Epilog - Geschenk Gottes

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Ich stehe an der Küchenzeile. Das Messer in der Hand, die Karotte vor mir nur zur Hälfte in kleine Stücke geschnitten, starre ich gedankenverloren die Küchenfliesen an. Neben mir dampft es aus dem Suppentopf. Plötzlich legen sich sanft zwei Arme um meinen Bauch und sein Kinn kuschelt sich auf meine Schulter.

"Na, schon wieder am Träumen?", ertönt seine Stimme neben meinem Ohr.

Ich blinzle ein paar Mal und schmiege dann lächelnd meine Wange an seine, bevor ich mich wieder dem Gemüse vor mir widme.

"Ich habe gerade nachgedacht", antworte ich ihm dann.

"Worüber denn?", haucht er mir ins Ohr.

"Über mein erstes Mal."

"Ja, ganz normale Gedanken, die man so hat, während man gerade 'ne Karotte schneidet", meint er lachend und drückt mir einen Kuss unters Ohr.

"Du bist doof", grinse ich, lege das Messer beiseite und drehe mich in seinen Armen zu ihm um.

Wie immer funkeln seine grauen Augen mich spitzbübisch an, das liebe ich an ihm.

"Und wie war dein erstes Mal?", fragt er mich nun neugierig.

"Ähm, mein 18-jähriges Ich fand es ziemlich gut, aber inzwischen weiß ich, dass es mit Gleitgel und etwas mehr Vorbereitung besser ist."

"Aua", meint mein Freund grinsend.

"Ja und der, mit dem ich es hatte, hat danach geweint."

"Doppel-Aua. Was hast du denn mit dem armen Kerl angestellt?"

"Ich hab' gar nichts mit ihm angestellt, du Esel", rechtfertige ich mich und piekse mit der Fingerspitze in eines seiner Grübchen. Er schmunzelt nur und ich erzähle weiter: "Du weißt doch, bevor wir zu euch gekommen sind, war ich in einer anderen Kirche."

Er küsst mich auf die Nasenspitze und meint dann: "Die homophobe Kirche, in die deine Mutter immer noch geht?"

Ich nicke zustimmend: "Ich hab' mich damals in den Sohn des Pastors verknallt. Er war nicht abgeneigt, aber jedes Mal, wenn wir uns näher gekommen sind, hat er mich danach wieder von sich gestoßen, weil er es dann doch als Sünde empfunden hat. Es war ganz schön verletzend. Nach unserem ersten Mal hat er mich dann auch noch geoutet."

"Oh Mann, warum hast du mir das bisher nicht erzählt? Das hört sich wirklich schlimm an." Zärtlich nimmt er mich in den Arm.

"Ich hab's die letzten Jahre irgendwie verdrängt", antworte ich ihm und schmiege mich in seine liebevolle Umarmung.

"Darf ich fragen, warum du jetzt wieder daran denken musstest?"

Ich seufze. "Meine Mutter hat mich gestern wie jedes Jahr gefragt, ob ich nächste Woche zur Adventsfeier in meine alte Gemeinde kommen will."

"Was du hoffentlich verneint hast?"

Ich löse mich ein Stück aus unserer Umarmung und schaue ihn ernst an: "Mich bringen keine zehn Pferde mehr in dieses Gebäude. Das kannst du mir glauben."

"Gut", lächelt er.

"Aber ich bin trotzdem neugierig geworden und war vorhin auf der Website der Kirche."

"Und da hast du ihn wieder gesehen", schlussfolgert mein Freund.

"Ja, dort war ein Foto von ihm. Wie es aussieht, hat er seine damalige Freundin geheiratet und sie haben inzwischen ein Kind."

"Ich hoffe, du warst bei dem Anblick nicht eifersüchtig auf seine Freundin?", neckt er mich schmunzelnd.

"Schon lange nicht mehr", grinse ich zurück, "weißt du, vielleicht war es auch gut, dass er mich damals so mies behandelt hat. Anders hätte ich es vielleicht nicht verstanden und würde jetzt immer noch in dieser Kirche versauern."

"Ja, und du hättest mich nicht kennengelernt", grinst er.

"Ja, das ist das Wichtigste", hauche ich und küsse ihn auf den Mund.

"Ich kann mich noch genau erinnern, als du das erste Mal mit deinem Vater bei uns im Gemeindesaal gestanden hast. Ich war direkt schockverliebt", meint er verträumt.

"Ich hab' dich damals gar nicht gesehen", ärgere ich ihn.

"Ja ja", lacht er, "aber mal im Ernst: Ich bin Gott wirklich dankbar, dass er dich zu uns geführt hat. Für mich bist du wirklich ein Geschenk Gottes."

Ich werde rot. Schnell ziehe ich sein Gesicht zu mir und küsse ihn innig, was er sofort erwidert. Doch dann löst er sich wieder und grinst mich schelmisch an.

"Was ist?", frage ich.

"Ich dachte mir gerade, wir sollten dich jetzt schnell von deinen schlechten Gedanken ablenken." 

Ich schaue ihn verwundert an. Er bückt sich ein Stück nach unten, greift um meine Beine und schmeißt mich über seine Schulter.

"Alex, du Idiot", quietsche ich lachend, "lass mich sofort runter."

"Nope", sagt er und läuft mit mir Richtung Schlafzimmer.

"Dann, mach wenigstens noch den Herd aus", kichere ich und kralle mich an seinem Pullover fest.

Schwungvoll dreht er sich wieder um und geht zurück zur Küchenzeile. "Ist aus. Darf ich dich jetzt ablenken?"

"Ja!"

Bei unserem Bett angekommen, legt er mich sanft ab, bückt sich über mich und beginnt mich wieder leidenschaftlich zu küssen.

"Alex?", murmle ich in den Kuss.

"Mhm", meint er nur.

"Ich liebe dich."

Er sieht mich an. Seine grauen Augen strahlen glücklich.

"Ich liebe dich auch, Jona."


Masturbate, Pray, Repeat! [BxB]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt