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Erst als Liya sicher war, dass Tom weiterhin im Gang vor ihrem Zimmer sitzenbleiben würde, wagte sie sich langsam Schritt für Schritt in das Zimmer. Das große Doppelbett kam ihr fast schon vor wie der Himmel auf Erden, aber was, wenn auch das hier alles eine ausgeklügelte Falle von Jake war? Wenn sie selbst ihrem Professor nicht vertrauen konnte? Wenn er insgeheim mit Jake unter einer Decke steckte? Das alles war nicht auszudenken.

Erschöpft fuhr sie sich mit einer Hand durchs Gesicht und zuckte im gleichen Moment stark zusammen. Alles an ihrem Körper schien entweder zu kribbeln oder tat einfach nur weh. Sie wollte gar nicht wissen, in welchen Farben des Regenbogens sie in den nächsten Tagen erstrahlen würde. Vielleicht wäre es eine kluge Idee gewesen, Tom um Schmerzmittel zu bitten.

Hätte das Bett mit seiner weichen Matratze und dem nach Tom duftenden Bettlaken nicht so verlockend nach ihr gegriffen, dann hätte sie das sicher auch noch getan, aber ehe sie es sich versehen konnte, war sie schon gänzlich unter der Bettdecke verschwunden und kuschelte sich vorsichtig in das Kissen. Ihre Gedanken rasten jedoch weiterhin. Natürlich war der Professor mittlerweile eigentlich schon zu tief involviert. Aber sie musste doch trotzdem irgendwas tun können, dass er nicht ins Schussfeld von Jake geriet oder zumindest nicht um seine Karriere oder Ähnliches zu fürchten hatte. Was war, wenn der Professor Familie hatte, die hier in der Nähe lebte. Irgendwelche Verwandten hatte er doch sicherlich. Was, wenn diese bald wegen ihr bedroht wurden?

Während des Versuchs, auf all die Fragen eine logische Antwort zu finden, fielen Liya immer wieder die Augen zu. Die dunkle Holzdecke verschwamm immer wieder bei ihrem hoffnungslosen Versuch, länger wach zu bleiben. Schlussendlich gewann dann aber doch ihre Erschöpfung und sie glitt in einen unruhigen, von Albträumen geplagten Schlaf. Das ein oder andere Mal wachte sie schweißgebadet auf, bevor sie wieder in den gleichermaßen nicht wirklich erholsamen Schlaf glitt wie zuvor.

Der Professor war währenddessen ebenfalls in seinem Ledersessel friedlich weggeschlummert. Wäre da nicht seine Körperhaltung gewesen, die nach einer Zeit eher der einer Banane glich, dann hätte man seine Schlafposition schon fast als bequem ansehen können.

Tom wurde einige Stunden später von einem starken, stechenden Schmerz in seinem Rücken geweckt und sah sich erstmal verwirrt um. Wo war er und warum lag er nicht in seinem Bett? Sofort erinnerte er sich allerdings daran, was alles in dieser Nacht passiert war, und stand langsam aus dem Sessel auf. Die Stimmung in diesem Gang passte irgendwie zu der des ganzen Tages. Durch das große hohe Fenster am Ende des Ganges fiel das Mondlicht in einem schrägen Winkel in den Flur und tauchte zumindest ein kleines Stück in schummrige Helligkeit, während die im Wind schwankenden Bäume tanzende Schatten an die Wände warfen. Ein kalter Luftzug ließ den Professor erschaudern. Ab und an kam aus dem Nirgendwo ein eiskalter Zug, der durch dieses alte Herrenhaus fegte, und manchmal bereute Tom, dass er sich damals für dieses Haus entschieden hatte, nur um die Erwartungen anderer Menschen in seinem Umkreis zu erfüllen. Realistisch gesehen war das Haus für ihn alleine viel zu groß.

Mit einem leisen Seufzen fuhr er sich einmal nachdenklich durch den Bart. Um diese Altlasten die mit dem Hauskauf mitschwangen sollte er sich eigentlich auch dringend kümmern. Gerade das Haus war ja schnell verkauft, da er sowieso nicht an diesem riesigen Monstrum hing, war das auch noch das kleinste Übel. Er hatte es zwar so eingerichtet, dass er sich zumindest halbwegs darin wohlfühlte, aber es war nie wirklich sein Zuhause gewesen. Dafür fühlte er sich in diesem riesigen Haus viel zu einsam.

Mit einem leisen Gähnen streckte er sich, bevor er langsam in die Richtung des Gästezimmers schlenderte. Liya hatte (ganz zu Toms Überraschung) die Tür offengelassen und dementsprechend konnte er beim Vorbeilaufen einen kurzen Blick auf die schlafende Frau erhaschen. Das Zimmer lag fast komplett im Dunkeln, nur die Fenster spiegelten das Mondlicht von draußen und erhellten die eine Seite des Bettes, und damit auch Liyas Gesicht, etwas. Es war zwar nicht viel Licht, aber genug, dass Tom die unterschiedlichen Färbungen an Liyas Körper erkennen konnte.

Professor HiddlestonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt