Kapitel 9

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 „... Früher hat sie das nie getan. Sie war früher ganz anders." Je mehr ich erzählte, desto mehr hatte ich das Gefühl, befreiter zu sein.
Madara hörte mir die ganze Zeit geduldig zu und unterbrach mich nicht. Erst jetzt stellte er eine Frage.
„Wie war denn deine Mutter?"


Nachdenklich begann ich meine feuchten Strähnen erst glattzustreichen und dann zu flechten.
„Sie war... Sie war die wichtigste Person in meinem Leben. Mein Vorbild und beste Freundin. Sie war die Person, auf die ich mich früher jeden Tag gefreut habe. Auch wenn sie viel gearbeitet hat, naja, das tut sie auch bis heute noch, war sie immer für mich und meinen Vater da, egal was passiert ist. Im Gegensatz zu meinem Vater war sie damals noch weniger streng und hat mich in dem unterstützt, was ich gerne tun wollte. Allgemein war von meinen Eltern sie die freundlichste, gnädigste, mitfühlendste, und selbstloseste. Ihre eigenen Bedürfnisse hat sie immer als Letztes hintenangestellt. Erst kam der Clan, dann ihre Familie und dann sie selbst. Im Clan wird sie dafür überall respektiert und geschätzt."


Ich seufzte kurz und schaute dann mit einem leichten, Lächeln auf das Wasser. „Jeden Morgen ist sie sehr früh aufgestanden, nur um das Frühstück vorzubereiten, damit wir als Familie zusammen essen konnten. Dabei hatte sie jeden Tag viele Pflichten für den Clan zu erledigen und hätte auch einfach jemanden bezahlen können, doch das tat sie nicht.
Meine Mutter hat mir unter anderem ihre Werte beigebracht. Man solle immer freundlich sein, die Wahrheit sagen, hilfsbereit sein und immer auf das hören, was man mir sagte. Natürlich war auch der Respekt wichtig, den ich jedem Menschen, egal ob groß oder klein, erbringen soll.
Am Anfang meines Trainings hat sie mich sogar unterrichtet, aber war dabei strenger, als ich es gewohnt war.


Ich lachte kurz etwas bitter auf und schaute auf den Felsen, auf dem wir saßen, als ich von meinen Haaren abließ und meine Hände in meinen Schoß fallen ließ. Ihre Strenge von damals ist kein Vergleich zu der Strenge von Sensei Hago.
„Immer wenn sie in den Krieg zog, ermahnte sie mich niemals zu vergessen, dass aufgeben keine Option sei und ich immer stark sein muss. Sie kam sehr selten verletzt zurück und hatte trotz allem, was in dem Kampf passiert ist, immer ein Lächeln und ihre Liebe für mich übrig."


Madaras ruhige Stimme riss mich aus meinen Erinnerungen.
„Deine Mutter ist eine starke Frau." Etwas überrascht schaute ich zum ihm und er erwiderte meinen Blick. „Ja. Das ist sie.", stimmte ich ihm mit einem Nicken zu und begann wieder meine Haare zu flechten, während ich zum anderen Ufer schaute.


„Als mein Vater während einer Verteidigung verstarb, änderte sie sich. Ich weiß nicht, ob sie danach jemals wieder gelächelt hat. Allgemein sehe ich sie, wenn überhaupt nur einmal am Tag, da sie sich nur noch mit dem Clan an sich beschäftigt. Sie hat auch andere Menschen angestellt, welche für sie den Haushalt übernehmen. Mich beachtet sie inzwischen meist nur dann wirklich, wenn es um meine Ausbildung oder Zukunft geht und versucht mich so zu formen, wie es für den Clan am besten wäre. Einerseits kann ich es verstehen, doch sie fragt dabei nie, was ich für mich selbst will. Aber scheinbar ist es nicht nur bei mir so, sondern auch bei den anderen Clans, so wie ich dich und Hashirama verstanden habe."


„Wir können uns nur nicht heraussuchen, was wir werden wollen. Alles andere kommt auf den Clan an.", entgegnete Madara, als ich mit meiner Erzählung beendet hatte, und sah mir dabei zu, wie ich mich damit abmühte, die einzelnen Strähnen wieder aufzumachen.
„Das kann sich doch keiner mitansehen." Ehe ich mich versah, rückte Madara näher zu mir und half mir dabei, meine Strähnen aufzumachen. Natürlich nutzte er die Gelegenheit, um mich anzumeckern. „Wieso flechtest du sie überhaupt, wenn du sie nicht wieder richtig aufbekommst?!"


„Das ist eine dumme Angewohnheit von mir. Tut mir leid" erklärte ich, während ich etwas rot werde und wegschaute. Es war mir so peinlich, dass er mir helfen musste.
„Du kannst mir wenigstens helfen, deine Haare aufzumachen, anstatt wieder durch die Gegend zu schauen." Am liebsten würde ich diesmal freiwillig in den See springen, nur um mich im Wasser zu verstecken und nie wieder aufzutauchen. Schnell schaute ich wieder zu meinen geflechteten Strähnen und entwirrte diese mit ihm zusammen. „T-tut mir leid."


„Hör doch mal auf, dich ständig zu entschuldigen. Du bist ja fast genauso schlimm, wie Hashirama."
„Dafür fehlt es aber noch einiges.", versuchte ich mich zu verteidigen, woraufhin ich nur ein „Hn" von ihm bekam.
„Aber du musst mir nochmal das mit diesem gut und böse erklären. Ich habe das nicht wirklich verstanden."


Kurz kaute ich auf meinen Lippen, bevor ich versuchte ihm das verständlicher zu erklären.
„Ich... Ich habe etwas, das auf meine Taten und Emotionen reagiert. Am besten kannst du dir das in Farben vorstellen. Es gibt eine schwarze Seite und eine weiße Seite." Für jeweils eine Seite hoch ich einen Zeigefinger. Dann hob ich den rechten Zeigefinger mit einer kurzen Bewegung etwas hervor. „Wenn ich zu viele starke positive Emotionen verspüre und oder ständige heile, ohne einen Ausgleich zu schaffen, dann wird die weiße Seite stärker und meine Medizin-Jutsus verstärken sich. Dafür werden im Gegenzug meine Angriffe, welche Chakra benötigen, schwächer." Danach hob ich den linken Zeigefinger mit einer kurzen Bewegung hervor. „Wenn ich zu viele negative Emotionen habe und oder jemandem Schaden zufüge, ohne einen Ausgleich, dann wird die schwarze Seite stärker und meine Kraft wird stärker. Dafür werden allerdings meine Medizin-Jutsus schwächer." 

Ich zögerte. "Man sagt auch, dass es die Persönlichkeit verändert. Aber ob es wirklich stimmt, weiß ich nicht genau. Bisher sind es nur Gerüchte."
Während ich Madara wieder half meine Haare zu entwirren, fragte er mich, ob ich sowas denn schonmal beobachtet hatte, doch ich verneint dies. "Jedenfalls wäre es mir nie bewusst gewesen."

Er nickte verstehend und erzählte, nach einer kurzem Schweigen, dann etwas von sich und seinen Brüdern, welche alle bis auf einen gestorben sind.
"Es ist schade, dass so viele Menschen schon so jung sterben müssen. Und dein Verlust tut mir sehr leid." Madara bedankte sich mit gesenkter und nachdenklicher Stimme, ohne mich anzuschauen.
"Aber ich bin mir sicher, dass du auf deinen Bruder gut aufpassen wirst, bis wir gemeinsam mit Hashirama das Dorf aufgebaut haben," meinte ich dann mit einem sanften Lächeln und schaute ihn an. "Lass ihm nur nicht zu viel durchgehen."
Ganz kurz konnte ich ein leichtes Lächeln über seine Lippen huschen sehen. Auch wenn er sich oft selbstsicher, streng und unnahbar gibt, hat er einen weichen Kern.

Der Navin-Clan (NarutoFF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt