14 - Schneller, höher, weiter

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Waverlys POV

Da ich mindestens die halbe Nacht wachliege und über Preston und unseren Kuss nachdenke, bin ich am Montagmorgen hundemüde. Dunkle Schatten liegen unter meinen Augen und ein Schleier der Erschöpfung webt sich um meine saphirblauen Iriden.

Obwohl ich mich am liebsten unter meiner Bettdecke verstecken würde, um meinen Schlafmangel auszugleichen, ziehe ich mir meine Sportklamotten über und starte mit einem entspannten Dauerlauf in den Tag.

Wie immer beschwert sich Everest über die unmenschlich frühe Uhrzeit und hält mir dann eine Predigt über meinen schlechten Musikgeschmack. Einerseits nervt es mich, dass er es nicht schafft, seinen Mund zu halten, aber andererseits habe ich mich schon so sehr an seine Nörgelei gewöhnt, dass ich sie wahrscheinlich sogar vermissen werde, wenn er eines Tages nicht mehr in meinem Kopf gefangen sein sollte.

Nach dem Dauerlauf dusche ich - natürlich mit geschlossenen Augen - werfe mir ein lockeres Sommerkleid über, schaufele eine Schüssel Müsli in mich hinein und mache mich dann auf den Weg zur Schule. Auf halber Strecke; bei meinem Lieblingsbäcker; treffe ich Serena, die mich übermütig in ihre Arme schließt.

„Na, Avie?", begrüßt sie mich. „Alles klärchen, mein Bärchen?"

Ich brumme unzufrieden. „Warum so gute Laune?", stelle ich meiner besten Freundin eine Gegenfrage.

Daraufhin zuckt sie bloß mit den Schultern, ehe sie verschwörerisch raunt: „Wahrscheinlich, weil kein Idiot in meinem Kopf gefangen ist."

Während Serena und ich kichern, beschwert sich Everest mit einem empörten „Hey! Ich bin kein Idiot!". Wäre er nicht noch so müde, würde er bestimmt auch noch die ein oder andere Beleidigung hinterherwerfen.

„Richtig!", zischt er. „Deine Freundin soll bloß nicht denken, dass sie lustig oder komisch sei!"

Ein paar Minuten albern Serena und ich noch miteinander herum, bis ich mich dazu durchringe und ihr von dem Kuss mit Preston erzähle. Sie hängt wie gebannt an meinen Lippen und reißt überrascht ihre giftgrünen Augen auf, als ich sie in mein aktuelles Gefühlschaos einweihe.

„Mach dir keine Sorgen, Avie", lächelt mich Rina aufmunternd an und tätschelt dabei meine Schulter. „Der Kuss war bestimmt nur merkwürdig, weil du nicht damit gerechnet hast."

„Falsch!", korrigiert Everest sie genervt. „Der Kuss war scheiße, weil du endlich gecheckt hast, dass du nicht in diesen Hampelmann verliebt bist!"

Dicke Eisenketten schlingen sich um mein Herz und lassen es so schwer wie Blei werden.

Aus Angst, dass Everest mit seiner Behauptung Recht haben könnte, frage ich Serena verunsichert: „Meinst du, dass ich gar keine echten Gefühle für Preston entwickelt habe?"

Sie schaut mich nachdenklich an und scheint zu überlegen, was sie sagen soll.

„Hoffentlich die Wahrheit!"

Serenas Gesichtsausdruck lässt keine Schlüsse auf ihre Gedanken zu. Es dauert ein paar Sekunden, bis die Falten auf ihrer Stirn verschwinden und sich ein liebevolles Lächeln auf ihren Lippen ausbreitet. „Ich weiß natürlich nicht, wie es in deinem Inneren aussieht, aber du schwärmst seit vier verdammten Jahren ununterbrochen von ihm. Nur weil du aktuell überfordert und deine Gefühle nicht richtig einordnen kannst, heißt das nicht, dass du Preston plötzlich weniger magst."

„So ein Schwachsinn!", erwidert Everest fast schon wütend. „Du warst höchstens von seinem Aussehen angetan. Und von der Vorstellung, wie er sein könnte."

Um ehrlich zu sein macht es mich wahnsinnig, dass Serena und Everest immer abwechselnd auf mich einreden. Ich weiß nämlich gerade nicht, wo mir der Kopf steht und das überfordert mich. Maßlos!

Kopfkino inklusive Eiscreme-ToppingWo Geschichten leben. Entdecke jetzt