Kapitel 1

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Wieder saß ich an der Salzach, allein, er war nicht mehr da, mein bester Freund, Kollege und insgeheim meine große Liebe. Es ist gerade einmal ein paar Tage her, das wir ihn zu Grabe getragen haben, im grunde genommen noch nicht einmal ihn selbst, denn nach dieser Explosion konnte man nicht einen Knochensplitter von ihm finden das einzige was Peter und Mark noch aufspüren konnten war sein verkohlter Helm, den Helm den er immer trug sobald er in der Luft war.

Seit Tagen machte ich nichts anderes, ich kam zur Basis, zog mich um und ging an unseren Lieblingsplatz, dort wartete ich regelrecht darauf, dass irgendwo, irgendwas passierte, nur damit irgendjemand unsere Hilfe brauchte, und ich endlich ein wenig Ablenkung bekam. Wir alle hatten mit dem großen Verlust, den er hinterlassen hatte, zu kämpfen. Lisa und Laura, seine geliebten Töchter, Karin, die zusammen, seit Michaels Weggang in den Zeugenschutz, allein mit in diesem Haus wohnte, waren völlig fertig und doch versuchten sie das Beste aus der Situation zu machen. Irgendwie bewunderte ich sie dafür, nur mir wollte das nicht wirklich gelingen. Alles erinnerte mich an ihn, die Basis der Heli, unser geliebtes Baby wie wir es so liebevoll nannten, sogar dieser Platz an der Salzach, einfach alles.

Ich sah neben mich und da saß er, schaute mich mit seinem typischen Grinsen im Gesicht an, setzte seine Sonnenbrille auf, was mich sowieso schon immer dahinschmelzen ließ, stand auf und ging Richtung Heli. Als mein Blick ihm folgte, war er im nächsten Moment wieder verschwunden. Ich dreh langsam durch. Und wieder stiegen mir unzählige Tränen in die Augen. Dann war er da, der Moment, auf den ich gewartet habe. Der Alarm ging los und ich war sofort wieder im Hier und Jetzt angekommen. Ich nahm mein Walki, lief im gleichen Moment los zum Heli und hörte, wie die Rettungsleitstelle die Koordinaten durchgab. Schnell öffnete ich die Tür, stieg ein und startete die Maschine, langsam bewegten sich die Rotoren und schon sah ich wie Karin und Enrico angelaufen kamen und wir endlich los konnten. Etwas Ablenkung konnte mir jetzt nicht schaden, sonst würde ich noch ewig dasitzen und grübeln.

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Seine Lippen näherten sich meinen, strichen kurz sanft darüber. Sein Mund öffnete sich und mein Kopf presste sich in das Kissen hinter mir.

Er küsste mich, so sanft und leidenschaftlich, was mich atemlos machte. Als er sich von mir trennte, ließ ich meine Augen einige weitere Sekunden lang geschlossen, dann sah ich ihn an.

"Genieß es einfach."

Seine Stimme war tonlos, vollkommen ruhig. Sein Blick war unglaublich warm und gefühlvoll. Ich versuchte meinen Atem zu normalisieren, als er seinen Mund auf meinen Hals legte, seicht seine Zunge darüber streichen ließ. Seine Hände legten sich auf meine Hüften, schoben mein Oberteil hoch, zogen es mir anschließend hektisch aus. Anschließend befreite er sich selbst von seinem T-Shirt, legte sich dann zurück auf mich. Meine Finger berührten seine Brust, spürten die Muskelpartien, legten sich anschließend auf seine Oberarme, wurden mit jeder Sekunde fordernder und gieriger. Unterbewusst versuchte ich einige Male, unter ihm hervor zu rutschen, ihn irgendwie zur Seite zu drehen, aber es gelang mir nicht. Also gab ich mich ihm hin. Das Verlangen nach seiner Nähe war intensiv. Es machte mich beinahe verrückt, wie er mich berührte, sanft streichelte, küsste..........

.........und dann wachte ich auf. Völlig erschöpft und verschwitzt saß ich in seinem Bett, allein wie jede einzelne Nacht der letzten Wochen. Immer wieder hatte ich den selben Traum, den Traum, den ich nie erleben durfte und nie erleben werde. Seit Wochen, jede einzelne Nacht, immer die gleichen Bilder. Wie sehr ich mich danach sehne, dass es wahr werden würde, so sehr sehne ich mich danach, ihn wieder bei mir zu haben. Doch ich muss mir selbst immer wieder eingestehen, dass das nie der fall sein wird, er wird mir nie wieder in die Augen sehn, nie wieder werd ich sein lachen hören, nie wieder einen seiner dummen Sprüche hören oder das er mich einfach in den Arm nimmt wenn es mir schlecht geht. Jetzt ist es schon drei Monate her, dass wir diesen schrecklichen Verlust hinnehmen mussten. Von Tag zu Tag tut es nur noch mehr weh und der Schmerz wird nicht weniger.

Vor lauter Verzweiflung hab ich mich vor 3 Wochen auch noch von Enrico getrennt, oder eher er sich von mir. Seine Worte habe ich jetzt noch im Ohr,

"Wie soll ich denn gegen einen Toten konkurrieren?"

Meine Sachen hatte ich schnell gepackt, bin erst mal auf die Basis in Thomas alten Wohnkopter gezogen. Das war auch nicht die brillanteste Idee von mir. Selbst hier erinnerte mich alles an Thomas, was mich nur noch fertiger machte. Zumindest Karin zufolge.

Und nun Wohn ich hier in seinem Zimmer, sitze auf seinem Bett und hab jede Nacht den gleichen Traum. Es ist zum verrückt werden. immer wieder diese Bilder, wie ich mich voll und ganz Thomas hingebe. Das Klopfen an der Tür wollte ich nicht wahrnehmen. Trotzdem hob ich meinen Blick, sah kurz zur Tür, legte meinen Kopf in meine Hände und wünschte, dass es nur Einbildung war. Wie die letzten Nächte auch, stand Karin in der Tür, sah mich mit ihrem Sorgenvollen Blick an. Wieder hatte ich mir ein T-Shirt von ihm angezogen,wieder seinen Geruch eingeatmet und wieder diesen einen Traum gehabt, nach dem ich mich so sehr sehne, dass er Wirklichkeit wird.

Karin kam langsam auf mich zu, setzte sich zu mir und nahm mich einfach in den Arm, sie wusste genau was in mir vorging und wieder liefen bei mir nur hemmungslos die Tränen. Das Schlurzen wollte gar nicht mehr aufhören und ich vergrub, wie schon unzählige Nächte zuvor, mein Gesicht in ihrer Schulter und weinte hemmungslos.

"Ich weis wie schwer es ist"

"Ich halt das einfach nicht mehr aus. Warum nur, musste gerade er sterben?"

"Ich weis es nicht, mir fehlt er doch auch. Lisa und Laura weinen sich auch jede nacht in den schlaf."

"Er fehlt mir einfach so."

"Biggi, das bringt doch nichts, wir müssen nach vorne schauen."

" Wie soll ich nach vorne schauen, wenn der einzige Mensch, der mir je etwas bedeutet hat, Tod ist."

"Biggi....."

"Nein Karin, ich kann einfach nicht mehr. Jede Nacht habe ich den gleichen Traum wie wir ...... und dann werde ich wach und muss feststellen, er ist doch nicht da."

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2 Tage später

Meine Hände lagen auf der Tasse, die vor mir stand, wärmten sich dadurch. Immer wieder rührte ich kurz im Kaffee, mit dem Vorhaben, anschließend einen Schluck davon zu trinken. Stattdessen legten sich meine Finger jedes Mal erneut um das warme Porzellan. Mein Blick war stur auf den Tisch gerichtet, wich keine Sekunde von dem Punkt ab, den er fixierte. Mein Atem war langsam und gleichmäßig. Dass ich nur noch meinen Gedanken nachhing, war seine Schuld. Seine Jacke hing immer noch am Kleiderhaken, seine Tasse stand auch noch im Schrank. Sein Schrank, keiner wagte es ihn auszuräumen, das machte es so endgültig. Keiner hier auf der Basis wusste so wirklich was in mir vorging, bis auf, ja bis auf Karin, die mich jede einzelne Nacht der letzten Wochen tröstete.

Von Enrico wurde ich weitestgehend ignoriert, war mir auch ganz recht. Einzig wo ich normal funktionierte, war bei Einsätzen. Nur heute passierte irgendwie nichts. So hing ich in meinen Gedanken und erinnerte mich an Momente, an denen wir einfach Glücklich waren. Michael und Gabi fehlten uns und nun auch noch Thomas. Warum kann jetzt nicht einfach diese verdammte Tür aufgehen, er kommt rein und lässt einen seiner doofen Sprüche ab, wie sehr sehne ich mich danach, einfach seine Stimme zu hören, sein Lächeln zu sehen.

Ich stand auf, wollte an unseren Platz, an der Salzach, Karin nahm meine Hand, drückte sie und sah mich mitleidig an. Ich setzte meinen Weg fort, um endlich mein gewünschtes Ziel zu erreichen. Langsam ließ ich mich in das weiche Gras nieder, starrte in das kleine Flüßchen und dachte wieder an ihn. Erneut liefen mir unzählige Tränen meine Wangen hinunter, nie wieder werde ich diesen Schmerz los, dieser Verlust wird ewig in mir aufkeimen. Karin sagte einmal, irgendwann wird es leichter. Doch davon war ich weit entfernt, sehr weit. Jede Sekunde, in der er nicht mehr hier war, zerrte an meinen Nerven.

Ich dachte an die unzähligen Momente, in den er mich zum Lachen gebracht hat, als er mich einfach nur angelächelt hat, als er mir wieder einen seiner dummen Sprüche entgegen warf, aber er war nicht mehr da und wird auch nie wieder hier zusammen mit mir sitzen.

Medicopter 117 - Ich hab doch versprochen das ich immer wieder kommeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt