Kapitel 2

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Nun standen wir also hier und warteten auf den zuständigen Arzt, der meinen Dad aus dem Koma aufwecken wird. Es war ein komisches Gefühl zu wissen, dass wir Dad für kurze Zeit sprechen dürfen, bevor sein Herz es nicht mehr schafft seinen Körper am Leben zu halten und im Kreis der Familie sein Leben beendet. Dennoch standen wir alle hinter dieser Entscheidung. Ich hielt Kyle's Hand ganz fest in meiner und ich spürte wie feucht sie aneinander klebten. Doch das war uns egal, denn wir brauchten uns im Moment mehr denn je. Jake und Mike waren gerade dabei einige Anrufe an die Familie, an unsere Schule und allen Arbeitgebern zu machen. Nach so einem Tag, werde ich Morgen zu 100% nicht in die Schule gehen.
Die Blicke der anderen Mitschüler wollte ich nicht miterleben und deswegen war es mir auch egal, dass ich die Geografie Prüfung irgendwann nachholen musste.
Die Zimmertüre öffnete sich und Herr Dr. Rogers kam in den Raum, gefolgt von zwei Krankenschwestern, die uns voller Mitleid anschauten. «Sind sie bereit?», fragte er uns. Wir schauten uns alle an und nickten. Sprechen konnte niemand von uns gerade, da wir wussten was auf uns zu kam. Eine der Krankenschwestern drückte auf den Geräten rum und das Piepsen wurde leicht schneller. Dad's Hand fing an sich zu bewegen und Mike nahm sie langsam in seine. Wir liefen alle auf das Bett zu und stellten uns dicht beieinander hin, dass Dad sich nicht überanstrengen musste. Der Arzt verlies mit den Krankenschwestern den Raum, um uns die letzten Minuten mit unserem Dad allein verbringen zu lassen. Ich schaute in Dad's Gesicht und merkte wie seine Augenlieder anfingen zu zucken. Er liess ein stöhnen von sich und bewegte seinen Kopf, bevor er langsam seine Augen öffnete und sich umschaute. Als er uns erblickte konnte ich nicht genau deuten, was er gerade dachte, doch ich konnte in seinem Gesicht erkennen, dass er verwirrt war. Er schaute mich an und ich verlor eine kleine Träne, die meine Wange nach unten kullerte. Mein Dad streckte die Hand nach mir aus und ich konnte gerade noch so mich zu ihm ins Bett legen, als ich anfing zu weinen. Meine Brüder standen da und waren alle auch den Tränen nahe. Niemand sagte was. Einige Minuten vergingen und ich spürte, wie mein Dad sich anspannte: «Wo ist eure Mutter? Geht es ihr gut? Wir hatten einen Unfall...OMG WO IST SIE?». Ich blickte auf und stockte. Dad weinte und er weinte nie und ich wusste nicht, wie ich reagieren sollte. «Kannst du dich also an den Unfall erinnern, Dad?», fragte ihn Kyle. «Ja ein...ein Lastwagen kam von der Bahn ab und ab da ist alles...schwarz.» Ich schaute zu Mike und er suchte nach den richtigen Worten: «Dad...Mum sie liegt auch hier im Raum...aber ich, also wir müssen dir etwas sagen.» «ZEIG SIE MIR!!!». Dad war wütend, was ich verstand, da er nicht wusste, wie es seiner Frau geht, seiner grossen Liebe. Dad und Mum waren immer schon meine Vorbilder. Sie liebten sich mit jeder Macke, die sie besitzen, sie vertrauten und akzeptierten sich und sie gingen den gleichen Weg miteinander. Wenn sie stritten, fanden sie immer einen Weg, um sich zu versöhnen und sie machten sich gegenseitig glücklich. Ich wollte immer genauso glücklich werden wie sie.  Jake und Luca machten einen Schritt zur Seite, um Dad die Möglichkeit zu geben Mum zu sehen. Dad starte Mum an und in seinem Kopf ratterte es. Mit einer Handbewegung deutete er uns, dass wir die Better zusammenschieben sollen. Die Jungs folgten seinem Wunsch und stellten sie zusammen. Kaum war Mum bei Dad, nahm er ihre Hand in seine und hielt sie fest. «Ist sie...ist sie Tod?», fragte er uns. «Ja...Dad Mum ist Hirntod. Wir wollten, dass du dich von ihr verabschieden kannst bevor...bevor wir die Geräte abschalten. Und wir müs...», weiter kam ich nicht den die Türe zu unserem Zimmer wurde aufgemacht. Hinein kam Dad und Mum's Arzt und stellte sich zu uns. Dad bombardierte ihn mit Fragen, ob es eine Chance gibt, dass Mum gesund wird und wie es um ihn selbst steht. Als Herr Dr. Rogers Dad seine Diagnose erklärte merke man wie die Farbe aus Dad's Gesicht wich. Ich wusste das er Mühe damit haben wird, uns allein zu lassen. Ich musste kurz eine Pause haben und verlies den Raum, ohne ein Wort zu sagen. Ich blickte mich im Gang um und entdeckte am anderen Ende des Ganges eine Tür, die nach draussen auf einen Balkon führte. Mir war es egal das es immer noch regnete und setzte mich auf einer der Bänke, die draussen standen. Ich hörte dem Regen und dem Wind zu und versuchte mich zu sammeln. Ein Leben ohne Dad und Mum? Ich wusste nicht, wie ich dies führen sollte und vor allem waren Kyle und ich noch minderjährig. Somit müsste Mike das Sorgerecht für uns bekommen. Was sonst würde mit uns passieren? Ich durfte nicht von meinen Brüdern getrennt werden. Angst keimte in mir auf und ich geriet in Panik. Tränen verbindeten sich mit dem Regen auf meinem Gesicht und ich hielt mir die Hände vor den Mund, um nicht laut zu schreien. Einige Minuten vergingen, in denen ich versuchte, mich zu beruhigen. Irgendwie schaffte ich es und stand mit zittrigen Beinen auf. Ich schaute auf die Uhr. Ohh je ich sass da schon 30 Minuten und meine Brüder machten sich sicher Sorgen und suchten mich. Deswegen machte ich mich auf den Weg wieder ins Gebäude und lief zur Zimmertüre meiner Eltern. «Du musst auf die Jungs und am meisten auf Mia aufpassen. Sie darf nicht daran kaputt gehen und mit diesem schreiben hier, wirst du von dem Moment an, an dem wir von euch gehen der alleinige Sorgerechtträger sein. Du musst die Familie zusammenhalten! Verschwindet von hier und geht ins Haus nach Miami. Ihr braucht einen Tapetenwechsel und könnt euch dort einleben. Du weisst wo die Schlüssel sind und...». «Mia alles Okey?». Neben mir standen Jake, Luca und Kyle und hielten mir eine Flasche Wasser hin. «Wir haben dich gesucht!», meinte Luca. «Wo warst du kleine, wir haben uns Sorgen gemacht!». Also sprach Dad gerade mit Mike, was ich mir eigentlichen denken konnte. «Mir geht es gut, ich brauchte nur gerade eine Pause.» Kyle musterte meine tropfnassen Kleider und reichte mir seinen Pulli. Mit einem Danke bedankte ich mich bei ihm und zog mir den Pulli über mein nasses T-Shirt. Bis heute war es mein Lieblings-shirt, doch ab heute werde ich dieses T-Shirt nicht mehr anziehen.
«Ihr könnt reinkommen!», rief Mike vom inneren des Raumes. Wir setzten uns in Bewegung und erwischten Mike dabei, wie er einen Zettel in seine Tasche steckte. Das muss also das Dokument sein, wo ihn zu unserem Vormund machte. Der Arzt betritt mit uns zusammen den Raum um Dad's Werte im Auge zu behalten. Mike hatte ihm von unserem Plan erzählt die Geräte der beiden gleichzeitig auszuschalten und für ihn war das Okey. Er sagte uns, sobald wir bereit sind, sollen wir es sagen und sie würden kurz nach dem Ausschalten den Raum verlassen. Er hatte eine Krankenschwester dabei, die ihn dabei unterstützen wird. Ich wurde langsam nervös und als Dad seine Aufmerksamkeit auf mich richtete und mich mit einer Handbewegung zu sich aufs Bett rief, könnte ich nicht anders als leer zu schlucken. Ich ging auf ihn zu und setzte mich auf die Bettkante und nahm seine Hand in meine. «Meine kleine, mein Engel. Ich weiss das ist nicht leicht für dich, aber ich finde es schön wie ihr euch entschieden habt. Ich bin sehr stolz auf dich und ich hätte mir gewünscht dich irgendwann an den Altar führen zu dürfen. Dein Bruder wird das für mich übernehmen und ich werde immer auf dich achtgeben. Deine Mutter und ich lieben dich über alles und wir durften dich durch 17 Jahre deines Lebens begleiten. Ich wünsche mir für dich das du glücklich bist und so bleibst wie du bist. Pass bitte für mich auf deine chaotischen Brüder auf und vor allem pass auf dich auf. Ich liebe dich!!!». Ich weinte und konnte fast nicht mehr atmen. Diese Worte bedeuteten mir so viel. Ich hatte zwar eine sehr gute Bindung zu meinem Dad, doch er war nie einer der Sentimental wurde und so offen über seine Gefühle redete. Ich drückte ihm einen Kuss auf die Wange und umarmte ihn. Als ich meinen Kopf von seiner Brust nahm, wandte er sich dem Arzt zu: «Ich, nein wir sind bereit!» und schaute zu Mum. Er hielt ihre Hand und in der anderen meine. «Ich liebe euch!», sagte er und schloss seine Augen.
Herr Dr. Rogers und die Krankenschwester schauten sich um und fingen an, an den Geräten meiner Eltern herumzuhantieren. Das Piepsen der Geräte begann unerträglich schnell zu werden und man hörte und sah wie meine Eltern beide gleichzeitig sich auf eine neue Reise begaben. Sie stellten die Geräte ganz ab, um dieses Piepsen abzuschalten und verliessen langsam den Raum.

Als wir das Krankenhaus traurig verlassen wollten, übergab man uns die Wertsachen meiner Eltern. Dabei waren die Eheringe, die bei der Undallstelle gefunden wurden. Ich hielt sie in meiner rechten Faust und wollte sie nie mehr loslassen. Das Krankenhaus sprach ihr Beileid für unseren Verlust aus und besprachen mit Mike einige organisatorische Sachen.
Danach liefen wir ruhig zu unserem Auto. Als wir das Auto und somit auch den Radio starteten, hörten wir eine vertraute Melodie aus den Boxen kommen. Wir schauten uns an und mussten automatisch lächeln. Ihr könnt uns für naiv halten, aber das war definitiv ein Zeichen von meinen Eltern das es ihnen dort, wo sie nun sind, gut geht und sie auf uns achtgeben werden. Als meine Eltern an ihrem 25 Hochzeitstag am Strand von Mexico nochmals geheiratet haben, hat ein professioneller Kameramann ein Hochzeitsvideo für meine Eltern geschnitten. Und genau dieses Lied wurde im Hintergrund abgespielt. Meine Mutter liebte das Video so sehr, dass wir dies fast jedes Wochenende mit ihr angeschaut haben, und mittlerweile konnte jeder von uns dieses Lied auswendig. Deswegen sassen wir gerade alles zusammen im Auto, auf den Weg nach Hause und sangen das Lied mit. Am Ende des Liedes hatte jeder von uns das Gefühl von Geborgenheit und wir wussten, dass es ab nun alles andere als leicht werden wird. Aber wir hatten uns und dies war alles, was zählte.

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