5. Kapitel

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In der Cafeteria des Krankenhaus herrscht zur Mittagszeit reger Betrieb.

An der Theke stehen einige Patienten, aber auch Mitarbeiter des Krankenhauses und suchen sich ihre Mahlzeit aus. Die Mitarbeiter sind leicht durch ihre Kittel zu erkennen und können sich mit ihren Schildern ausweisen. Die Schutzengel halten sich wie üblich möglichst im Hintergrund auf, was es mir wiederum ermöglicht, sie von den Patienten zu unterschieden.
Obwohl das um ehrlich zu sein ziemlich einfach ist.

Die meisten von ihnen sehen genauso verwahrlost aus wie ich. Unpassende Kleidung, fettige Haare und nicht rasiert.

So sehe ich zumindest aus und wäre am liebsten wieder umgedreht und in meinem Zimmer verschwunden, in dem mich niemand sehen kann. Außer den Ärzten und Krankenschwestern. Aber die kennen mich mittlerweile in erbärmlicheren Zuständen, also ist mir das egal.

»Grandiose Idee von dir, hierher zu kommen.« Devon taucht murrend neben mir auf und ich verkneife es mir, aufzuseufzen. Ich muss versuchen ihn zu ignorieren, sonst halten mich die anderen Menschen für verrückt. Ganz fest denke ich daran, während ich mir einen Weg durch das chaotische Treiben bahne.

Ich weiche einem Teller mit Spagetti Bolognese aus und verhindere erfolgreich, dass er auf meiner Kleidung landet. Kurz darauf werde ich von einem Patienten angerempelt, der so laut atmet wie eine Dampfwalze. Passenderweise riecht er noch nach Zigaretten, was mich zu der Vermutung kommen lässt, dass sein Aufenthalt hier im Krankenhaus sinnlos sein wird.
Sein Schutzengel jedenfalls hat einen äußerst angewiderten Gesichtsausdruck aufgelegt und sieht dem voll beladenen Teller des schnaufenden Mannes pikiert an. »Ja genau, zieh dir noch mehr von dem Zeug rein, tut deinem Gewicht gut. Und die Kippe danach nicht vergessen«, schnaubt er im Vorbeigehen und ich ziehe amüsiert meine Augenbrauen nach oben. Vielleicht ist es gar nicht so schlecht, dass wir die Kommentare unserer Schutzengel nicht hören können. Normalerweise zumindest.

Das Röcheln des Patienten entfernt sich und ich entdecke einige Reihen weiter entfernt einen freien Tisch. Perfekt.

Zielstrebig laufe ich darauf zu und ignoriere den Blick einer Patientin, die ihre Nase leicht rümpft, während ich an ihr vorbei gehe.

Mir steigt vor Scham mein Blut ins Gesicht und ich hefte meinen Blick auf den Boden. Sehe ich wirklich so schrecklich aus? Oder stinke ich? Sind es meine Haare, die einfach viel zu lang sind?

»Nein, es sind deine Klamotten«, vernehme ich die Antwort von Devon und blicke an mir herunter.

Naja zugegeben, mit dieser Kleidung aus den Fundsachen, welche mir die Schwester geholt hat, werde ich keinen Schönheitspreis gewinnen. Die graue Jogginghose ist mir viel zu groß, sodass ich sie an der Hüfte mit einer Hand festhalten muss, damit sie mir nicht herunterrutscht. Gleichzeitig ist sie unten zu lang, sodass ich bei jedem Schritt auf sie drauf trete.

Um das Outfit perfekt zu machen, trage ich abgewetzte Turnschuhe, die offensichtlich aber noch meine eigenen sind. Die sind von der Unfallstelle mitgekommen, beziehungsweise hat mir während meiner Reanimation niemand die Schuhe ausgezogen. Was durchaus Sinn ergibt, sodass ich mit ihnen an den Füßen ins Krankenhaus eingeliefert wurde.

Sie sind leider nur etwas in Mitleidenschaft gezogen worden. Der weiße Stoff ist eher schwarz und es sind auch Löcher drin. Aber sie sind deutlich besser als die Duschlatschen, die ich als Alternative bereitgestellt bekommen hätte.

Getoppt wird mein Auftreten mit einem zitronengelbem T-Shirt, auf dem das Gesicht von Spongebob aufgedruckt ist. Und mit Gesicht meine ich das schreckliche Grinsen, bei denen er seine riesigen weißen Zähne zeigt. Die Nase und kugelrunde Augen sind ebenfalls zu sehen. Selbstverständlich sind auch die schwarzen kleinen Rillen seiner schwammartigen Oberfläche zu erkennen.

TodesengelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt