sollst mich ausreden lassen."

Jetzt begriff ich gar nichts mehr. Meine Gedanken drehten sich, mir wurde augenblicklich schlecht, im selben Moment keimte aber ein kleines Fünkchen Hoffnung in mir auf, dass es doch so etwas wie ein Weihnachtswunder geben könnte.

"Wir haben ihn eingesammelt und sind so schnell wie möglich von dem Kieswerk weg. Da Thomas mir geholfen hat vor Limovs Männern zu fliehen, stand nun auch er auf ihrer Liste und das FBI entschied auch ihn in den Zeugenschutz zu nehmen, da ihr sowieso schon davon aus gingt das er Tot sei."

"Thomas lebt."

Es war nur ein Flüstern. Sollte es doch stimmen und alles wieder gut werden. Michael hatte mich aber gehört und nickte mich lächelnd an.

"Wir sind dann in ein Militärkrankenhaus geflogen. Am Anfang sah es nicht gut aus, ich hatte alle Hände voll zu tun, ihn am Leben zu halten, so ganz ohne Ausrüstung. Als wir da ankamen, haben sich die Ärzte im Krankenhaus um uns gekümmert, mir ging es gut, ich hatte nur ein paar Schürfwunden und einen verstauchten Knöchel. Thomas allerdings hatte gebrochene Rippen, Verbrennungen und ein Schädelhirntrauma. Aber sie haben ihn wieder hin bekommen. Nach drei Wochen konnten wir ausgeflogen werden. Wir lebten die letzten Monate zusammen in den USA und vor vier Tagen wurde uns mitgeteilt, dass das alles ein Ende hat und wir zurück nach Hause können."

Mein Kopf drehte sich, mein Verstand war ausgeschaltet und mir wurde augenblicklich schlecht. Ich wusste nicht, ob es nur eine Einbildung war oder ob ich das doch richtig verstanden hatte. Michael sagte erstmal nichts, sah mich trotz allem mit seinem prüfenden Blick an. Ich stand auf, ging ein paar Schritte, um dann gleich wieder meinen Platz neben Michael einzunehmen. Ich wollte was sagen, doch aus irgendeinem Grund fehlten mir die Worte.

"Ich weiß das ist jetzt alles verwirrend, aber Stand jetzt sind Thomas und ich aus dem Zeugenschutz entlassen. Wir haben heute morgen unsere Papiere bekommen."

"Und was heißt das jetzt?"

Eigentlich hätte ich mir die Frage selbst beantworten können, nur spielte mein Gehirn gerade Achterbahn. Bis vor ein paar Minuten war ich noch von meiner Trauer durchflutet und jetzt sollte das urplötzlich alles vorbei sein. Alles beim Alten, so wie vor der ganzen Sache in dem Kieswerk.

"Naja, ich würde sagen, jetzt ist es Zeit für dein Weihnachtswunder."

Michael lächelte mich an, was auch mich ein wenig zum Lächeln brachte. Ich versuchte, mein Gedankenwirrwarr zu ordnen, um endlich wieder ich selbst sein zu können. Die taffe, starke Pilotin, die ich immer war und die ich wieder sein wollte. Aber war es nicht das, was ich mir eigentlich schon die ganze Zeit über gewünscht hatte, das wovon ich die ganzen Monate über geträumt hatte? Mein Weihnachtswunder?

"Und wo......ist er.......jetzt?"

"Unten an der Salzach."

Spontan lachte ich laut auf, warf einen Blick über meine Schulter in Richtung Salzach. Das hätte ich mir denken können. Kurz überlegte ich mir noch einen Plan, wie ich aus dieser Situation wieder rauskam. Konnte ich jetzt nicht einfach aufwachen wie sonst auch, wenn ich immer von ihm träumte, nur war das eindeutig kein Traum.

Medicopter 117 - Ich hab doch versprochen das ich immer wieder kommeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt