2. Kapitel

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Ein glucksendes Lachen sorgt dafür, dass Devons Augenbrauen deutlich hervortreten und er mir einen verärgerten Blick zuwirft.

Seine dunklen Augen starren mich mahnend an und das helle, fast hysterisch klingende Lachen verstummt in meiner Kehle. »Mein Schutzengel?«, wiederhole ich und starre perplex zurück. Wir liefern uns einige Sekunden lang ein Blickduell, welchen keiner von uns abschenken möchte.

Devons Augen werden immer dunkler und auch etwas drohender. Was daran liegen könnte, dass er generell so aussieht, als würde er im nächsten Moment vor Wut explodieren. Offensichtlich ist es für ihn ein großes Problem, dass ich ihn sehen kann. Dabei bin ich mir immer noch nicht ganz sicher, ob er nicht nur eine Halluzination von mir ist und mein Gehirn nach einer logischen Erklärung für diese Wahnvorstellung sucht.
Aber andererseits, wieso sollte es sich ausgerechnet einen Schutzengel als Erklärung aussuchen? Das macht absolut keinen Sinn.

»Und wo sind deine Flügel?«

Devons Augen feuern wütende Blitze in meine Richtung und ich verharre in der Bewegung. Okay gut, vielleicht war die Frage doch etwas übertrieben gewesen.

»Meine Flügel?!«, platzt es sauer aus ihm heraus. Seine Gesichtsfarbe erinnert an eine überreife Tomate. Jeder Muskel in seinem Körper ist angespannt, die Sehnen an seinen Unterarmen treten deutlich hervor und ich kann seinen beschleunigten Puls an der Halsschlagader deutlich erkennen. In gleichmäßigen Abständen pocht es unter der dünnen Haut und er hat seinen Kiefer fest aufeinandergebissen.

Innerhalb eines Sekundenbruchteils steht er vor mir und hat sich mit den Händen am Gitter meines Bettes abgestützt. Erschrocken blinzle ich, da diese Bewegung viel zu schnell war und ich sie nicht nachverfolgen konnte. Devon beugt sich zu mir herunter und nähert sich gefährlich nahe meinem Gesicht.

Seine Augen sind nicht schwarz, sondern in einem dunklen Braunton, den ich in meinem Leben noch nie gesehen habe. Genau wie diesen eiskalten Blick, der mich aus ihnen trifft und bis in mein tiefstes Inneres zu dringen scheint. Mir wird auf einmal kalt und meine Fingerspitzen fangen an zu kribbeln.

»Ich dachte...wegen Engel. Flügel und so, du weißt schon...« höre ich mich stottern und beiße mir auf die Zunge, damit ich endlich meine Klappe halte. Denn jedes weitere Wort, was meinen Mund verlässt, sorgt dafür, dass sein Blick kälter wird.

»Jetzt hör mir mal zu, Kyle Barnes.« Knurrend spricht er meinen vollen Namen aus. Sofort werde ich daran erinnert, dass es von meinen Eltern immer einen Anschiss gab, wenn sie meinen vollständigen Namen benutzt haben. Es ist also absolut kein gutes Zeichen, dass Devon es nun ebenfalls tut. Gleichzeitig ist es erschreckend, wie selbstverständlich mein Name über seine Lippen kommt. Zwischen uns muss eine jahrelange Verbindung bestehen, von der ich bis zu diesem Unfall nur nichts bemerkt habe.

»Du scheinst das hier vielleicht noch ganz lustig zu finden, das ist es aber nicht. Wir haben ein gewaltiges Problem. Du dürftest mich nicht sehen. Das bringt alles durcheinander. Wir dürften nicht miteinander reden. Also bitte tu mir den Gefallen, und geh mir nicht noch zusätzlich auf die Nerven, während ich überlege, wie ich dieses Problem beseitigen kann.«

Langsam wandern meine Augenbrauen in die Höhe und ich erwidere seinen warnenden Blick eher unbeeindruckt. »Wir haben ein Problem? Hast nicht eher nur du eins, weil du etwas falsch gemacht hast?«, hake ich nach und Devon kneift verärgert seine Augen zusammen. Seine Hände klammern sich angespannt um das Gitter meines Bettes und ich setze mich langsam auf. Dabei ignoriere ich den pochenden Schmerz, der sofort durch meinen rechten Arm schießt.

Devon weicht etwas von mir zurück, um zu verhindern, dass unsere Nasenspitzen sich berühren. »Du arbeitest also die ganze Zeit an einer Möglichkeit, das Problem zu lösen? Davon habe ich nichts gemerkt. Soweit ich mich erinnern kann, hast du die letzten Wochen hier auf diesem Stuhl gesessen, gelangweilt aus dem Fenster gestarrt und dabei die Füße auf dem Tisch gehabt.« Die Worte sprudeln aus mir heraus und ich frage mich selbst, woher ich den Mut nehme, ihm zu widersprechen und eine Diskussion anzufangen.

TodesengelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt