4 - Schädlingsbekämpfung

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Waverlys POV

Wahrscheinlich ist das für viele Menschen nicht nachvollziehbar, aber ich bin kein Fan von Freundschaften. Seit ich denken kann, bin ich eine Einzelgängerin, die für sich selbst einsteht und sich allein durchs Leben kämpft.

Die einzige Freundin, die ich habe, ist Serena.

Allerdings muss ich dazu sagen, dass unsere Freundschaft nur deshalb funktioniert, weil sie zwei Nebenjobs hat und ihre restliche Freizeit damit verbringt, ihrem Kater Schnurrbert Hundetricks beizubringen. Sie ist also genauso beschäftigt wie ich und gibt sich mit kurzen Gesprächen in der Schule oder mit regelmäßigen Audios auf WhatsApp zufrieden.

Nichtsdestotrotz kann ich mich immer zu hundert Prozent auf Serena verlassen. Das beweist sie mir auch in genau diesem Moment, denn sie stößt hektisch meine Zimmertür auf, stolpert in den Raum und fragt mich alarmiert: „Wo brennts, Avie?"

Bei dem Anblick ihrer geröteten Wangen und den zerzausten, kupferroten Locken muss ich lachen. Sport und sie waren noch nie die besten Freunde.

Das Grinsen bleibt mir allerdings einen Atemzug später im Hals stecken, als Everests nervtötende Stimme in meinem Kopf ertönt. „Serena Curtis ist deine Freundin?", hakt er überrascht nach. „Ich dachte, du wärst ein einsamer Wolf."

Auch wenn es mir schwerfällt, ignoriere ich Everest. Stattdessen rutsche ich näher zur Wand, um Serena Platz in meinem Bett zu machen.

Als sie neben mir liegt und mich neugierig aus ihren giftgrünen Augen anschaut, bleibt mir keine andere Wahl, als die Bombe platzen zu lassen. „Ich weiß, dass du mich jetzt für verrückt erklären wirst, aber Everest Callahan ist in meinem Kopf gefangen!"

Boom!

Ich kann genau beobachten, wie Serenas Grinsen in sich zusammenfällt und sie misstrauisch ihre Stirn runzelt. Dass meine Worte ein Chaos aus Zerstörung und Verwüstung angerichtet haben, verraten mir außerdem ihre zusammengepressten Lippen.

„Wie ... Wie meinst du das?", hakt sie unsicher nach.

Ich seufze einmal. Dann erkläre ich: „Keine Ahnung, wie das passieren konnte, aber Everest befindet sich in meinem Kopf. Er kann sogar mit mir sprechen."

Serenas Misstrauen verwandelt sich in Besorgnis. „Deine Mom meinte schon, dass es dir nicht gutgehen würde ...", murmelt sie leise. „Vielleicht versuchst du mal, ein bisschen zu schlafen, Waverly."

Obwohl ich Serenas Reaktion nachvollziehen kann, bin ich enttäuscht, denn sie ist die einzige Person, mit der ich über alles sprechen kann. Aber wenn selbst sie an meinem gesunden Menschenverstand zweifelt, zu wem soll ich dann mit meinen Problemen gehen?

„Ich bin nicht krank, Rina!", behaupte ich verzweifelt. „Everest ist wirklich da oben gefangen!" Im Einklang mit meinen Worten tippe ich gegen meine Stirn. „Er sagt, dass es dort eine Leinwand gibt, auf der er meine Gedanken lesen kann."

„Vergiss nicht, das Eis und die Zitronenlimonade zu erwähnen!", fügt der Idiot grinsend hinzu.

Natürlich tue ich Everest diesen Gefallen nicht, sondern strafe ihn mit Ignoranz. „Du musst mir helfen, ihn wieder loszuwerden!" Erste Tränen der Verzweiflung bilden sich in meinen Augen. „Bitte!"

Serena lächelt gequält. „Ich würde dir echt gerne glauben, Avie, aber deine Geschichte hört sich total abgedreht an. Sicher, dass du nicht bloß geträumt hast?"

Bevor ich ihr eine Antwort geben kann, fragt mich Everest mit einem verschwörerischen Unterton: „Willst du, dass ich dir helfe, Avie?"

Ich zögere. Dann spreche ich in meinen Gedanken immer wieder das Wort „Ja!" aus.

Kopfkino inklusive Eiscreme-ToppingWo Geschichten leben. Entdecke jetzt